Die schwierige Suche nach dem Ursprung der Tiere
Wissenschaftler bringen Ordnung ins evolutionsbiologische Chaos
Molekulargenetische Methoden ermöglichen es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, viele Daten über Lebewesen zu sammeln. Weltweit sequenzieren sie, inzwischen von der Öffentlichkeit weitestgehend unbeachtet, komplette Genome einzelner Tierarten und analysieren den „Bauplan des Lebens“.
Evolutionsbiologen eröffneten sich damit völlig neue Möglichkeiten: Die Informationen, die das Erbgut liefert, sollten unter anderem helfen, dem Ursprung der Tiere auf die Spur zu kommen.
„Dieser einseitige Weg hat sich als nicht erfolgreich herausgestellt“, sagt Professor Dr. Bernd Schierwater, Leiter des Instituts für Tierökologie und Zellbiologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover.
Gemeinsam mit sieben renommierten Evolutionsbiologen aus den USA, Australien, England und Deutschland plädiert er in dem Fachmagazin Frontiers für ein Umdenken in der modernen Evolutionsforschung.
„In den vergangenen Jahren machten mal die Schwämme, mal die Plattentiere und mal die Rippenquallen Schlagzeilen als Mutter der Vielzelligen Tiere“, erklärt Schierwater, „eine neue jagte die nächste kurzlebige Hypothese.“
Den Urahn der Vielzelligen Tiere bezeichnen Wissenschaftler auch als Urmetazoon. Bis heute konnte keine der Theorien zum ersten Vielzelligen Tier restlos überzeugen. „Die modernen Analysen beruhen alle auf Dateninterpretationen und mathematischen Annahmen“, so Schierwater.
„Das führt zwangsläufig zu ungewünschten Willkürlichkeiten.“ Für belastbare Aussagen lassen die Dateninterpretationen offensichtlich zu viel Spielraum. Die Analyse desselben Datensatzes führt bei verschiedenen Wissenschaftlern zu verschiedenen Ergebnissen.
Gemeinsam erläutern die Wissenschaftler in ihrer Veröffentlichung, dass genetische Daten allein die Fragen nach dem Ursprung Vielzelliger Lebewesen nicht werden beantworten können. Sie plädieren ausdrücklich für eine ganzheitliche Betrachtung.
„Wir müssen einen Schritt zurückgehen, um zwei voranzukommen“, so Schierwater. „Um solide Aussagen treffen zu können, müssen wir uns wieder stärker auf die Biologie im Ganzen konzentrieren – so wie es unsere Vorgänger von Darwin bis Ernst Mayr gemacht haben.“
Das bedeutet, dass zusätzlich zu den genetischen Daten auch die Informationen aus der Morphologie, der Physiologie, der Ökologie und der Entwicklungsbiologie berücksichtigt und genutzt werden sollten.
Bisher gab es drei Kandidaten, die als nächster Verwandter des Urahns aller Vielzelligen Tiere in Frage kamen: Schwämme (Porifera), Plattentiere (Placozoa) oder Rippenquallen (Ctenophora). Nach der neuen Veröffentlichung bleiben noch die Plattentiere oder Schwämme als Kandidaten übrig.
„Viele Studien haben die Story, dass die Rippenquallen an der Basis der Vielzeller stehen sollen, als Analyse-Artefakt und wissenschaftlich unhaltbar nachgewiesen“, sagt Schierwater.
„Eigentlich naheliegend und traditionell nie angezweifelt, dass die komplex gebauten und mit mehreren Sinnesorganen ausgestatteten Rippenquallen, nicht einfach aus dem Nichts entstanden sein können.“
Für ihre Veröffentlichung analysierten die Wissenschaftler für alle drei genannten Tiergruppen alle vorhandenen Informationen, inklusive Fossilfunde, Morphologie, Genstrukturen, Genverluste oder Gensequenzen.
„Vom Gesamtbild her sind die Plattentiere gegenwärtig der Favorit für das Urmetazoon. Für die Schwämme sprechen verschiedene molekulare Stammbäume, wobei das traditionelle Lehrbuch-Merkmal ‚Kragengeißelzellen, die aussehen wie gewisse Einzeller‘ vermutlich überholt ist.
Wir brauchen dringend ganzheitliche Ansätze, um zu einer abschließenden Aussage zu kommen“, sagt Schierwater. „Zum Glück für die Evolutionsbiologie kehrt bewährte Tradition zurück und bereitet eine neue ‚Neue Synthese‘ vor.“
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