Braunbären: Guter Winterschlaf dank Winterspeck
Ausgeruht gut über den Winter zu kommen, wünscht sich so mancher – Winterschläfern gelingt es jedoch regelmäßig.
Welchen Einfluss das Körperfett auf den Winterschlaf hat, untersuchte nun ein internationales Forschungsteam unter der Leitung der Vetmeduni Vienna erstmals anhand von freilebenden Braunbären.
Die beiden wichtigsten Ergebnisse: Mehrfach ungesättigte Fettsäuren spielen eine große Rolle und die Zusammensetzung des Winterspecks ist bei großen wie bei kleinen Winterschlaf haltenden Arten sehr ähnlich.
Während ihres Winterschlafs senken Braunbären ihre Körpertemperatur nur in einem geringen Ausmaß und zwar um 2 bis 5° Celsius auf einen Wert von 30 bis 36° Celsius.
Damit unterscheiden sie sich deutlich von kleinen Winterschläfern wie z.B. dem Murmeltier. Beiden gemeinsam ist allerdings die Art ihres Winterspecks.
Denn generell lagern Winterschläfer vor ihrer Ruheperiode bevorzugt mehrfach ungesättigte Fettsäuren („PUFA“) in ihr Körperfett ein, was die Energieeinsparung während des Winterschlafes verbessert.
Obwohl die Rolle unterschiedlicher Fettsäuren beim Winterschlaf kleiner Säugetiere gut erforscht ist, gab es bisher keine systematische Untersuchung der saisonalen Veränderung der Lipidzusammensetzung bei großen Arten wie etwa dem Braunbären.
Winterspeck freilebender Braunbären erstmals wissenschaftlich erforscht
Die soeben im führenden Fach-Journal „Frontiers in Physiology“ erschienene Studie gibt erstmals genauere Aufschlüsse über den Winterspeck von Braunbären, wie Studienautor Sylvain Giroud vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie am Department für Integrative Biologie und Evolution der Vetmeduni Vienna erklärt: „Unsere an wildlebenden skandinavischen Braunbären (Ursus arctos) gewonnenen Erkenntnisse legen nahe, dass trotz einiger Unterschiede im Vergleich zu anderen Winterschlaf haltenden Arten die Veränderung der Lipidzusammensetzung ein evolutionär tief verankertes Phänomen des Winterschlafs ist, das unabhängig von der Körpermasse und der Körpertemperatur der Tiere vorzuliegen scheint.“
So zeigt die Analyse der einzelnen Lipideinheiten mit den größten Veränderungen während des Winterschlafes, dass Membranfluidität, Lipoproteinmetabolismus, Proteinkonformation – also die dreidimensionale Struktur von Proteinen – und Kinase-Aktivierungen die Hauptpfade sind, auf die die Veränderung der Lipidzusammensetzung von Braunbären im Winterschlaf abzielt.
Wirkung auf Körperfunktionen als Ansatzpunkt weiterer Studien
Laut Giroud sind nun weitere Studien erforderlich, um die Lipidzusammensetzung während des Winterschlafes bei Bären mit bestimmten Körperfunktionen in Verbindung zu setzen.
Dazu zählen beispielsweise die Regelung des Herz-Kreislauf-Systems – insbesondere die Stabilisierung der Herzfrequenz –, die Einleitung und Aufrechterhaltung einer aktiven Stoffwechselunterdrückung und die Erhaltung der Muskelmasse trotz körperlicher Inaktivität während des Winters.
Weltweite einzigartige Untersuchung von Braunbären in ihrer natürlichen Umgebung
Den nun präsentierten Ergebnissen liegen einzigartige Daten zugrunde, denn erstmals konnten die saisonalen Veränderungen der Zusammensetzung des Körperfetts von Braunbären in ihrer natürlichen Umgebung untersucht werden. Ermöglicht wurde dies durch die Beteiligung des Forschungsteams am Scandinavian Brown Bear Research Project („SBBRP“).
Dabei handelt es sich um das weltweit einzige Team, das über die Erfahrung verfügt, freilebende Braunbären im Winterschlaf einzufangen und wissenschaftlich zu untersuchen.
„Nur durch diese Expertise war es uns möglich, die Lipidretention und -nutzung von Bären während ihrer von Februar bis April dauernden Winterschlafperiode zu untersuchen“, so Giroud.
Publikation
Der Artikel „Lipidomics Reveals Seasonal Shifts in a Large-Bodied Hibernator, the Brown Bear “ von Sylvain Giroud, Isabelle Chery, Fabrice Bertile, Justine Bertrand-Michel, Georg Tascher, Guillemette Gauquelin-Koch, Jon M. Arnemo, Jon E. Swenson, Navinder J. Singh, Etienne Lefai, Alina L. Evans, Chantal Simon und Stéphane Blanc wurde in Frontiers in Physiology veröffentlicht.
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