Frühe Geschlechtsbestimmung bei Küken im Ei
Das Geschlecht des künftigen Kükens ist einem Hühnerei noch nicht anzusehen. Leipziger Wissenschaftler und interdisziplinäre Verbundpartner entwickeln derzeit ihre gerade zweifach patentierten Verfahren zur möglichst frühen Geschlechtsbestimmung weiter.
"Mit endokrinologischen Methoden gelingt uns das bereits ab dem achten Bebrütungstag. Wir wollen aber noch weiter gehen und eine Geschlechtsdiagnose schon am unbebrüteten, dann noch verwertbaren Ei erreichen", sagt Maria-Elisabeth Krautwald-Junghanns, Professorin an der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig und Koordinatorin des Forschungsprojektes.
Bei keinem anderen landwirtschaftlichen Nutztier habe die Spezialisierung im Nutzungsziel ein vergleichbares Maß erreicht wie beim Huhn, so die Tiermedizinerin an der Klinik für Vögel und Reptilien. Hähne aus Rassen, die zum Eierlegen gezüchtet werden, finden keine Abnehmer und sind so schlichtweg überflüssig. Jährlich werden deshalb allein in Deutschland mehr als 40 Millionen gerade geschlüpfte, männliche Küken getötet.
Die routinemäßige Tötung betrifft dabei sämtliche Bereiche der Legehennenhaltung einschließlich des Bio-Sektors. "Das ist sowohl aus Sicht des Tierschutzes als auch für die Industrie ein Problem mit gesellschaftspolitischer Tragweite", sagt Krautwald-Junghanns.
Doch die früher verbreiteten Zweitnutzungsrassen, bei denen Hennen nach einer gewissen Legeleistung ebenso wie Hähne der Fleischproduktion dienen, haben - jenseits des ökologischen Landbaus - unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgedient. Statt dem "Mehrzweckhuhn" werden Mastlinien, die bereits nach 30 Tagen ein Schlachtgewicht von 1500 Gramm erreicht haben, und hoch spezialisierte Legelinien gezüchtet.
Allerdings schlüpfen bei der Zucht von Legehennen nicht nur die zur Eierproduktion benötigten Hennen, sondern auch etwa ebenso viele, mangels wirtschaftlicher Nutzungsmöglichkeiten allerdings unerwünschte Hähnchen aus den Eiern.
Im Forschungsverbundprojekt mit Zoologen, Physikern, Chemikern und Ingenieuren der Universität Jena, der TU Dresden, des Frauenhofer Instituts, der arxes Information Design Berlin GmbH und der Lohmann Tierzucht GmbH Cuxhaven rücken die Leipziger Forscher ihrem Ziel Stück für Stück näher, ein verlässliches Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im unbebrüteten Hühnerei zu entwickeln.
Im Januar/Februar 2011 wurden nunmehr für zwei schwingungsspektroskopische Verfahren Patente erteilt. Dieser derzeit international viel versprechendste Forschungsstand des Ende Juni endenden Projektes erregt in der Fachwelt großes Interesse.
Das im Bereich "Innovationsförderung" von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) für drei Jahre mit einer Fördersumme von rund einer Millionen Euro finanzierte Forschungsvorhaben endet im Juni 2011. In einem neuen Antrag soll danach die Verlässlichkeit der neuen Methoden des Projektes "Möglichkeiten der In Ovo-Geschlechtsbestimmung beim Haushuhn als Alternative zur routinemäßigen Tötung männlicher Eintagsküken aus Legehennenlinien" abgesichert werden.
"Wir wollen bei weiterführenden Studien deshalb unter anderem drei neue Ansätze hinsichtlich der Einsatzmöglichkeiten optischer und schwingungsspektroskopischer Analysemethoden verfolgen", erklärt die Koordinatorin.
Für die derzeit präferierten spektroskopischen Verfahren dient ein mittels Laser in der Eischale erzeugtes Loch als Zugang für die weitere, lichtgestützte Analyse. Allerdings wurden die Schlüpfraten aus beprobten Eiern bislang nur im kleinen Rahmen getestet.
"Wichtig ist nun, auch die Auswirkungen der einzelnen Untersuchungsschritte auf den Brutverlauf und -erfolg, auf die postnatale Entwicklung der Küken sowie die Tiergesundheit und Legeleistung der Hennen genau zu analysieren."
Im Tierschutzgesetz steht, dass kein Tier ohne Grund getötet oder gequält werden darf. Aber auch der Wirtschaft selbst ist an der Vermeidung der Tötung von jährlich Abermillionen gesunder Hähnchen gelegen. "Für mich steht die ethische Komponente im Vordergrund, es geht schließlich um lebende Tiere, deren einziger Makel es ist, männlich zu sein", so die Tiermedizinerin.
Die Unterstützung von wirtschaftlicher Seite sei dennoch entscheidend: "Viele Projekte sind immer dann gestorben, wenn ökonomische Aspekte nicht ausreichend berücksichtigt wurden."
Bislang existieren noch keine praxistauglichen Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Hühnerei, die dieses möglichst unbeschädigt lassen. Das könnte sich mit den angestrebten, völlig neuen endokrinologischen, spektroskopischen und bildgebenden Methoden mittelfristig ändern.
"Dann könnten im Idealfall auch unbebrütete Eier, aus denen einmal Hähnchen schlüpfen würden, dem Markt noch zugeführt werden", so Krautwald-Junghanns. Und das würde nicht zuletzt auch dazu beitragen, die Zahl der für die Versorgung der Bevölkerung mit Eiern und Eiprodukten benötigten Legehennen wieder zu verringern.
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