VET-MAGAZIN logo
Die Pazifische Auster könnte die Ostsee besiedeln
Youk Greeve
Die Pazifische Auster könnte die Ostsee…
Das Gehirn der Honigbiene erkunden
Jerome Beetz/Universität Würzburg
Das Gehirn der Honigbiene erkunden
Studie widerspricht umstrittener These zur Lebensraumfragmentierung
Wolkenkratzer via Wikimedia Commons
Strategische Partnerwahl bei Guinea-Pavianen
Tessa Frank/Deutsches Primatenzentrum GmbH
Strategische Partnerwahl bei Guinea-Pavianen
Wie Zebrafische Herzmuskelzellen regenerieren
Elvira Eberhardt/Uni Ulm
Lebensräume für Fischnachwuchs am Niederrhein
Michel Roggo
Komplexe Evolution: Fortgeschrittene kognitive Fähigkeiten bei Vögeln
Kolossos via Wikimedia Commons
Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf Tiere viel tiefgreifender als angenommen
Stefan Meyer
Starke und gesunde Bienenvölker können Imker nur nach Behandlungen gegen die Varroamilbe einwintern.
Benjamin Lamp/Vetmeduni Vienna
Allgemein

Neue Erkenntnisse über das Flügeldeformationsvirus

Seit einigen Jahren treten in Europa und Nordamerika massive Verluste von Honigbienenvölkern vor und während der Überwinterung auf. Die Varroamilbe und das Flügeldeformationsvirus konnten als Hauptfaktoren für das bedenkliche Bienensterben nachgewiesen werden.

. . .

Mit der Erzeugung künstlichen Erbguts des Virus gelang es Forschenden der Vetmeduni Vienna nun erstmals, Krankheitsverlauf und Symptome der sogenannten Milbenkrankheit ohne die Milben im Labor nachzustellen und die Virusvermehrung zu studieren.

Dies ermöglicht nun die überlegte Entwicklung neuer Strategien, um die Bienenpopulation zukünftig zu schützen. Die Ergebnisse wurden im Journal PLOS ONE veröffentlicht.

Die Honigbiene Apis mellifera ist neben ihrer Bedeutung für die Honig- und Wachsproduktion ein wichtiger Bestäuber von Obst- und Gemüsepflanzen.

Verluste von ganzen Bienenvölkern während der Überwinterung haben neben wirtschaftlichen vor allem ökologische Konsequenzen, da im Frühjahr zur Blütezeit die Bestäuber fehlen.

Besonders die Bienenzuchten Nordamerikas und Europas sind seit einigen Jahren von teils massiven Verlusten betroffen. Alleine in den Wintermonaten 2014/2015 starben regional in Österreich bis zu fünfzig Prozent aller Bienenvölker ab.

Hauptauslöser dieses Bienensterbens scheint dabei nicht, wie bisher vermutet, der Pestizideinsatz in der modernen Landwirtschaft zu sein.

Viele Studien konnten zeigen, dass ein Überleben der Bienenvölker maßgeblich von der Belastung durch die Varroamilbe, einen blutsaugenden Parasiten, und der durch diese Milbe verursachten Infektionen mit dem Flügeldeformationsvirus abhängt.

Die massiven Bienenvölkerverluste werden großteils durch die Varroamilbe und das Flügeldeformationsvirus verursacht.
Die massiven Bienenvölkerverluste werden großteils durch die Varroamilbe und das Flügeldeformationsvirus verursacht.
Benjamin Lamp/Vetmeduni Vienna

Einer Forschungsgruppe des Instituts für Virologie der Vetmeduni Vienna gelang nun durch ein neues Versuchssystem ein entscheidender Schritt zur Erforschung des Virus. Sie stellten mithilfe eines molekularen Klons des Erregers erstmals den Krankheitsverlauf gezielt unter Laborbedingungen nach.

Künstliches virales Erbgut enthüllt Krankheitsverlauf von Bienenvirus

Bislang verwendete man für Versuche ausschließlich Proben des Flügeldeformationsvirus, die aus infizierten Bienen gewonnen wurden. „Misch- und Mehrfachinfektionen können das Ergebnis solcher Versuche allerdings verfälschen“, weiß Erstautor Benjamin Lamp.

Für die Entwicklung des neuen Versuchssystems verwendeten die Forschenden künstlich hergestelltes Erbgut anstatt natürlicher Proben des Flügeldeformationsvirus, um den Krankheitsverlauf eindeutig dem Virus zuzuordnen.

„Zuerst wird das Erbgut eines Virus vervielfältigt und in einem Vektor, einem speziellen Transportvehikel, als Kopie gespeichert. Dieser sogenannte molekulare Klon erlaubt die Erzeugung künstlicher, stets identischer Klonviren“, erklärt Lamp.

Die mit dem künstlichen Virus infizierten Insekten zeigten die gleichen Symptome wie Verfärbungen, Zwergenwuchs, Tod oder eben die namensgebenden Missbildungen der Flügel, wie sie auch bei einer natürlichen Infektion mit dem Flügeldeformationsvirus auftreten.

Damit konnte erstmals eindeutig gezeigt werden, dass diese Krankheitssymptome alleine durch das Flügeldeformationsvirus verursacht werden.

Nachweis des Flügeldeformationsvirus in Drüsengeweben

Neben der Infektion mit der viralen RNS unter kontrollierten Laborbedingungen konnte auch ein unverfälschtes Bild des Krankheitsverlaufes gezeigt werden.

Im Versuch wurden außer voll entwickelten Bienen auch Larven und Puppen mit dem künstlichen Erbgut des Virus infiziert. Im verpuppten Stadium analysierten Lamp und sein Team das Zielgewebe und die Wirtszellen, also die Zellen, die das Virus bevorzugt befällt.

Virale Antigene, die spezifischen Eiweißmoleküle des Flügeldeformationsvirus, wurden in allen Körperregionen gefunden. Besonders betroffen waren allerdings Nerven-, Drüsen- und Bindegewebszellen.

„Der hohe Anteil an viralen Eiweißen, den Antigenen, in den Drüsen könnte auch ein Hinweis auf eine orale Übertragung des Virus von Biene zu Biene im Stock sein“, erklärt Letztautor Professor Till Rümenapf, Leiter des Instituts für Virologie der Vetmeduni Vienna.

Dies würde erklären, warum das Virus auch ohne Übertragung durch die Varroamilbe in den Bienenstöcken erhalten bleibt. In Muskel- und Blutzellen konnten dagegen keine viralen Proteine nachgewiesen werden.

Die neue Methode kann vielfältig angewendet werden

Mit dem molekularen Klon können verschiedene Aspekte einer Infektion im Labor gezielt nachgestellt, verändert und erforscht werden.

Das betrifft die Übertragung durch die Varroamilbe, den Infektionsverlauf und die Vermehrung des Virus in den unterschiedlichen Entwicklungsstadien und Körperzellen der Honigbiene.

Durch kontrollierte Versuchsbedingungen können neue Strategien entwickelt werden, um die Verluste von Bienenvölkern durch das Virus effektiv zu reduzieren.

Auch wenn im beschriebenen Versuch gezielt mit nur einem Virusstamm gearbeitet wurde, kann die Methode auch für andere Virusstämme genutzt werden. „Häufig ist eine Biene nicht nur von einer Virusspezies befallen.

Mit dem Versuchssystem kann nun festgestellt werden, welche Viren besonders viel Schaden anrichten und wie sich die Viren in Mischinfektionen verhalten“, erklärt Lamp. „Damit lassen sich gezielte Strategien gegen krankmachende Viren ausarbeiten.“

Das Flügeldeformationsvirus, Englisch „deformed wing virus“ und kurz DWV genannt, gehört zur Familie der Iflaviren. Diese Viren sind sogenannte RNS-Viren und haben als Erbgut nur einen Ribonukleotid-Einzelstrang, im Gegensatz zu der bei Säugetieren üblichen doppelsträngigen DNS.

Infektionen mit dem Flügeldeformationsvirus sind zumeist, aber nicht ausschließlich, an den Befall eines Stocks mit der Varroamilbe gekoppelt. „Das Virus kann auch nachgewiesen werden, wenn keine Parasiten im Stock sind“, erklärt Benjamin Lamp.

Publikation

Der Artikel „Construction and Rescue of a Molecular Clone of Deformed Wing Virus (DWV)“ von Benjamin Lamp, Angelika Url, Kerstin Seitz, Jürgen Eichhorn, Christiane Riedel, Leonie Janina Sinn, Stanislav Indik, Hemma Köglberger und Till Rümenapf wurde in der Fachzeitschrift PLOS ONE veröffentlicht.
http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0164639

. . .

Weitere Meldungen

Neuigkeiten aus der Wissenschaft

Museumskäfer, Motten, Schimmel und der Klimawandel
Thomas Zimmel/VET-MAGAZIN

Hier nagt nicht nur der Zahn der Zeit. Museumskäfer, Motten, Schimmel und der Klimawandel

Die Sonderausstellung im Naturhistorischen Museum Wien ist von 19. März bis 15. Juni 2025 im Saal 21 zu sehen

Rinderzucht Austria-Seminar zum Thema '30 Jahre Nutzungsdauer in der Rinderzucht'
ZuchtData/Steininger

Rinderzucht Austria-Seminar zum Thema „30 Jahre Nutzungsdauer in der Rinderzucht“

Damals ein Meilenstein, heute eine Selbstverständlichkeit, morgen noch modern? Das diesjährige Rinderzucht Austria-Seminar stand ganz im Zeichen der Nutzungsdauer

Hautplatte des Alligators aus Hernals
NHM Wien, Alice Schumacher

Die Alligatoren von Hernals – das jüngste Krokodil-Fossil Mitteleuropas

Die Sammlungen des Naturhistorischen Museums sind großartige Archive der Natur. Allein die Geologisch-Paläontologische Abteilung bewahrt mehr als 5,6 Millionen Objekte

Melkroboter bereits in 2.000 Betrieben in Österreich im Einsatz
Rinderdatenverbund RDV, Grafik: RINDERZUCHT AUSTRIA/Kalcher

Melkroboter bereits in 2.000 Betrieben in Österreich im Einsatz

Der Trend zur Automatisierung in der Milchwirtschaft setzt sich ungebremst fort. Immer mehr Betriebe in Österreich setzen auf Automatische Melksysteme (AMS), um Effizienz und Tierkomfort zu steigern

13 Frauen. Aus der Geschichte des NHM Wien

13 Frauen. Aus der Geschichte des NHM Wien

Dieses Buch macht die Geschichten von Frauen sichtbar, die das Naturhistorische Museums Wien mitgestaltet haben - herausgegeben von Stefanie Jovanovic-Kruspel, Brigitta Schmid und Andrea Krapf

Luchsdame Elli
Alpenzoo

Luchsdame Elli übersiedelte aus dem Alpenzoo Innsbruck in den Wildnispark Zürich

Die Luchsdame Elli hat Innsbruck am 4. März 2025 im Zuge des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms (EEP) verlassen und ist nach Zürich gezogen

HUNDERUNDEN #34: Tiermedizin print & online

HUNDERUNDEN #34: Tiermedizin print & online

Die 34. Ausgabe der HUNDERUNDEN, dem Fachmagazin für Tierärzt:innen, ist am Aschermittwoch 2025 erschienen.

Tierpfleger Niklas Hörper mit den Mähnenrobben
Daniel Zupanc

Inventur im Tiergarten Schönbrunn: 6.043 Tiere aus 518 Arten und Haustierrassen

Von den wendigen Mähnenrobben bis zu den gemächlichen Afrikanischen Schnabelbrustschildkröten - im Tiergarten Schönbrunn wurde wieder gezählt.

Deutsche Wildtier Stiftung

Backstagetour bei Cavalluna Grand Moments: Einblicke in Tierwohl und Tierschutz

Die europaweit tourende Pferdeshow Cavalluna fasziniert mit beeindruckenden Darbietungen, präziser Freiheitsdressur und kunstvollen Reitvorführungen. Doch was geschieht hinter den Kulissen?

Comparte este artículo en:

Werbung via Google
Werbung via Google

Buchtipps Buchtipps Buchtipps

Queer: Sex und Geschlecht in der Welt der Tiere und Pflanzen
Queer: Sex und Geschlecht in der…
(13. Mär 2025) Josh L. Davis ist ist Mitarbeiter des Natural…
13 Frauen. Aus der Geschichte des…
(07. Mär 2025) Dieses Buch macht die Geschichten von Frauen sichtbar…
Wildtierfindlinge in der Tierarztpraxis
(28. Feb 2025) Grundlagen der Wildtierhilfe, praktische Anwendung, tierärztliche Versorgung -…
Der Erfindergeist der Tiere
(17. Feb 2025) Werkzeuge, Ideen und Innovationen. Faszinierende Einblicke in tierische…
Meine Patienten laufen Trab
(11. Feb 2025) Unterwegs als Pferdeärztin auf dem Land - von…
Die Rückkehr der großen Pflanzenfresser
(07. Feb 2025) Konfliktfeld oder Chance für den Artenschutz? - herausgegeben…

Internationale Veranstaltungen Int. Veranstaltungen Internationale Veranstaltungen

EVECC-Kongress 2025
EVECC-Kongress 2025
(01. Mär 2025) Der 22. European Veterinary Emergency and Critical Care…
FECAVA EuroCongress 2025 in Antwerpen
(17. Feb 2025) FECAVA lädt Sie vom 3. bis 6. September…
Yaboumba Weltkongress 2025
(17. Feb 2025) Der XV. Internationale Kongress für Medizin und Chirurgie…
Webinar zum World Veterinary Dermatology Day…
(13. Jan 2025) Die World Association for Veterinary Dermatology lädt am…
Hill's Global Symposium 2024
(20. Okt 2024) Hosted by Hill's Pet Nutrition on Oct. 24-25…
7. Kroatischer Veterinärkongress 2024
(22. Jul 2024) Der diesjährige Kroatische Veterinärkongress wird vom 24. bis…

Preise und Stipendien Preise und Stipendien Preise und Stipendien

FECAVA-Laboklin-Reisestipendium 2025
FECAVA-Laboklin-Reisestipendium 2025
(19. Mär 2025) Die Tiermedizin kennt keine Grenzen und FECAVA und…
Bewerbungsfrist für den IGN-Forschungspreis für artgemäße…
(13. Mär 2025) Der Forschungspreis der Internationalen Gesellschaft für Nutztierhaltung (IGN)…
Felix Wankel Tierschutz-Forschungspreis geht an Studienteam…
(10. Mär 2025) Alle zwei Jahre zeichnet die Tierärztliche Fakultät der…
Ausschreibung des Herbert-Stiller-Förderpreis für tierfreie Forschung
(06. Mär 2025) Ärzte gegen Tierversuche fördert tierversuchsfreie Forschungsvorhaben mit 20.000…
Raubtiere vs. Bauern: Ceva Wildlife Research…
(03. Mär 2025) Der Ceva Wildlife Research Fund unterstützt ein Projekt…
MSD und die FVE fördern 34…
(07. Feb 2025) MSD Tiergesundheit und der Europäische Tierärzteverband (FVE) zeichnen…