Vom Menschen verursacht: Amerikanische Drosophila-Arten als Überträger identifiziert
Genom-Invasoren Shellder und Spoink: Von Menschen gemachter double-trouble.
Zum horizontalen Transfer von genetischem Material in Eukaryonten – also Lebewesen, deren Zellen einen Zellkern besitzen – gibt es bis dato nur sehr wenige Nachweise über kurze evolutionäre Zeiträume hinweg.
In einer soeben veröffentlichten österreichisch-US-amerikanischen Studie unter Leitung der Veterinärmedizinischen Universität Wien untersuchte nun ein Wissenschaftsteam transponierbare Elemente bei der Taufliege.
Dabei konnten sie nachweisen, dass die beiden Retrotransposone Shellder und Spoink innerhalb der letzten 50 Jahre in die Genome mehrerer Arten der Untergruppe melanogaster eingedrungen sind.
Bei Retrotransposonen handelt es sich um mobile („transponierbare“) Elemente, die sich im Wirtsgenom bewegen, indem sie ihre transkribierte RNA durch reverse Transkription in DNA umwandeln. Ihren Namen haben sie aufgrund ihrer strukturellen Ähnlichkeit zu den Retroviren.
Durch horizontalen Transfer verbreitete sich laut den Forscher:innen Spoink in den 1980er Jahren in Drosophila melanogaster (D. melanogaster), während sowohl Shellder als auch Spoink in den 1990er Jahren in D. simulans eindrangen.
Möglicherweise nach einer Hybridisierung infizierte D. simulans nach 1995 die endemischen Inselarten D. mauritiana (Mauritius) und D. sechellia (Seychellen) mit beiden transponierbaren Elementen (TE). Ungefähr im gleichen Zeitraum infizierte Shellder auch D. teissieri, eine Art, die nur in Afrika südlich der Sahara vorkommt.
Vom Menschen verursacht: Amerikanische Drosophila-Arten als Überträger identifiziert
Die Wissenschafter:innen stellten fest, dass Shellder und Spoink wahrscheinlich von amerikanischen Drosophila-Arten aus den Gruppen willistoni, cardini und repleta stammen.
„Die von uns beschriebene Kaskade von TE-Invasionen konnte also erst möglich werden, nachdem D. melanogaster und D. simulans ihr Verbreitungsgebiet vor rund 200 Jahren auf den amerikanischen Kontinent ausgedehnt hatten, höchstwahrscheinlich unterstützt durch menschliche Aktivitäten“, erklären Almorò Scarpa und Riccardo Pianezza, die Erstautoren der Studie.
Die Primaten-Art Mensch beeinflusst Genomaktivitäten anderer Arten
Den menschlichen Einfluss auf die Evolution als über die unmittelbaren Studienergebnisse hinausreichend betont auch Robert Kofler (Vetmeduni), Projektleiter der Studie: „Unsere Arbeit zeigt, dass Kaskaden von TE-Invasionen, die wahrscheinlich mit der Ausweitung des Verbreitungsgebiets durch den Menschen ausgelöst wurden, einen Einfluss auf die genomische und phänotypische Evolution geografisch verstreuter Arten haben könnten.“
Dieser wissenschaftlichen Erkenntnis folgend könnten TE innerhalb von nur wenigen Jahrzehnten in viele Arten eindringen, auch in endemische Inselarten, deren Verbreitungsgebiet sehr weit vom Ursprung der TE entfernt ist.
Mensch verändert seit langem die Evolution – und begünstigt die Mobilität von Infektionserregern
Menschliche Aktivitäten haben den Evolutionspfad verschiedener Arten seit langem beeinflusst, insbesondere durch die Verbreitung von Organismen über Kontinente und Ökosysteme hinweg.
Durch den Klimawandel werden die natürlichen Lebensräume weiter gestört, so dass viele Arten auf der Suche nach günstigeren Bedingungen ihr Verbreitungsgebiet ausdehnen oder polwärts verlagern.
Diese neuartige Mobilität gilt auch für Infektionserreger – so können sich beispielsweise Krankheitserreger von Kulturpflanzen weltweit ausbreiten, was sie mit vielen neuen lokalen Arten in Kontakt bringt.
Der Verlust von Lebensräumen und der zunehmende Kontakt zwischen Menschen und Wildtieren schafft ebenfalls neue Möglichkeiten für die Verbreitung von Krankheiten.
Herausforderung: Riskante Entwicklung, auch für den Menschen
Intragenomische Eindringlinge, zu denen transponierbare Elemente (TE) zählen, sind von dieser Dynamik laut den Forscher:innen möglicherweise nicht ausgenommen.
„Wenn sich die Verteilung der Arten ändert und der Mensch Organismen um den Planeten transportiert, könnte er auch selbst mit neuen genomischen Eindringlingen wie TEs in Kontakt kommen“, erklären Scarpa und Pianezza.
Publikation
Der Artikel „Double trouble: two retrotransposons triggered a cascade of invasions in Drosophila species within the last 50 years “ von Almorò Scarpa, Riccardo Pianezza, Hannah R. Gellert, Anna Haider, Bernard Y. Kim, Eric C. Lai, Robert Kofler und Sarah Signor wurde in „Nature Communications“ veröffentlicht.
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