Keas: Weniger Dominanz bringt den gewünschten Erfolg

(16.03.2021) Die vom Aussterben bedrohten neuseeländischen Keas (Nestor notabilis) sind eine große Papageienart und gelten als sehr intelligente Vögel – und sind deshalb für die Verhaltensforschung von großem Interesse.

In einer soeben veröffentlichten Studie der Vetmeduni Vienna mit internationaler Beteiligung zeigte sich nun, dass Dominanz hinderlich für erfolgreiche Kooperationen ist. Sobald die höherrangigen Tiere dieses Verhalten aufgaben, stellte sich der Erfolg ein.

An einer Gruppe von in Gefangenschaft gehaltenen Keas untersuchte ein internationales Forschungsteam unter Leitung der Vetmeduni Vienna, welche Faktoren die Zusammenarbeit zwischen mehreren Tieren unterstützen oder behindern, wenn diese frei miteinander interagieren können.


Durch Kooperation gelangten die Keas zur Futterbelohnung

„Wir erwarteten, dass die Toleranz dominanter Tiere ein wesentlicher Faktor ist, der die Zusammenarbeit möglicherweise behindert. Andererseits gingen wir davon aus, dass Tiere mit stärkeren assoziativen Bindungen und kleineren Rangabständen mehr Toleranz und damit eine erfolgreichere Zusammenarbeit zeigen würden“, erklärt Erstautor Raoul Schwing vom Messerli Forschungsinstitut am Department für Interdisziplinäre Lebenswissenschaften der Vetmeduni Vienna die grundlegende Hypothese der Studie.

Wie komme ich am besten zur Belohnung?

Welchen Einfluss Dominanz, Rangabstand, Toleranz, Gruppenzugehörigkeit und Koordination bei der Zusammenarbeit haben, testeten die ForscherInnen mit einer Holzkiste, bei der zwei, drei oder vier Ketten gleichzeitig gezogen werden mussten, um an die Nahrungsbelohnung zu kommen. Die Belohnung konnte ungleich verteilt, aber nicht vollständig von einem Tier monopolisiert werden.

„Wir machten die Tiere zunächst einzeln mit dem Gerät vertraut, indem wir ihnen erlaubten, an einer einzigen Kette zu ziehen, die das Schloss am Boden der Holzkiste öffnete. Dies ermöglichte den Zugang zur Belohnung. Durch Hinzufügen einer zweiten Kette auf der gegenüberliegenden Seite der Kiste erstellten wir eine dyadische Kooperationsaufgabe, bei der zwei Probanden zwei Ketten gleichzeitig ziehen mussten, um zum Erfolg zu kommen“, so Schwing.

Weniger dominantes Verhalten macht gemeinsam erfolgreich

Zu Beginn der Experimente zeigte sich jedoch, dass die dominanten Tiere anfangs so sehr daran interessiert waren, die geschlossene Holzkiste zu verteidigen, dass keines von ihnen genug Zurückhaltung zeigte, um es einem anwesenden niederrangigeren Kea zu ermöglichen, an einer der beiden Ketten zu ziehen. Das Forschungsteam adaptierte deshalb die Versuchsanordnung, indem nun alle 16 am Experiment teilnehmenden Keas mit der Holzkiste mit zwei Ketten konfrontiert wurden. Während dieser „Gruppensitzung" gelang es zwei Vögeln, gleichzeitig an den Ketten zu ziehen. Nach mehreren Versuchen, an denen alle Vögel teilnahmen, wurde die Box letztendlich geöffnet. Nach dieser Sitzung erlaubten die dominanten Tiere ihren niederrangigeren Artgenossen das Ziehen an den Ketten.

Anschließend konnten die WissenschafterInnen ihre Tests wie geplant durchführen. Im Laufe dieser Tests wurde zu den anfangs zwei Ketten eine dritte und schließlich eine vierte Kette hinzugefügt, um auch die Zusammenarbeit zwischen drei und vier Tieren zu untersuchen. Bei diesen Tests blieb das dominante Verhalten einzelner Keas der stärkste Faktor, der über den Erfolg bestimmte. Interessant ist, dass Keas ihr Dominanzverhalten überkommen können und lernen, sich in der Gruppe anzupassen.

Dazu Schwing: „Die Erfolgswahrscheinlichkeit stieg mit dem Grad der Zurückhaltung, den die am jeweiligen Experiment teilnehmenden dominanten Tiere zeigten. Zudem trugen frühere Erfahrungen mit der Aufgabe zum Erfolg in nachfolgenden Sitzungen bei, während eine Erhöhung der Rangentfernung den Erfolg insbesondere im Vier-Ketten-Setup verringerte. Obwohl es viele Faktoren gibt, die noch weiter untersucht werden müssen, um ihre Auswirkungen auf die Zusammenarbeit zu bestimmen, konnten wir zum ersten Mal zeigen, dass vier Keas gleichzeitig an demselben Gerät arbeiten können, um Zugang zu einer gemeinsam nutzbaren Belohnung zu erhalten.“

Wichtiger Beitrag, um Kooperation mehrerer Tiere besser zu verstehen

Der besondere Wert der Studie liegt darin, die Zusammenarbeit mehrerer Tiere zu testen. Denn laut den ForscherInnen sind wissenschaftliche Experimente, bei denen mehr als zwei Tiere durch koordiniertes Handeln Belohnungen erhalten können, selten.

„Dies ist überraschend, wenn man bedenkt, dass viele Formen der Zusammenarbeit in der Natur stark vom Verhalten mehrerer Individuen abhängen, beispielsweise bei der kooperativen Jagd von Löwen und anderen Fleischfressern sowie bei Schimpansen bei der kooperativen Verteidigung von Gebieten und anderen Ressourcen und zur kooperativen Verteidigung gegen Raubtiere“, so Schwing.

Publikation

Der Artikel „Kea, Nestor notabilis, achieve cooperation in dyads, triads, and tetrads when dominants show restraint“ von R. Schwing, E. Meaux, A. Piseddu, L. Huber und R. Noë wurde in „Learning & Behaviour“ veröffentlicht.




Weitere Meldungen

Beim Spielen stoßen Keas Laute aus, die für andere Bergpapageien, wie unser Lachen, ansteckend sein können, sie also selbst zum Spielen animieren; Bildquelle: Raoul Schwing/Vetmeduni Vienna

Lachen ist auch beim Bergpapagei ansteckend

Sobald wir Kichern oder Lachen, kann das bei unseren Mitmenschen die gleiche positive Emotion auslösen. Denn, wie jeder weiß, Lachen ist ansteckend
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen