
Demenz bei Hunden und Katzen: Spezialsprechstunde an der TiHo eingerichtet
Unterstützung für „graue Schnauzen“ und ihre Halterinnen und Halter: Die Abteilung Neurologie und Neurochirurgie in der Klinik für Kleintiere der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) bietet mit einem neu gegründeten Zentrum für geriatrische Hunde und Katzen künftig eine Spezialsprechstunde und Weiterbildungen an.
Unsere Haustiere werden immer älter – ein positiver Effekt besserer medizinischer Vorsorge, Versorgung und Ernährung.
Gleichzeitig nehmen typische Alters-Erkrankungen wie degenerative Erkrankungen des Nervensystems zu: Auch Hund und Katze leiden im Alter häufig an Demenzsymptomen, dem sogenannten felinen oder caninen kognitiven Dysfunktionssyndrom.
Jeder dritte Hund im Alter von 12 Jahren und mehr als jeder zweite Hund im Alter von 15 Jahren ist betroffen. Bei älteren Katzen zwischen 16 und 19 Jahren berichteten Halter und Halterinnen in einer Befragung in 9 von 10 Fällen von zunehmenden Verhaltensänderungen wie Verlust der Stubenreinheit und verminderter Aktivität.
Die Sprechstunde
Die Tierärztinnen und Tierärzte der Klinik für Kleintiere möchten Halterinnen und Haltern älterer Haustiere künftig noch spezialisierter zur Seite stehen und bieten in ihrer neuen Spezialsprechstunde folgende Leistungen an:
- Beratung zur Vorbeugung des kognitiven Dysfunktionssyndroms
- Beratung zur Früherkennung und Diagnose des kognitiven Dysfunktionssyndroms
- Spezialisierte Diagnostik, um andere Erkrankungen auszuschließen
- Individueller Therapieplan für an kognitiver Dysfunktion erkrankte Tiere
- Zusammenarbeit mit Spezialistinnen und Spezialisten anderer Disziplinen, um eine multimodale Verbesserung der Lebensqualität zu erwirken
- Enge Zusammenarbeit mit den betreuenden Tierärztinnen und Tierärzten, um eine optimale Versorgung auf lange Sicht zu ermöglichen
- Möglichkeiten der Teilnahme an unserem BrainGym, einem Programm für motorisches und mentales Training älterer Tiere
Für dieses Angebot erhält die Klinik für Kleintiere finanzielle Unterstützung des Heimtiernahrungsherstellers Purina
.
„Wir freuen uns sehr, dass wir durch unsere finanzielle Unterstützung einen Beitrag zum Gelingen des Projekts der TiHo leisten können. Eine wissenschaftlich fundierte und unabhängige Geriatriesprechstunde der Experten der TiHo stellt aus unserer Sicht einen hohen Nutzen für die Tierbesitzer:innen dar. Es ist uns ein großes Anliegen, Initiativen zu fördern, die das Zusammenleben von Mensch und Tier auch im Alter verbessern.“ (Stephanie Müller-Strauß, Scientific Communication Manager und Tierärztin bei PURINA)
Weiterbildungsangebot
Die Klinik für Kleintiere wird in Zukunft Informationsabende und Fortbildungen zur Erkennung und Behandlung des kognitiven Dysfunktionssyndroms für Hundehalterinnen und Hundehalter sowie für tierärztliche Kolleginnen und Kollegen anbieten – sowohl digital als auch, soweit möglich, in Präsenz. Dieses Angebot unterstützt Purina finanziell.
„Früherkennung ist das A und O“
Das kognitive Dysfunktionssyndrom ist keine normale Alterserscheinung, sondern eine ernstzunehmende Erkrankung, die voranschreitet und die Lebensqualität des betroffenen Tieres und seiner Menschen stark beeinträchtigen kann.
„Die Früherkennung ist das A und O, um die canine und feline kognitive Dysfunktion effektiv zu behandeln. Leider erkennen viele Tierbesitzerinnen und Tierbesitzer die frühen Warnzeichen nicht. Wir wollen dies mit unserem Zentrum für geriatrische Hunde und Katzen verändern, um Menschen und Tieren zu helfen“, sagt Professor Dr. Holger Volk, Leiter der Klinik für Kleintiere.
Dr. Nina Meyerhoff, Veterinärneurologin und Wissenschaftlerin in der Klinik für Kleintiere, fügt hinzu: „Die ersten Anzeichen der Erkrankung können ebenso wie der individuelle Verlauf beim Patienten sehr variabel sein. Es ist ein sehr komplexes Krankheitsgeschehen und die Diagnosestellung kann auf den ersten Blick schwierig erscheinen. In Gesprächen mit den Tierhalterinnen und Tierhaltern und einfachen Gedächtnistests können wir jedoch herausfinden, ob Hunde oder Katzen betroffen sind.“
Wie entwickelt sich die kognitive Dysfunktion
Bei Tieren mit kognitiver Dysfunktion arbeiten die Nervenzellen nicht mehr einwandfrei. Die Beeinträchtigung kann ausgelöst werden durch Veränderungen des Gehirnstoffwechsels und der Botenstoff-Level im Gehirn, Gefäßveränderungen, Entzündungen sowie Ablagerung bestimmter Eiweiße.
Die betroffenen Tiere zeigen Verwirrung, Verhaltensveränderungen wie zum Beispiel verminderte Interaktion mit den Halterinnen und Haltern, einen gestörten Schlafrhythmus und Verlernen bekannter Kommandos.
Erkrankungen anderer Organsysteme, wie Gelenks- und Zahnerkrankungen, mindern das Befinden der Patienten zusätzlich und können die neurologischen Symptome verstärken. Neben einem hohen Alter gibt es weitere Risikofaktoren wie idiopathische Epilepsie. Sie begünstigt die Entwicklung einer Demenz. Bei vielen Patienten kann eine frühe Prophylaxe sinnvoll sein.
Mit verschiedenen prophylaktischen und therapeutischen Bausteinen kann die Lebensqualität der Patienten verbessert und das Voranschreiten der Krankheit verlangsamt werden.
Wichtige Elemente sind die Therapie von Begleiterkrankungen, die Anpassung der Ernährung, verschiedene Ergänzungen (Supplemente, siehe Tabelle) für den Gehirnstoffwechsel, mentale Förderung sowie in einigen Fällen Medikamente.
Angepasste Fütterungsansätze und Kombinationspräparate bewirkten in experimentellen Gruppen alter und dementer Hunde eine deutliche Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit.
Sogenannte „Nutraceuticals“ oder Supplemente können die verschiedenen Prozesse der Gehirnalterung beeinflussen. Die von uns viel erforschten mittelkettigen Fettsäuren (MKT) dienen als alternative und effektive Energiequelle und verbessern so die mitochondriale Funktion, also die Funktion der „Energie-Kraftwerke“ der Nervenzellen.
Auch wurden ein antikonvulsiver und anti-entzündlicher Effekt und Auswirkungen auf die Darmflora (Mikrobiom) beschrieben.
Omega-3-Fettsäuren, B-Vitamine und Antioxidantien sowie mitochondriale Cofaktoren haben ebenfalls einen positiven Effekt bei Patienten mit kognitiver Dysfunktion. Die optimale Kombination verschiedener Ansätze für den vierbeinigen Patienten sollte immer individuell ausgelotet und im Verlauf auch an veränderte Bedürfnisse angepasst werden.
Eine vollständige Heilung ist aber leider aktuell noch nicht möglich.

Literatur
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