Saisonaler Effekt: „Winterkinder“ sind kleiner als im Sommer geborene Fohlen

(07.08.2017) Jahreszeitliche Veränderungen beeinflussen Lebensweise, Stoffwechsel und Fortpflanzung vieler Tiere. Auch bei Pferden zeigt sich eine saisonale Abhängigkeit.

Im Winter verändert sich selbst bei Hauspferden der Stoffwechsel. Obwohl dieser Effekt bei Stuten bekannt ist, blieben Auswirkungen auf trächtige Tiere und die Föten bisher unerforscht. ExpertInnen der Vetmeduni Vienna konnten nun erstmals beweisen, dass die Veränderungen in kalten Monaten auch die Entwicklung der geborenen Fohlen beeinflussen.


Fohlen, die im Sommer geboren werden, sind körperlich größer als der im Winter geborene Nachwuchs.

Sie sind nach der Geburt kleiner und können diesen Unterschied über zwölf Wochen im Vergleich zu den im Sommer geborenen Fohlen nicht aufholen. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Theriogenology veröffentlicht.

Jahreszeiten und der Tag-Nachtwechsel beeinflussen den Lebenszyklus vieler Tierarten. Das betrifft Wildtiere, wie das Przewalski-Pferd, aber auch domestizierte Pferde, bei denen die saisonale Anpassung noch genetisch verankert ist. In den Wintermonaten reduzieren Pferde ihren Stoffwechsel, auch die Wärmeproduktion und die ausgestrahlte Wärme verringern sich.

Obwohl saisonale Einflüsse auf Stuten schon in mehreren Studien gezeigt wurden, waren die Auswirkungen auf die Trächtigkeit und damit Konsequenzen für ungeborene Fohlen bislang unklar. ExpertInnen der Vetmeduni Vienna bestätigten nun erstmals, dass Fohlen, die im Winter geboren werden, kleiner sind als im Sommer geborene Pferde.

Stoffwechselumstellung trifft bei Wintergeburten entscheidende Entwicklungsphase

In den letzten Wochen vor der Geburt machen Pferdeföten den größten Entwicklungsschub durch. Dieser Zeitraum ist damit ein Schlüsselmoment für die Entwicklung der Fohlen.

„Bei einem Geburtstermin in der kalten Jahreszeit liegt der Schluss nahe, dass sich der saisonale Einfluss, also die Stoffwechselumstellung der Stute, auch auf den Fötus auswirkt“, erklärt Projektleiterin Christine Aurich.

Zur Bestätigung der Hypothese teilten die Forschenden 27 Stuten und ihre Fohlen am Graf Lehndorff Institut für Pferdewissenschaften, das von der Vetmeduni Vienna und dem Brandenburgischen Staatsgestüt gemeinsam geführt wird, nach Geburtszeitpunkt in drei Gruppen auf.

Die erste Gruppe hatte den Termin Februar bis Anfang März, die zweite März bis Anfang April und die dritte April bis Anfang Mai. Von allen Fohlen wurden körperliche Parameter, wie Gewicht und Größenmerkmale, erfasst. Zusätzlich wurde nach der Geburt die Plazenta gewogen und vermessen.

„Winter-Fohlen“ kleiner: Saisonaler Einfluss anhand der Körpergröße feststellbar

„Wir verglichen den Brustumfang, die Widerristhöhe, den Abstand vom Fesselgelenk zum Vorderfußwurzelgelenk und dann zum Ellenbogen, sowie die Länge des Kopfes vom Genick bis zur Nase.

Anhand dieser Größenmerkmale zeigte sich eindeutig, dass die im Februar geborenen Jungtiere der ersten Gruppe kleiner waren, als die im Frühsommer geborenen“, so Erstautorin Elisabeth Beythien. „Die „Winterkinder“ hatten auch zwölf Wochen nach der Geburt diesen körperlichen Rückstand noch nicht komplett aufgeholt.“

Beim Geburtsgewicht konnten die Forschenden dagegen keinen Unterschied feststellen, obwohl sowohl das Gewicht, als auch die Oberfläche der Plazenta der wintergebärenden Stuten geringer waren als die der anderen Tiere.

„Der kleinere Mutterkuchen deutet die Stoffwechselumstellung an, die Versorgung der Föten scheint aber auch im Winter aufgrund des gleichen Körpergewichts absolut ausreichend zu sein.

Die Plazenta ist damit zwar ein Faktor, aber nicht der einzige oder entscheidende“, so Beythien. Auch die sogenannte Parität, die Geburtenzahl einer Stute, spielte keine Rolle. Der Effekt war auch bei erstgebärenden Tieren vorhanden.

Wintergeburten in der Zucht häufiger als in der Natur

Im Normalfall sind Wintergeburten eigentlich eine Seltenheit. Die meisten Stuten sind nur über einen begrenzten Zeitraum im Frühjahr und Sommer paarungsbereit. Dadurch erfolgen in der Natur die meisten Pferdegeburten erst in den wärmeren Monaten.

Durch moderne Zuchtmethoden werden Wintergeburten aber vor allem bei Renn- und Sportpferden häufiger. Die genetisch verankerten saisonalen Änderungen kann man mit künstlichem Licht, hormoneller Behandlung aber auch bereits mit einer Optimierung von Fütterung und Haltung verschieben oder reduzieren.

Das hat einen wirtschaftlichen Aspekt. „Auch wenn die Winterkinder mehr als zwölf Wochen brauchen, um im Vergleich mit den im Sommer geborenen Fohlen gleichzuziehen, so sind sie ihnen insgesamt Wochen oder Monate in der weiteren Entwicklung voraus.

Dieses Zeitfenster kann vor allem bei Wettbewerben eine Rolle spielen, da alle Jungpferde, die im gleichen Jahr geboren wurden, auch in der gleichen Wertungskategorie antreten“, erklärt Studienleiterin Aurich.

Einen Einfluss der Fütterung konnte das Forschungsteam ausschließen. Alle Stuten wurden während ihrer Trächtigkeit mit dem gleichen Futter und der gleichen Menge gefüttert.

„Das bestätigt, dass die Stoffwechselumstellung saisonal und genetisch bestimmt ist, und die Nährstoffversorgung der Föten und damit die Auswirkung auf ihre Größe durch diesen Effekt bestimmt wird, so Beythien.

Publikation

Der Artikel „Effects of season on placental, foetal and neonatal development in horses“ von Elisabeth Beythien, Christine Aurich, Manuela Wulf und Jörg Aurich wurde in Theriogenology veröffentlicht.
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0093691X17301875?via%3Dihub



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