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Allgemein

Fischgesundheit: Raffinierte Jagd auf wandelbare Nesseltiere

Astrid Holzer, Professorin für Fischgesundheit, setzt für wirksame Therapien gegen Fischkrankheiten auf regen Austausch und Technologietransfer am Wissenschaftsstandort Wien.

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Astrid Holzer mag Herausforderungen. Ein wichtiger Wesenszug, wenn man dem Zusammenspiel von Wirten und Parasiten in aquatischen Lebensräumen auf die Schliche kommen möchte.

Ihr Spezialgebiet sind Myxozoa, eine evolutionär sehr alte Gruppe parasitisch lebender Nesseltiere, verwandt mit Quallen und Korallen, die als Wirte verschiedene Tiere im Süß- und Meerwasser nutzen.

Schon als Zoologiestudentin mit Nebenfach Meeresbiologie an der Universität Wien interessierte sich die gebürtige Vorarlbergerin im Mittelmeer am meisten für Fische. Und besonders für die sichtbaren Ektoparasiten, die sie auf sich trugen.

Sie blieb gleichsam an der Parasitologie haften, wie es die Polfäden der Nesseltiere an der Fischhaut tun. Aus den Beschreibungen der erfahrenen Forscherin wird klar, dass diese Fischparasiten schwer dingfest zu machen sind, da sie molekularbiologisch stark von freilebenden Stammformen abweichen.

Aquatische Lebensräume sind Teil der Lebenszyklen der meisten (auch terrestrischen) Parasiten und Wasser verteilt und vermischt alles, was darin vorkommt.

Mit der drastischen Verkleinerung von Wuchsform und Genom hat sich diese diverse Gruppe an eine Lebensform angepasst, die sich überall hineinzwängt: von der Fischzelle bis zum Fischgenom.

Drängender Forschungsbedarf

Mit März 2022 wurde die 47-Jährige zur Professorin für Fischgesundheit an der Universitätsklinik für Geflügel und Fische der Vetmeduni berufen, die auch das Nationale Referenzlabor für Fischkrankheiten beherbergt.

Woraus sind die Netze gemacht, mit denen sie raffinierte Nesseltiere fangen, entschlüsseln und bekämpfen möchte? Sie sind vor allem dicht gewoben. Wegen des fehlenden Basiswissens, fehlender Kultivationssysteme und limitierter Genomdateien müssen verschiedene Disziplinen der Forschung Hand in Hand arbeiten, um etwas zu erreichen: „Der Klimawandel begünstigt die Ausbreitung von Myxozoen und anderen Fischparasiten. Sie sind omnipräsent in aquatischen Lebensräumen, profitieren von der Klimaerwärmung, gehören also zu den emerging diseases in der Aquakultur. Wir müssen uns jetzt um Therapien und Impfungen kümmern.“ Gegen Fischparasiten gibt es weltweit keinen Impfstoff und nur traditionelle Therapien, die nicht mehr legal sind.

Ihre eigene Karriere und das Labor in České Budějovice/Budweis, das sie aufgebaut hat, sind Ausdruck dieses Verständnisses: „Die Veterinärmedizin erkennt und beschreibt Krankheiten. Sie definiert, welche Zellen an dem Prozess beteiligt sind und wie Therapien wirken können. Die Biologie bringt mehr Übersicht über Prozesse und Interaktionen im gemeinsamen Lebensraum.“

In dem Labor am angesehenen Institut für Parasitologie der Tschechischen Akademie der Wissenschaften, das sie ab 2011 geleitetet hat, waren 21 Mitarbeiter:innen unterschiedlicher disziplinärer und nationaler Herkunft versammelt: von Abstammungsgenomik bis Immunologie, von Biochemie bis Biodiversitätsforschung, von Genetik bis Proteomik und Pathologie.

„Alle arbeiten gemeinsam daran, den molekularen Crosstalk, die Interaktion von Wirt und Parasit, die Immunreaktion und die Immunevasion besser zu verstehen. Nur gemeinsam kann eine Fragestellung zu einer Fischkrankheit aus unterschiedlichen Sichtweisen betrachtet und beantwortet werden.“ Sie hält es für wichtig, noch mehr Brücken zwischen Expert:innen zu bauen: „Eine meiner Ideen für die Vetmeduni ist, einen internationalen Master für Fisch Health aufzubauen.“

Einfachheit, wo keine ist

Nesseltiere gelten als urtümliche Parasiten und Fische als basale Wirbeltiere. Das suggeriert eine Einfachheit, wo Double Trouble ist: Das Wirtstier ist schwierig und die Parasiten noch schwieriger.

Das Immunsystem von Fischen unterscheidet sich stark von dem der Säugetiere, an dem viel mehr geforscht wird.

Das Verständnis für Parasit und Wirt ist lückenhaft, die Entwicklung von Antikörpern gegen Proteine von aquatischen Parasiten in Labormäusen scheitert regelmäßig, denn sie passen meist weder zum Organismus noch zum Habitat und deren Temperatur. Aber auch hier können dicht gewebte Wissensnetze greifen, die Astrid Holzer in Wien verstärken möchte: „Für meine Arbeit ist es mir am allerwichtigsten, die Perspektiven zu erweitern. Wir dürfen nicht bei dem stehen bleiben, was wir jetzt wissen oder können. Dieses Feld braucht jetzt neuen methodologischen Input, denn es hat starke Auswirkungen auf den Menschen und Umweltbelange.“

Am pulsierenden Wissenschaftsstandort will sie Fachleute für gut untersuchte Systeme und Techniken dafür gewinnen, diese gemeinsam auf ihr Fachgebiet umzulegen, zu vergleichen, zu adaptieren und auf diese Weise mit ganz neuen Ansätzen aus den Kooperationen herauszukommen.

Zwei Modellsysteme hat sie in Wien vorgefunden, eines hat sie mitgebracht. Ihres beleuchtet die Interaktion von Karpfen, wie sie klassisch in Fischteichen gehalten werden, mit Sphaerospora molnari, einem weit verbreiteten Nesseltierchen.

Für dieses ist es gelungen, den Lebenszyklus abzukürzen, es in Fischblut zu injizieren und genetisch sauber zu isolieren. Im Fokus steht die Proliferation (die massenhafte Vermehrung), das wichtigste Stadium, um für Therapien anzusetzen.

Lehre und Lebensraum

Das weltbekannte Forschungslabor in Budweis tauscht sie gerne gegen Wien, weil sie wieder lehren will und die Stadt für die ganze Familie interessant ist. Ihren Mann, ein Spanier von den Kanarischen Inseln, hat sie übrigens – wie könnte es anders sein – auf Lachsfarmen in Schottland kennengelernt.

Sie freut sich, dass die gezielte Suche zur Verstärkung des Fachbereichs sie erreichte. Um die Lücke zu schließen, möchte sie auch die Industrie von der Aquakultur bis zu Futtermitteln in die Feldforschung und Therapieentwicklung einbeziehen und diese Verbindung ist in Wien gut etabliert: „So bekommt man direkte Informationen, wo Probleme liegen und was man berücksichtigen muss.

Die Forschung ist extrem relevant, um die Produktion von gesundem Fisch aus den wachsenden Aquakulturen zu erhalten und diese nachhaltiger zu gestalten. Aktuell gehen 20% der weltweiten Produktion an Pathogene verloren.“ Grundlagenforschung ist für die Fischparasitologie wichtig, aber auch die Verbindung zur angewandten Forschung, für die es praktikable, leistbare Wege zu finden gilt. So plant Astrid Holzer gerade mit Kolleg:innen vom Imperial College in London für unterschiedliche Fischkrankheiten ein „Lab on a Chip“ zu etablieren, mit dem jeder Aquakulturbetrieb Bestände analysieren kann.

Wenn man in der Lehre tätig ist, hat man Zugang zu guten Studierenden und diese will sie natürlich zu sich ins Labor holen. Wie legt sie also die Lehre an? Sie soll zukunftsgerichtet sein und Spaß machen, Kommunikation ist ihr wichtig. Was sie selbst am meisten angezogen hat, war die Praxis.

In Stirling und Valencia, wo sie unterrichtet hat, nutzte sie jede Gelegenheit, die Lebenszyklen von Parasiten in den Unterricht hereinzuholen: „Bei mir sind Präsenz und Involvement wichtig. Ich setze auch auf Exkursionen. Wir müssen mit Studierenden in die Aquakultur gehen, um zu sehen, was man vor Ort machen kann und welche Forschungsthemen für die Industrie und die angeschlossenen natürlichen Gewässersysteme wichtig sind.“

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