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Neues Projekt erforscht Bedeutung der Darmflora im Kuhmagen

Forscherinnen der Uni Hohenheim arbeiten mit High-Tech und künstlichem Kuhmagen. Erkenntnisse erlauben gezieltere Fütterung für gesündere Tiere

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18 Kilogramm Futter vertilgt eine Kuh im Schnitt pro Tag. Doch um die Nährstoffe dieser Futtermenge aufnehmen zu können, benötigt das Tier die Hilfe von Millionen verschiedenster, hochspezialisierter Bakterien, die Mägen und Verdauungstrakt besiedeln.

Wie es den Bakterien gelingt, wertvolle Nährstoffe aus der widerstandsfähigen Pflanzenmasse zu lösen, untersucht eine Forschungskooperation von Wissenschaftlerinnen aus Tierernährung und Mikrobiologie an der Universität Hohenheim in Stuttgart.

Im Zentrum der Untersuchung steht das Bakterium Prevotella spp., das bis zu 40 Prozent der Bakterien im Pansen ausmacht. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG fördert das Gesamtprojekt mit insgesamt 450.000 Euro. Damit gehört es zu den Schwergewichten der Forschung an der Universität Hohenheim.

Stärke, Eiweiß, Vitamine und Mineralstoffe müssen Wiederkäuer wie Rinder aus pflanzlicher Nahrung gewinnen. Damit sie das können, arbeiten im Pansen, dem größten der Kuhmägen, hochspezialisierte Bakterien auf Hochtouren.

„Die besondere Leistung der Kuh ist es dabei, aus ausschließlich pflanzlicher Nahrung Eiweiß zu gewinnen“, erklärt Mikrobiologin und Tierernährungsexpertin Jun.-Prof. Dr. Jana Seifert.

Dabei, so vermuten Jun.-Prof. Dr. Seifert und ihre Kollegin Prof. Dr. Julia Fritz-Steuber, spielt das Bakterium Prevotella eine wichtige Rolle.

„Da Prevotella einen großen Anteil der Bakterien im Pansen ausmacht, gehen wir davon aus, dass es auch eine wichtige Rolle bei der Nahrungsverwertung spielt. Bislang wissen wir jedoch nicht, wie genau Prevotella seine Energie aus der Nahrung bekommt“, fasst Prof. Dr. Fritz-Steuber das Ziel des Projektes zusammen.

Gemeinsam untersuchen die beiden Mikrobiologinnen in dem fakultätsübergreifenden Projekt deshalb, welche Stoffe das Bakterium abbaut und welche Eiweiß-Stoffe es daraus bildet. „Dazu bieten wir dem Bakterium verschiedene Stoffe an und schauen, welche es aufnimmt“, so Prof. Dr. Fritz-Steuber.

Fresstest fürs Bakterium

Der Ansatz klingt verblüffend einfach, erfordert aber komplizierte mikrobiologische Technik. Deshalb haben sich die beiden Wissenschaftlerinnen die Arbeit aufgeteilt.

Prof. Dr. Fritz-Steuber, Expertin für Mikrobiologie auf Zellebene, züchtet Prevotella-Bakterien im Labor heran und bietet ihnen dann die verschiedenen im Kuhfutter vorkommenden Nährstoffe an.

Ist das Bakterium erst einmal aus seiner üblichen Umgebung isoliert, kann die Wissenschaftlerin nachvollziehen, welche Stoffe Prevotella genau verwertet.

„Wir wissen aus Untersuchungen des Erbguts von Prevotella, dass das Bakterium in der Lage ist, eine Reihe von Nährstoffen zu verwerten. Bislang konnten wir aber nicht nachvollziehen, welche es letzten Endes nutzt und welche nicht.“

Vom einzelnen Baustein zur gesamten Verwertungskette

Die Erkenntnisse aus Prof. Dr. Fritz-Steubers Versuchen entwickelt Jun.-Prof. Dr. Seifert weiter. Sie belässt jedoch das Prevotella-Bakterium im Pansensaft. „Wir wollen schließlich auch berücksichtigen, welchen Einfluss die anderen Bestandteile des Pansensaftes auf die Aktivität von Prevotella haben.“

In einem weiteren Schritt nähert sich Jun.-Prof. Dr. Seifert der Realität im Kuhmagen noch weiter an: Sie wiederholt den Fresstest in einem mechanischen Modell des Pansens. Das Modell simuliert die Bewegungen des Pansens, der durch regelmäßiges Anspannen verschiedener Muskeln dafür sorgt, dass sein Inhalt konstant durchmischt wird.

„Wir greifen uns ein Detail aus der Verwertungskette im Rindermagen heraus, vergrößern und untersuchen es und fügen die gewonnenen Informationen wieder in das Gesamtbild ein“, so Jun.-Prof. Dr. Seifert.

Neue Core Facility ermöglicht Zugang zu modernster Technik

Prof. Dr. Fritz-Steuber betont, wie wichtig leistungsstarke Analysegeräte für ihre Arbeit sind. „Wir wollen in den Pansen hineinzoomen, und dank der modernen Geräte wird die Brille dabei immer feiner.“

Diese Geräte stehen seit Beginn des Jahres in der neuen Core Facility der Universität Hohenheim zur Verfügung, die Mitarbeiter verschiedenster Fachgebiete nutzen.

Unter anderem arbeiten die Mikrobiologinnen dort mit dem neuen Massenspektrometer: Es ermöglicht ihnen, Eiweiße und andere Stoffe zu analysieren, die die Kleinstlebewesen im Kuhmagen bei der Verdauung herstellen. „Diese Art der Forschung ist extrem technikgetrieben und wäre ohne solche Großgeräte gar nicht möglich“, so Prof. Dr. Fritz-Steuber.

Besseres Verständnis für einen gesunderen Kuhmagen

Die nächsthöhere Vergrößerungsstufe, die ganze Kuh, wird im Versuch nicht mehr beleuchtet. „Wir machen Grundlagenforschung. Um unsere Ergebnisse in der Tierernährung einzusetzen, müssen diese erst in Fütterungsversuchen weiterentwickelt werden“, so Jun.-Prof. Dr. Seifert.

Eine solche Weiterentwicklung könnte es sein, durch gezieltes Füttern bestimmter Stoffe die Aktivität und Menge der Prevotella-Bakterien oder die Bildung bestimmter gesundheitsfördernder Stoffe durch die Bakterien anzuregen. Das, so hoffen die Wissenschaftlerinnen, könnte die Gesundheit im Pansen fördern und eine effizientere Verwertung des Futters bewirken.

Proben aus dem Pansen dank Fistelzugang

Dank der fistulierten Kühe der Universität Hohenheim ist es für die Wissenschaftlerinnen einfach, an den benötigten Pansensaft heranzukommen: Die Fistel, ein künstlicher Zugang zum Pansen, lässt sich aufschrauben, um daraus Proben zu entnehmen. Fünf Jerseykühe im Stall der Universität sind mit einem solchen Zugang aus gepolstertem Kunststoff ausgestattet.

Im Gegensatz zu anderen Methoden zur Probenentnahme verursacht das den Kühen keine Schmerzen und keinen Stress und verhindert, dass Tiere zur Auswertung des Mageninhalts geschlachtet werden müssen.

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