Wiener Forscher:innen entwickeln KI-Modell, um neuartige, hochwirksame Desinfektionsmittel zu entwickeln
Derzeit gibt es nur wenige Erkenntnisse über die antivirale Aktivität ionischer Flüssigkeiten. Und das, obwohl diese Substanzklasse bereits sehr gute Erfolge als neuartige antimikrobielle Mittel zeigen.
Forscher:innen der Veterinärmedizinischen Universität Wien haben nun gemeinsam mit der Universität Danzig (Polen) einen großen Sprung nach vorne gemacht. Sie entwickelten ein Vorhersagemodell auf Basis künstlicher Intelligenz (KI), mit dem sich potenziell wirksame Moleküle testen lassen.
Ionische Flüssigkeiten (Ionic Liquids; IL) sind eine Gruppe chemischer Verbindungen, die aufgrund ihrer potenziellen viruziden Wirkung ein breites Anwendungsspektrum finden könnten.
Diese Substanzen sind eine neue chemische Klasse, welche sich durch eine Vielzahl von einzigartigen Eigenschaften auszeichnet und Probleme der existierenden Chemie – wie z.B. Resistenzentwicklung, Toxizität, Bioakkumulation und mangelnde biologische Abbaubarkeit – überwinden kann.
Dazu Studien-Co-Autor Patrick Mikuni-Mester vom Klinischen Department für Nutztiere und Sicherheit von Lebensmittelsystemen: „Die Entwicklung von neuen Desinfektionsmitteln basierend auf Ionischen Flüssigkeiten zählt seit einigen Jahren zu unseren Forschungsschwerpunkten. Unser langfristiges Ziel ist es dabei, neue Wirkstoffe mit einer verbesserten Wirksamkeit sowie verbesserter biologischer Abbaubarkeit zu entwickeln.“
Komplexe computergestützte Analyse liefert klare Ergebnisse
Vor diesem Hintergrund führten die Forscher:innen in ihrer Studie eine komplexe computergestützte Analyse durch, um die antivirale Aktivität ionischer Flüssigkeiten gegen drei Surrogatviren, welche morphologische Ähnlichkeit mit humanmedizinisch relevanten Viren haben, vorherzusagen. Insgesamt führte das Wissenschaftsteam ein virtuelles Screening an 1277 theoretisch generierten ionischen Flüssigkeiten durch.
Anschließend wählten sie zehn aktive ionische Flüssigkeiten aus, die synthetisiert wurden, um ihre Aktivität gegen die Viren zu überprüfen. Bei diesem Reality Check bewiesen die Berechnungsmethoden ihre Wirksamkeit und Effizienz, um die antivirale Aktivität von ionischen Flüssigkeiten korrekt vorherzusagen.
Machine learning: Weltweit erstes KI-Vorhersagemodell für Ionische Flüssigkeiten
Die Forscher:innen betonen, dass die vorliegende Arbeit einen großen Schritt zur Entwicklung neuer antiviraler Wirkstoffe darstellt.
Schließlich sei es erstmals gelungen, ein Vorhersagemodell mittels künstlicher Intelligenz zu entwickeln, mit dem sich die Wirksamkeit von ionischen Flüssigkeiten gegen verschiedene Viren präzise vorhersagen lässt.
Dazu Studien-Co-Autorin Julia Sommer (Klinisches Department für Nutztiere und Sicherheit von Lebensmittelsystemen, Vetmeduni): „Dadurch können wir computerbasierte Screenings von theoretischen Molekülen durchführen, um effizient wirksame und sichere Desinfektionsmittel zu identifizieren.“
Zudem sind laut Sommer Computermodelle gegenüber experimentellen Studien mit Tieren deutlich kostengünstiger und weniger zeitaufwändig. Und sie ersparen durch den Verzicht auf Laborexperimente unnötiges Tierleid.
Publikation
Der Artikel „Hybrid Machine Learning and Experimental Studies of Antiviral Potential of Ionic Liquids against P100, MS2, and Phi6 “ von Szymon Zdybel, Anita Sosnowska, Dominika Kowalska, Julia Sommer, Beate Conrady, Patrick Mester, Maciej Gromelski und Tomasz Puzyn wurde im „Journal of Chemical Information and Modelling“ veröffentlicht.
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