Epilepsie: Große Ähnlichkeit zwischen Menschen und Katzen

(01.02.2013) Epilepsie entsteht, wenn im Gehirn die Signale der Nervenzellen vorübergehend unkoordiniert überschäumen. Ein Forschungsteam der Vetmeduni Vienna hat jetzt eine Ursache für eine bestimmte Art der Epilepsie bei Katzen entdeckt.

Vetmeduni Vienna Sie entsteht durch eine fehlgeleitete Immunantwort und ähnelt darin stark einer bestimmten Epilepsieform beim Menschen. Die Studie dazu ist in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Journal of Veterinary Internal Medicine“ erschienen.

Epilepsie ist eine unheimliche Erkrankung, denn sie betrifft nichts Geringeres als den Sitz unseres Bewusstseins, das Gehirn. Epilepsieanfälle können zu krampfartigen Zuständen führen, die den ganzen Körper oder auch nur Teile davon betreffen.

Auch Bewusstseinstrübungen und Gedächtnisausfälle sind möglich. Die Ursachen von Epilepsie sind heute nur zum Teil bekannt: dazu gehören Hirntumore, bestimmte Infektionen, Hirnentzündungen oder Stoffwechselkrankheiten.

Immunsystem greift Nervenzellen an

Auch Tiere, beispielsweise Katzen, können an Epilepsie erkranken. Akos Pakozdy und seine Kollegen von der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Vetmeduni Vienna) sowie Kooperationspartner aus Oxford (UK) und Budapest (H) haben jetzt in einer neuen Studie eine Ursache für eine bestimmte Epilepsieform bei Katzen gefunden, bei der die körpereigene Immunabwehr bestimmte Proteine in der Zellmembran von Nervenzellen angreift.

Das Besondere daran ist, dass diese Form der Epilepsie stark einer Form ähnelt, die auch beim Menschen auftritt. Dort führt eine Limbische Enzephalitis genannte Art von Entzündung im Gehirn zu epileptischen Krämpfen, die meist die Gesichtsmuskeln und Arme nur einer Körperhälfte betreffen.

Bei Katzen sind die Symptome dieser speziellen Epilepsieform zuckende Gesichtsmuskeln, ein starrender Blick, Kaubewegungen und triefender Speichel. Aus ihrer klinischen Erfahrung vermuten die Forschenden, dass diese Form der Epilepsie bei Katzen gar nicht so selten ist.

Entstehung der Nervensignale gestört

Pakozdy und seine Kollegen haben im Blut der untersuchten Katzen Antikörper gegen bestimmte Proteine gefunden, die Bestandteil der Zellmembran von Nervenzellen sind und dort maßgeblich für das Zustandekommen der Nervensignale verantwortlich sind: Bausteine eines sogenannten Ionenkanals. Auch bei der menschlichen Form dieser Epilepsie sind diese Ionenkanäle betroffen.

Der betroffene Ionenkanal steuert die Durchlässigkeit der Zellmembran für positiv geladene Kaliumionen, je nachdem, welche elektrische Spannung an der Membran gerade herrscht, und ist damit am Zustandekommen der schnellen Nervensignale, der sogenannten Aktionspotenziale, beteiligt.

Immuntherapie auch für Katzen?

Greift das körpereigene Immunsystem nun die Bausteine dieser Ionenkanäle an, ist die Entstehung der Nervensignale gestört. Es kommt zu einer verstärkten Ausschüttung von Neurotransmittern und damit zur Entstehung der Epilepsiesymptome.

Frühere Untersuchungen eines anderen Forschungsteams beim Menschen haben ergeben, dass übliche Medikamente gegen Epilepsie bei dieser Krankheitsform kaum wirken.

Immuntherapien stellten sich aber als sehr gut wirksam heraus. Pakozdy fasst die neue Studie so zusammen: „Unser wichtigstes Ergebnis ist, dass es die beim Menschen seit einigen Jahren bekannte immunologische Ursache für Limbische Enzephalitis auch bei Katzen gibt.

Bei der Katzenepilepsie ist eine frühe Diagnose besonders wichtig, damit die richtige Therapie möglichst früh beginnen kann. Wir vermuten, dass sich dadurch die Aussichten auf Heilung deutlich verbessern. Somit könnten auch epileptische Katzen von einer Behandlung mit Immunpräparaten profitieren.“

Der Artikel „Suspected Limbic Encephalitis and Seizure in Cats Associated with Voltage-Gated Potassium Channel (VGKC) Complex Antibody” der Autoren A. Pakozdy, P. Halasz, A. Klang, J. Bauer, M. Leschnik, A. Tichy, J.G. Thalhammer, B. Lang und A. Vincent ist in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Journal of Veterinary Internal Medicine“ erschienen (J Vet Intern Med 2013(27), pp. 212-214).



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