ERC Advanced Grant: 2,5 Millionen Euro für die Evolutionsforschung an der Vetmeduni Vienna

(01.02.2012) Christian Schlötterer, Leiter des Instituts für Populationsgenetik an der Vetmeduni Vienna, erhält einen der begehrten ERC Advanced Investigator Grants der EU.

Prof. Dr. Christian Schlötterer; Bildquelle: Vetmeduni Vienna/Wassermann
Prof. Dr. Christian Schlötterer
Mit einem Forschungsetat von 2,5 Millionen Euro werden Schlötterer und sein Team in den nächsten fünf Jahren untersuchen, wie sich Tiere an veränderte Umweltbedingungen anpassen können.

Der European Research Council (ERC) hat sich zum Ziel gesetzt, durch gezielte Förderung herausragender Forschungspersönlichkeiten die Grundlagenforschung in Europa zu stärken.

Einer der neu gekürten Preisträger ist Christian Schlötterer, Leiter des Instituts für Populationsgenetik an der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmeduni Vienna). „Dank der großzügigen Dotation dieses Forschungspreises kann ich endlich dieses von mir schon lange geplante Forschungsprojekt angehen“ freut sich Schlötterer.

Anpassung an Klimawandel

Schlötterers Aufmerksamkeit gilt der Frage, wie sich Tiere an neue Umweltbedingungen anpassen. „Mit der Klimaerwärmung konfrontiert, bleiben Tieren und Pflanzen nur zwei Möglichkeiten: entweder wandern sie in kühlere Regionen aus, oder sie passen sich an“ erklärt er.

Dabei liegt sein Interesse auf der zweiten Möglichkeit. Ausgehend von einer natürlich vorkommenden Fruchtfliegenpopulation wird er im Labor verfolgen, wie sich diese Population an veränderte Temperaturbedingungen anpasst. Über einen Zeitraum von 5 Jahren werden die Veränderungen in den Genen (DNA), den Genprodukten (RNA) und schließlich auch dem Aussehen der Fliegen (Phänotyp) untersucht.

Wie Züchtung auf Gene wirkt

Eines ist Schlötterer klar: „In jeder natürlichen Population gibt es viele Genvarianten, die Tieren helfen, sich an neue Umweltbedingungen anzupassen. Das beste Bespiel ist die Tier- und Pflanzenzucht. Durch Zucht wurden die Eigenschaften unserer Nutztiere und Kulturpflanzen schnell und effektiv verändert.

Doch so offensichtlich das Ergebnis ist, der Weg dorthin ist noch gänzlich unverstanden.“ Im ERC-Projekt werden Schlötterer und sein Team am Institut für Populationsgenetik jetzt diese Anpassungsprozesse mit den modernsten genetischen Methoden auf molekularer Ebene aufzeichnen.

Einzigartiger Datensatz wird ausgewertet

Die große Herausforderung liegt jedoch nicht im Datensammeln, sondern in der Analyse und intelligenten Auswertung der enormen Datenmengen, die entstehenden werden. Hier hat das Team des Instituts für Populationsgenetik bereits wichtige Pionierarbeit geleistet, doch der einzigartige neue Datensatz, der die zeitliche Abfolge von Veränderungen in der DNA, RNA und dem Phänotyp kombinieren wird, stellt eine neue Herausforderung dar.

Ein interdisziplinäres Team von Statistikern, Bioinformatikern und Biologen wird sich deshalb gemeinsam der Datenanalyse widmen.

Auf die Frage, ob seine Forschung die Folgen der Klimaerwärmung verhindert, muss Schlötterer lächeln: „Sicher nicht, doch wir werden die Bedeutung natürlicher Variation für Anpassungsprozesse auf molekularer Ebene zeigen können. Das wird nicht nur erklären, warum natürliche Populationen so vielfältig sind, sondern auch wie viele Gene sich ändern müssen, um in einer neuen Umwelt erfolgreich sein zu können.“

Der nun eingeworbene ERC Advanced Investigator Grant für Christian Schlötterer ist schon der zweite ERC Grant, den Mitarbeitende des Instituts für Populationsgenetik der Vetmeduni Vienna einwerben konnten. Schon 2008 bekam der bis Ende 2010 an der Vetmeduni tätige Genetiker Alistair McGregor einen ERC Starting Grant für ein Projekt zur Untersuchung der Sinnesorgane von Fruchtfliegen zugesprochen.

Christian Schlötterer studierte an der Ludwig-Maximilians-Universität München Biologie und promovierte bei Diethard Tautz am dortigen Zoologischen Institut. Er verbrachte Forschungsaufenthalte in Cambridge, New York und Chicago, ehe er 1995 an die Vetmeduni Vienna kam. Schlötterer war zunächst Universitätsassistent, habilitierte sich 1999 für das Fach Genetik und wurde außerordentlicher Professor an der Vetmeduni Vienna.

Im Jahr 2006 erhielt er einen Ruf an die Universität Innsbruck, ein Jahr später wurde er zurück an die Vetmeduni Vienna berufen, wo er seither das dort angesiedelte Institut für Populationsgenetik leitet. Trotz Angeboten aus England, Frankreich und Deutschland blieb Schlötterer Österreich treu, ein wesentliches Kriterium für diese Entscheidung war die vorbildliche Förderung der Grundlagenforschung durch den österreichischen Wissenschaftsfonds FWF.

Schlötterer ist ein leuchtendes Beispiel dafür, dass Spitzenforschung nicht nur an spezialisierten Forschungsinstituten, sondern auch an Universitäten beheimatet ist. Als bisher einziger Forscher einer österreichischen Universität wurde ihm 2000 der angesehene Young Investigator Award der European Molecular Biology Organization (EMBO) verliehen.

Mit dem nun an ihn verliehenen ERC Advanced Investigator Grant wurde Schlötterer nicht nur für ein innovatives Forschungsprojekt, sondern auch für seine gesamte bisherige Forschungstätigkeit an der Vetmeduni Vienna ausgezeichnet.



Weitere Meldungen

Vetmeduni Vienna

Vetmeduni Vienna: Vielversprechendes neues Ziel im Kampf gegen Hirnmetastasen bei Hautkrebs

Das maligne Melanom – auch bekannt als „schwarzer Hautkrebs“ – ist die bösartigste Form des Hautkrebses
Weiterlesen

Heidi Neubauer; Bildquelle: Vetmeduni Vienna

Heidi Neubauer forscht zu Krebs bei Katzen und Menschen

Die gebürtige Südaustralierin Heidi Neubauer forscht als Assistenzprofessorin am Zentrum für Biologische Wissenschaften der Vetmeduni
Weiterlesen

Neolamprologus pulcher; Bildquelle: DenesFeri/commons.wikimedia

Wiener Forschungsteam entwickelt neuen Test, um die kognitiven Fähigkeiten von Fischen zu untersuchen

Ein Team der Veterinärmedizinischen Universität Wien untersuchte Buntbarsche um einen Tests für deren kognitiven Fähigkeiten zu entwickeln
Weiterlesen

Jean-Loup Rault; Bildquelle: Michael Bernkopf/Vetmeduni Vienna

Wie Beziehungspflege Schweine beeinflusst

Jean-Loup Rault will herausfinden, wie sich positive Interaktionen mit Menschen auf Schweine auswirken. Dafür scannt der Tierschutzforscher ihre Gehirne auch im Magnetresonanztomografen
Weiterlesen

Veterinärmedizinische Universität Wien

Gezielte Ernährung schützt vor chronischen Entzündungen

Die ernährungsbedingte Immunität ist bei Mensch und Tier eine der ältesten angeborenen Immunreaktionen, bei der die Verfügbarkeit von Nährstoffen eingeschränkt wird
Weiterlesen

Vetmeduni Vienna

Clever Dog Tool: Kooperation zwischen Woof & Fun Club und Vetmeduni

Die Vetmeduni und Woof & Fun Club GmbH entwickeln ein Tool für den Heimgebrauch, mit dem die geistige Fitness von Hunden trainiert werden kann.
Weiterlesen

Pfeilgiftfrosch Dendrobates tinctorius; Bildquelle: Bibiana Rojas

Quecksilber gefährdet Giftfrosch-Nachwuchs in Amazonien

Quecksilber ist ein Umweltschadstoff, der aufgrund seiner Toxizität und der Risiken für wild lebende Tiere und die menschliche Gesundheit weltweit Anlass zu Besorgnis gibt
Weiterlesen

Wachteln (Coturnix coturnix); Bildquelle: shutterstock.com/ShayneKayePhoto

Mast vor Vogelwanderungen verändert die Immunität von Zugvögeln

Während ihren Wanderungen sind Zugvögel zahlreichen Krankheitserregern ausgesetzt. Ein funktionierendes Immunsystem ist deshalb bei ihren Flügen in neue Umgebungen von entscheidender Bedeutung
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen