Zweinutzungshuhn: Ein neuer Weg in der Geflügelhaltung?
Forscher präsentieren Ergebnisse eines Forschungsprojektes für mehr Tierwohl in der Geflügelhaltung.
Über 3,5 Jahre untersuchten die Forscher experimentell aber auch feldnah auf dem Lehr- und Forschungsgut Ruthe der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) ein neues Konzept für die Geflügelhaltung: Der zentrale Punkt des Projektes „Integhof“ war, für die Ei- und die Fleischgewinnung nicht unterschiedliche auf die jeweilige Nutzungsart spezialisierte Hühnerlinien einzusetzen, sondern ein sogenanntes „Zweinutzungshuhn“.
Die Hennen des Zweinutzungshuhns der Linie „Lohmann Dual“ wurden für die Eierzeugung genutzt und die Hähne für die Fleischgewinnung.
Das Töten der männlichen Küken der Legehennenlinien kann so vermieden werden. Weiterhin zielt dieses ganzheitliche Konzept darauf ab, das Tierwohl zu verbessern indem der Stress für die Tiere reduziert und die Leistung entschleunigt wird.
Wie viele Eier legen Zweinutzungshennen im Vergleich zu spezialisierten Legehennen?
Konventionelle Legehennenlinien legen im Jahr um die 300 Eier. Die Zweinutzungshennen legen durchschnittlich etwa 50 Eier weniger im Jahr.
Haben die Eier eine andere Qualität?
Im Projektverlauf untersuchten die Wissenschaftler 3.000 Eier. Es gab zwar Unterschiede, die waren aber insgesamt sehr gering.
Wie viel länger müssen Zweinutzungshähne im Vergleich zu konventionellen Mastlinien gemästet werden?
Die Zweinutzungshähne wachsen langsamer und müssen entsprechend länger gemästet werden. Konventionelle Mastlinien werden im Schnitt um die 32 Tage gemästet.
Wenn sie geschlachtet werden, wiegen sie etwa zwei Kilogramm. Die Zweinutzungshähne müssen etwa doppelt so lange gehalten werden, um mit einem Gewicht von zwei Kilogramm in die Schlachtung zu gehen.
Wie verlief die Schlachtung?
Die Zweinutzungshähne mussten bedingt durch ihren vom typischen Masthuhn abweichenden Körperbau an einem Legehennenschlachthof geschlachtet werden.
Wie unterschied sich das Verhalten der Zweinutzungshühner von den Vergleichstieren?
Die Hennen und die Hähne der Zweinutzungshühner waren deutlich ruhiger und einfacher im Umgang als die Vergleichstiere einer konventionellen Legehennenlinie. Die Hähne der Zweinutzungslinie waren deutlich mobiler als konventionelle Masthühner der Linie Ross 308.
Auffällig war, dass die Hennen der Zweinutzungslinie bis zum Ende der jeweiligen Legeperiode ein nahezu intaktes Gefieder hatten.
Die Tiere der Vergleichslinie zeigten zum Teil erhebliche Federverluste an unterschiedlichen Körperregionen. Diese Federverluste waren bei den hochleistenden Vergleichshühnern auf das Federpicken zurückzuführen.
Was sagt der Verbraucher?
In einer deutschlandweiten Online-Befragung von SocialLab des Thünen-Instituts in Braunschweig wurden 1.500 Verbraucherinnen und Verbraucher befragt.
Etwa 25 Prozent der Befragten äußerten, dass sie bereit wären, für die Eier mehr Geld auszugeben.
Etwa 16 Prozent erklären, dass sie sich vorstellen können, das Hähnchenbrustfleisch des Zweinutzungshuhns zu kaufen. Die Vermarktung der Eier wird vermutlich einfacher sein als die des Fleisches.
Welches Futter benötigen Zweinutzungshühner?
Die Hähne der Zweinutzungshühner haben im Vergleich zu der Vergleichslinie einen niedrigeren Eiweißbedarf, sodass für die Zweinutzungshähne im Vergleich zum herkömmlichen Futter ein eiweißreduziertes Futter genutzt werden kann, ohne ihre Leistung negativ zu beeinflussen. Das hätte ökologische und ökonomische Vorteile.
Die Hennen neigen bei konventioneller Fütterung dazu, zu verfetten. Erhalten sie ein faserstoffreiches, nährstoffreduziertes Futter sind ihre Körperfettgehalte deutlich geringer und die Legeleistung ist besser.
Da das eingesetzte Futter kostengünstiger ist, verringert es die Verluste, die durch die im Vergleich zu den konventionellen Legelinien schlechtere Legeleistung entstehen.
Wie empfindlich sind die Zweinutzungshühner gegenüber Infektionen?
Nach einer kontrollierten experimentellen Infektion mit dem bei Hühnern verbreiteten Gumborovirus zeigten die Zweinutzungshühner weniger klinische Symptome. Zudem erholten sie sich schneller von den Organveränderungen.
Wie hoch waren die Tierverluste?
Insgesamt gab es drei Mast-Durchgänge mit durchschnittlich 2.000 Tieren. Im ersten Durchgang wurden die Tiere 75 Tage gemästet; die Verluste lagen bei 1,5 Prozent.
Im zweiten Durchgang wurden die Hähne 63 Tage gemästet mit einer Mortalitätsrate von 1,2 Prozent. Im dritten Durchgang dauerte die Mast 64 Tage und die Verlustrate lag bei 1,7 Prozent.
Die Mortalitätsrate der Vergleichslinie Lohmann Brown Plus (den Hähnen einer konventionellen Legehennenlinie) lag bei jeweils gleicher Mastdauer mit 1,7 bis 2,8 Prozent deutlich darüber.
Wie wirkt es sich auf die Gesundheit der Tiere aus, wenn Hennen, Hähne und Junghennen auf einem Betrieb gehalten werden?
In der Regel spezialisieren sich Betriebe auf verschiedene Bereiche: die Aufzucht der Legehennen, die Eierzeugung oder die Geflügelmast. Im Integhof-Projekt wurden die Junghennen aufgezogen, die Hennen zur Eierzeugung genutzt und die Hähne zu Mast eingesetzt.
Aus Sicht der Tiergesundheit und Hygiene war die Haltung auf einem Hof problemlos, was durch eine kontinuierliche Probenentnahme und weiterführende Untersuchung im Labor bestätigt werden konnte.
Der vollständige Titel des Projektes lautet: „Integhof – Geflügelhaltung neu strukturiert: Integration von Mast und Eierproduktion bei Einsatz des Zweinutzungshuhns als Maßnahme zum Tierschutz“.
Das Integhof-Projekt lief von August 2015 bis März 2019 und wurde aus den Mitteln des Zweckvermögens des Bundes bei der Landwirtschaftlichen Rentenbank sowie ergänzend durch unterschiedliche Industriepartner gefördert.
Ziel der beteiligten Forschungseinrichtungen war es, Alternativen für verschiedene Problembereiche der landwirtschaftlichen Hühnerhaltung zu entwickeln, die das Tierwohl und die Tiergesundheit weiter in den Mittelpunkt rücken, wirtschaftlich vertretbar sind, gesunde Lebensmittel liefern und zu einer verbesserten Verbraucherakzeptanz führen.
Die Projektpartner
Freie Universität Berlin, Institut für Tierschutz und Tierhaltung des Friedrich-Loeffler-Instituts in Celle, Georg-August-Universität Göttingen, Universität Hohenheim, Leibniz-Institut für Nutztierbiologie, Boehringer Ingelheim Veterinary Research Center, Lohmann Tierzucht, Big Dutchman, SocialLab Deutschland
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