MERS-Coronavirus von Kamel auf Mensch übertragbar

(04.05.2014) Das MERS-Coronavirus breitet sich derzeit in der arabischen Welt rasant aus. Eine Infektion betrifft Menschen wie auch Dromedare und kostete mittlerweile mehr als 100 Personen das Leben.


Der Kontakt zwischen Dromedar und Mensch birgt das Krankheitsrisiko
Forschende der Vetmeduni Vienna zeigen, dass MERS-Coronaviren von Menschen und Dromedaren aus derselben geografischen Region fast identisch sind. Die Erkenntnisse sprechen für eine Übertragung zwischen Tier und Mensch und wurden im Journal Eurosurveillance veröffentlicht.

Das so genannte Middle East Respiratory Syndrome (MERS)-Coronavirus wurde im Juni 2012 erstmals in einem Patienten aus Saudi Arabien, der an einer schweren Lungenentzündung litt, gefunden. Seither erkrankten mehr als 300 Menschen an einer Infektion, wovon etwa ein Drittel starb.

Dass Dromedare der Ursprung der Infektionskrankheit sind, gilt seit Kurzem als bestätigt. Die Übertragungswege der Viren sind bislang jedoch noch unklar.

Viren von Menschen und Kamelen aus derselben Region sind identisch

Die Virologen Norbert Nowotny und Jolanta Kolodziejek vom Institut für Virologie an der Vetmeduni Vienna erforschen die Übertragungswege des MERS-Coronavirus.

Sie fanden, dass Viren aus infizierten Menschen und Dromedaren aus derselben Region fast identische RNA-Sequenzen aufweisen. „Das deutet auf eine Übertragung zwischen Tier und Mensch hin. In diesem Fall spricht man von einer sogenannten Zoonose.

Mit diesem Wissen können wir gezielt auf die Ausbreitung des Virus reagieren. Es sind etwa Impfungen von Kamelen im Gespräch. So könnte eine Verbreitung gebremst werden“, führt Nowotny weiter aus.

Virus-RNA unterscheidet sich regional

Die Forschenden aus Wien untersuchten dazu Nasenschleimhaut- und Bindehautabstriche von 76 Dromedaren aus dem Oman. In fünf Tieren fanden sie das MERS-Coronavirus und verglichen die virale RNA mit jener von MERS-Coronaviren aus Katar und Ägypten.

Die Analyse zeigte, dass sich die Viren regional unterscheiden. „Dies bedeutet, dass es keinen spezifischen „Kamel-MERS-Coronavirus-Stamm“ gibt, sondern dass ein und das selbe Virus Kamele und Menschen infiziert“, so Studienleiter Norbert Nowotny.

Übertragungsweg über Mund und Augen wahrscheinlich

Die Virus-Mengen im Nasen- und Augensekret der Dromedare waren überraschend hoch. Die Forschenden gehen deshalb davon aus, dass der Übertragungsweg von Tier auf Mensch höchstwahrscheinlich über diese Kontaktstellen passiert, vor allem über Nasensekret.

Das Virus führt beim Menschen zu schweren Lungenentzündungen und zu Nierenversagen, während Kamele keine oder kaum Symptome - eventuell Nasenausfluss - zeigen.

Bisher fanden alle Infektionen beim Menschen auf der Arabischen Halbinsel statt. Einige erkrankten allerdings erst nach der Rückkehr in ihre Heimatländer, davon bisher elf in Europa.

Das MERS-Coronavirus wird auch von Mensch zu Mensch übertragen, zum Beispiel in Familien, bei Veranstaltungen aber auch beim Kontakt zwischen Patienten und medizinischem Personal.

MERS- und SARS-Coronaviren sind Verwandte

Das MERS-Coronavirus ist eng mit dem SARS-Coronavirus verwandt. SARS nahm seinen Ursprung in China und forderte in den Jahren 2002 und 2003 über 800 Todesfälle weltweit.

„Während das SARS-Coronavirus vermutlich nur einmal die Artenbarriere übersprang, indem es von Fledermäusen auf den Menschen überging, müssen wir beim MERS-Coronavirus von laufenden Übertragungen von Kamelen auf Menschen ausgehen“, erläutert Nowotny. 

Dass MERS-Coronaviren Dromedare infizieren, zeigten Nowotny und KollegInnen bereits  in einer früheren Studie, in der sie Antikörper gegen das Virus in den Tieren nachwiesen. Link zur Studie: http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1473309913701646

Die aktuelle genetische Analyse der MERS-Coronaviren selbst lässt nun noch genauere Rückschlüsse zu.

Der Artikel “Middle East respiratory syndrome coronavirus (MERS-CoV) in dromedary camels, Oman, 2013” von Nowotny N. und Kolodziejek J. wurde im Journal Eurosurveillance veröffentlicht. http://www.eurosurveillance.org/ViewArticle.aspx?ArticleId=20781



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