Wild-Wachtelzucht (noch) frei von japanischen „Gen-Importen“ und ebenso erfolgreich

(18.09.2018) Wachteln werden im Mittelmeerraum als Delikatesse gerne gejagt und die Wildtierpopulation über Zuchtfarmen entsprechend aufgestockt.

Dazu werden laut experimentellen Studien häufiger eine  domestizierte japanischen Art oder Hybride aus dieser und herkömmlichen Wachteln eingesetzt.

Das kann, trotz bisher keiner direkten Bestätigung, den ursprünglichen Genpool und phänotypische Merkmale, wie das Wanderverhalten oder die Fortpflanzungsstrategien, verändern. Forschende der Vetmeduni Vienna analysierten nun erstmals eine mit wild-gefangenen Tieren gezüchtete Wachtelpopulation auf artfremde Hinweise.

Das Ergebnis zeigte keine „japanischen Gen-Importe“ auf und bestätigte damit indirekt auch den Zuchterfolg mit den rein europäischen Hühnervögeln. Damit steht Züchtern eine praktikable Strategiealternative zur Verfügung, die das Risiko einer Durchmischung des Genpools mit nachhaltigen Folgen reduziert.


Wachtelzucht mit fremden Arten zur Wildpopulation-Aufstockung im Mittelmeerraum mag zwar ökonomischer sein, birgt aber das Risiko einer genetischen Durchmischung und des Verlusts typischer Merkmale

Zuchtprogramme tragen wesentlich zum Erhalt von Wildtierpopulationen bei. Das gilt auch für verschiedene Fisch- oder Vogelarten, die stark befischt oder gejagt werden. Dazu zählen die europäischen Wachteln, da sowohl die Eier der unscheinbaren Hühnervögel, als auch die Vögel selbst speziell im Mittelmeerraum eine beliebte Delikatesse und Jagdtrophäe sind.

In Italien, Frankreich, Spanien oder Griechenland wurden deshalb Farmen etabliert, in denen die Tiere gezüchtet und freigelassen wurden, um die Ausdünnung heimischer Populationen dieser Zugvögel zu verhindern.

Aus ökonomischen Gründen wurden dazu aber selten europäische Wachteln genutzt. Domestizierte japanische Verwandte oder Hybride galten als einfacher zu züchten. Diese unterscheiden sich jedoch in vielen genetisch festgelegten Merkmalen, wie etwa einem verminderten Wanderverhalten, von der heimischen Wildpopulation.

Ihre Freilassung könnte eine Veränderung des bestehenden Genpools und einen schleichenden Verlust der Merkmale des ursprünglichen Phänotyps bedeuten.

Erstmals Risiko durch Jagd-Zuchtprogramme mit japanischen Wachteln genetisch analysiert

Ein Team um ExpertInnen des Konrad Lorenz Institutes für Vergleichende Verhaltensforschung der Vetmeduni Vienna analysierte nun erstmals eine aktuelle, auf gefangenen Wildtieren basierende Wachtelaufzucht, auf genetische Hinweise der eingebrachten japanischen Art.

Die Forschenden fanden dabei keine Anzeichen für eine bereits erfolgte genetische Durchmischung. Das bestätigte gleichermaßen eine erfolgreiche Zuchtstrategie basierend auf rein europäischen Tieren.

Entgegen der bisherigen ökonomischen Annahme bietet sich damit eine veritable Alternative ohne die Einführung neuer Arten mit potentiellen, nachhaltigen Auswirkungen.

„Das Einbringen anderer Arten mag zwar aus wirtschaftlicher Sicht Sinn machen, kann aber einen wesentlichen Eingriff in den Erhalt eines bestehenden Genpools und der vorherrschenden Phänotypen bedeuten“, erklärt Studienleiterin Valeria Marasco.

Studien unter Laborbedingungen zeigten bereits, dass bereits bei Hybriden der ersten Generation, aus den japanischen und europäischen Tieren, etwa das sonst ausgeprägte Wanderverhalten, eindeutig reduziert waren.

Das verdeutlicht, dass auch andere ursprüngliche Merkmale davon betroffen sein können.

Wachteln genetisch unbeeinflusst durch Zuchtaufstockung mit japanischen Verwandten

Derartige Veränderungen können mit einer sogenannten Mikrosatelliten- und mitochondrialen DNA-Analyse nachgewiesen werden. „Mikrosatelliten sind spezielle Sequenzmuster im Erbgut, die über das gesamte Genom oft wiederholt und damit wichtige Marker für die Bestimmung von Populationen und Arten sind“, so Marasco.

Die mitochondriale DNA wiederum wird nur von der mütterlichen Seite vererbt. Da für die Hybriden hauptsächlich weibliche japanische mit männlichen Wildtyp-Wachteln verpaart wurden, kann auch diese Analyse eine Vermischung des Genpools aufzeigen. Außerdem lässt sich dadurch die natürliche Varianz und Selektion des genetischen Materials feststellen.

Mit beiden Analysen wurde kein Hinweis auf Gen-Spuren der japanischen Wachtelart gefunden. „Die Auswertung der molekularen Daten mit verschiedenen Analysetools ordnete die von Wildtieren abstammenden Wachteln genetisch eindeutig der heimischen Art zu.

Damit schied die domestizierte japanische Wachtel als Vorfahre der Tiere aus, die in dem italienischen Zuchtbetrieb untersucht und aus zuvor gefangenen Tieren gezüchtet worden.

Es bestätigte sich allerdings, dass die Variabilität des Genoms der gezüchteten Wachteln gegenüber der Wildpopulation stärker eingeschränkt ist. Auch das kann für die Wildpopulation ein Risiko bedeuten.

„Dadurch könnten ebenso Allele, sprich Genvarianten, eingebracht werden, die eine nachhaltige Veränderung des ursprünglichen Phänotyps auslösen oder eine bleibende Fehladaption sind“, so Marasco.

Zukünftig sollte deshalb, so wertvoll die Aufstockung durch Zuchtprogramme auch sein kann, ein Maßnahmenkatalog geschaffen werden, der eine nachhaltige Regulation bei der Zucht von Jagdbeute zulässt.“

Damit könnte nicht nur das Einbringen fremder, domestizierter Arten in den ursprünglichen Genpool überwacht werden, sondern auch ein möglicher Verlust der natürlichen Varianz durch zu restriktive Zuchtmaßnahmen.

Publikation

Der Artikel „Lack of introgression of Japanese quail in a captive population of common quail“ von Steve Smith, Leonida Fusani, Balint Boglarka, Ines Sanchez-Donoso und Valeria Marasco wurde im European Journal of Wildlife Research veröffentlicht.
https://doi.org/10.1007/s10344-018-1209-7



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