
Atypische Myopathie: Bergahorn kann eine tödliche Bedrohung für Pferde vom Herbst bis zum Frühling darstellen
Eine in unseren Breiten prominente Baumart, der Ahorn, produziert eine ansehnliche Samenfrucht, die jedoch für Pferde eine lebensbedrohliche Gefahr darstellt.
Von Herbst bis zum Frühjahr enthalten die Samen und die einblättrigen Keimlinge das für die Huftiere gefährliche Toxin Hypoglycin A, das die Atypische Myopathie auslöst, die rasch tödliche Folgen haben kann.
Bei ersten Symptomen wie Zittern und Schwitzen und steifem Gang sollte daher schnellstmöglich ein Tierarzt hinzugezogen werden. Für die HalterInnen gilt es Koppeln entsprechend zu säubern, wenn Ahornbäume das Areal säumen, und die Tiere beim Grasen während des Ausritts zu überwachen.
Der annähernd gleichzeitige Tod mehrerer Pferde in Salzburg und in weiterer Folge mehrerer Tiere in Niederösterreich im Herbst 2018 verdeutlicht einmal mehr die Gefährlichkeit einer Vergiftung von Pferden durch das Toxin Hypoglycin A.
Dieses löst die Atypische Myopathie, auch Weidemyopathie genannt, aus und ist in Ahornsamen enthalten. Da Ahornbäume, darunter auch der Bergahorn, in unseren Breiten eine relativ häufige Baumart sind, stellen sie neben Koppeln und Reitrouten in der Zeit von Oktober bis März ein Risiko dar.
Unvermitteltes Zittern, Schwitzen und Steifigkeit als erste Anzeichen
Hypoglycin A und speziell ein im Körper daraus gebildetes Abbauprodukt, fachlich Metabolit, Methylene cyclopropyl acetic acid, kurz MCPA, sind für eine rasch fortschreitende Muskelerkrankung verantwortlich.
Die Tiere können hierbei innerhalb von 72 Stunden versterben. Damit müssen bei den ersten Anzeichen einer Hypoglycin A-Vergiftung sofort Hilfsmaßnahmen eingeleitet werden, um das Pferd retten zu können.
Die offensichtlichen Anzeichen sind im zeitlichen Verlauf unter anderem folgende:
- Zittern und Schwitzen
- Steifer Gang, auch ohne Reitbeanspruchung, häufig nach Weideaufenthalt
- Kolikähnliche Schmerzen
- Atembeschwerden und eine erhöhte Herzfrequenz
- Verfärbter Urin: Die rotbraune Verfärbung des Urins entsteht aufgrund des durch den Muskelaschaden freigesetzten und über die Nieren ausgeschiedenen Myoglobins, dem Muskelfarbstoff.
Betroffen sind vor allem Pferde, die ganztägig auf einer Weide mit angrenzenden Ahornbäumen gehalten werden.
„Wird eine Hypoglycin Vergiftung von den Besitzerinnen oder Besitzern rechtzeitig erkannt und eine Tierärztin oder ein Tierarzt sofort verständigt, dann können erste Maßnahmen durch Stabilisierung von Kreislauf und Elektrolythaushalt mit Infusionen gesetzt werden“, erklärt Jessika Cavalleri, Professorin für Interne Medizin Pferde an der Vetmeduni Vienna und Expertin für Atypische Myopathie.
In einem frühen Stadium kann auch Aktivkohle verabreicht werden, die laut einer wissenschaftlichen Studie, an der Cavalleri beteiligt war, das Toxin binden und daher präventiv auch noch nicht betroffenen Begleitpferden verabreicht werden kann.
Ziel ist damit eine Vergiftung rechtzeitig abzuwenden. „Auch harntreibende Mittel können gegeben werden, um die Abbauprodukte auszuschwemmen. Bei Festliegen der Pferde ist dieser Zeitpunkt zumeist überschritten.“ Werden die Tiere nicht rechtzeitig behandelt, so beträgt die Sterbensrate 70 bis 90 Prozent.
Speziell gemähte Koppeln oder kurzgewachsenes Gras können in diesem Zeitraum ein Problem darstellen, denn die grasenden Pferde laufen damit besonders die Gefahr die Samen von Ahornbäumen aufzunehmen.
Diese enthalten in ihren Kapseln und im Frühjahr, in der einblättrigen Keimphase das Toxin Hypoglycin A.
Da Ahornbäume in unseren Breiten recht häufig sind, gilt es auf Koppeln zwischen Oktober und März darauf zu achten, die flügelblättrigen Samen zu entfernen und die Tiere beim Ausritt in der Nähe dieser Baumart nicht unbeaufsichtigt grasen zu lassen.
Bei ersten Anzeichen einer Vergiftung, wie eben Zittern, Schwitzen oder unvermitteltem, steifen Gang sollte umgehend veterinärmedizinische Hilfe beansprucht werden.
Gefahr besteht von Herbst bis Frühjahr
„Über Urin und Serum können Laborproben gewonnen und auf Rückstände des Toxins untersucht werden. Wichtiger ist jedoch die Aufmerksamkeit der Pferdehalterinnen und –halter auf die Erstanzeichen.
Durch den schnellen Krankheitsverlauf bestätigen diese Analysen bei sehr schnellem und hochgradigem Verlauf häufig im Nachhinein die Diagnose hinsichtlich der Todesursache.“, so Cavalleri. Wichtig ist zu verstehen, so die Expertin weiter, dass nicht nur die flügelblättrigen Samen der Ahornbäume, insbesondere des Bergahorns, toxisch für die Pferde sind.
Auch die ersten Keimlinge im Frühling stellen eine Gefahr für die Tiere dar. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem sich ein zweiblättriges Keimblatt entwickelt, enthalten die Pflanzen vielfach hohe Mengen des Toxins.
Mittlerweile gibt es aufgrund der saisonalen Häufung der Erkrankung eine Plattform über die Krankheitsfälle europaweit gemeldet werden können und sollen. Dadurch kann eine epidemiologische Rückschlussanalyse erarbeitet und eine europaweite, länderspezifische Erhebung erstellt werden.
Das internationale Veterinärwesen kann in diesen Fällen nachhaltig unterstützt werden indem Besitzer betroffenen Pferde und Tierärzte die aufgetretenen Fälle an die Atypical Myopathy Alert Group (AMAG) über folgenden, englischsprachigen Link melden:
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