Forschende der TiHo untersuchen das Jagdverhalten von Seehunden mit Kameras

(10.08.2022) Wo finden Seehunde ihre Nahrung? Wie jagen Sie? Wo halten sie sich auf? Um mehr über das natürliche Verhalten von Seehunden (Phoca vitulina) zu lernen, testeten Forschende des Instituts für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (ITAW) der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) in einem Pilotversuch speziell angefertigte Kameras, die sie auf zwei Seehunden befestigten.

Für den Schutz der Tiere ist es wichtig, zu wissen, wo die Seehunde ihre Nahrung finden und wo sie sich aufhalten, wenn sie nicht am Strand liegen. Auf ihren Liegeplätzen sind die Tiere recht gut zu beobachten, auf ihren Streifzügen durch die offene Nordsee ist das für die Forschenden aber nahezu unmöglich.

Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover Darum nutzen sie nun die neue Technik, um das Verhalten der Tiere besser untersuchen zu können. Die Nationalparkstiftung Schleswig-Holstein förderte das Pilotprojekt mit 22.500 Euro.

„Die Geräte haben das Potential, unser Verständnis dieser für das Ökosystem so wichtigen Tiere, zu fördern. Die Kameras liefern uns neben der Position und sehr hoch aufgelösten Bewegungsdaten zusätzlich Videos.

Durch die ersten beiden mit Kameras ausgestatteten Tiere konnten wir zusammen bereits fast 22 Stunden Videomaterial gewinnen. So können wir unsere theoretischen Ansätze überprüfen und wenn nötig verbessern“, erklärt Biologie Abbo van Neer aus dem ITAW.

„Die Daten sind für uns äußerst wertvoll, um besser beurteilen zu können, welche Gebiete draußen in der Nordsee für die Tiere zum Jagen wichtig sind – dieses Wissen ist gerade in Anbetracht der zunehmenden Nutzung der Nordsee durch den Menschen sehr wertvoll“, ergänzt Dr. Tobias Schaffeld aus dem ITAW, der die Pilotstudie zusammen mit van Neer betreute.

Schon lange nutzen die Forschenden für solche Untersuchungen sogenannte Satellitensender. Sie befestigen diese Sender ebenfalls an den Tieren, um Informationen über ihre Position oder ihr Tauchverhalten zu sammeln. An den Daten lässt sich aber nicht ablesen, wo genau, die Tiere erfolgreich jagen und fressen.

Um darüber mehr zu erfahren, wurden bis jetzt lediglich theoretische Ansätze genutzt, die die Forschenden an Tieren in Zoos und ähnlichen Einrichtungen testen. „Diese bisher genutzten Methoden sind auch sehr nützlich,“ erklärt van Neer, „zum Beispiel können wir von den Tauch- und Aktivitätsmustern der Tiere schon viel ableiten. Dennoch konnten wir uns nie wirklich sicher sein, dass wir aus den Werten die richtigen Schlüsse auf das Verhalten des Tieres gezogen haben. Es fehlte uns einfach immer der letzte Beweis.“

ITAW-Leiterin Professorin Dr. Ursula Siebert erklärt dazu: „Wir konnten in diesem ersten Pilotprojekt zeigen, dass die Technik grundsätzlich funktioniert.

Dabei ist es selbst für uns Forschende unglaublich faszinierend, einem Seehund das erste Mal über die Schulter zu schauen, während er in die Tiefe taucht und sein natürliches Jagdverhalten zeigt.

Nun gilt es, in weiterführenden Studien wissenschaftlich belastbare Daten zu sammeln, um das Management dieser geschützten Art weiter zu verbessern.“

Mit den Videos und den Bewegungsmustern der Tiere wollen die Forschenden Blaupausen für bestimmte Verhaltensweisen, wie beispielsweise das Erbeuten eines Fisches erstellen, um sie in Zukunft wie Schablonen für die Analyse von Datensätze ohne Videos anzuwenden.

„Der erste wichtige Schritt ist gemacht, die weitere Entwicklung wird dennoch nicht einfach werden“, sind sich die Forschenden einig, „das Verhalten von Seehunden ist sehr komplex und die Bedingungen in der Nordsee nicht immer optimal.

Daher werden wir einige Daten brauchen, um ein abschließendes Ergebnis zu erreichen. Aber wir sind optimistisch, dass wir am Ende unser Ziel erreichen werden und damit den Schutz der Seehunde fördern können.



Weitere Meldungen

Observer im Flugzeug; Bildquelle: Nino Pierantonio

Aktuelle Zählungen: 1,4 Millionen Wale, Delfine und Schweinswale im europäischen Atlantik

Ein internationales Forschungsteam stellte Ergebnisse des bisher umfangreichsten Projekts zu Populationsgrößen und zur Verteilung von Kleinwalen in der Nordsee, Ostsee und angrenzenden Gewässern des europäischen Atlantiks vor
Weiterlesen

Lederschildkröte aus der Nordsee; Bildquelle: ITAW

TiHo-Forschende in Büsum obduzieren Lederschildkröte aus der Nordsee

Am Montag, 4. September 2023, entdeckte die Besatzung des Schiffs Triton der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung Tönnies in der Mündung der Elbe eine treibende tote Meeresschildkröte
Weiterlesen

Toter Schweinswal; Bildquelle: ITAW TiHo

Schweinswale durch Munitionssprengungen verletzt

Untersuchungen an 24 toten Schweinswalen aus der Ostsee zeigen bei zehn Tieren, dass Unterwasserexplosionen durch ungeschützte Sprengung von Fliegerbomben aus dem Zweiten Weltkrieg für Verletzungen sorgten
Weiterlesen

Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo)

Hochpathogenes aviäres Influenzavirus A H5N8 bei mehreren Seehunden im Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer entdeckt

Das Institut für Virologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover hat in Proben von zwei Seehunden Infektionen mit dem hochpathogenen aviären Influenzavirus nachgewiesen
Weiterlesen

Delfin Lunge; Bildquelle: ITAW/TiHo

Todesursache vom Delfin aus der Eckernförder Bucht untersucht

Wichtigste Obduktionsergebnisse des im Januar tot aufgefundenen Weibchens stehen fest. Das Tier starb an einer schweren Lungenentzündung. Keine Hinweise auf Fremdeinwirkung
Weiterlesen

EU fördert Meeresforschung der TiHo; Bildquelle: ITAW

EU fördert Meeresforschung der TiHo

Forscherinnen und Forscher aus Tiermedizin, Bioakustik, Populationsbiologie, Schiffsbau und Ingenieurwesen suchen gemeinsam nach Lösungen, um Schiffslärm zu reduzieren und so Meerestiere zu schützen
Weiterlesen

Gruppenfoto der beiden deutschen Flugteams und der Piloten vor dem ersten Flug am Husumer Flughafen; Bildquelle: TiHo

Internationales Forscherteam zählt Schweinswale aus der Luft

Wissenschaftler des Instituts für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (ITAW) der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) haben gemeinsam mit dem Institut für Biowissenschaften der Universität Aarhus in Dänemark und dem schwedischen Naturkundemuseum Stockholm in Schweden, Beobachtungsflüge durchgeführt
Weiterlesen

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fanden Milch im Magen des Tieres; Bildquelle: ITAW

Schwertwalstrandung auf Sylt

Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung gibt erste Ergebnisse bekannt
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen