Marlen Fröhlich gewinnt Förderpreis des Deutschen Primatenzentrums

(24.04.2017) Verhaltensforscherin wird für ihre Erkenntnisse zur gestischen Kommunikation bei Schimpansen und Bonobos ausgezeichnet

Menschenaffen kommunizieren ähnlich wie wir Menschen mit Hilfe verschiedener Gesten und setzen diese zielgerichtet bei sozialen Interaktionen ein. Bislang war jedoch wenig darüber bekannt, wie sich diese Gesten entwickeln und wie sie durch das Sozialleben der Menschenaffen beeinflusst werden.

Mit dieser Forschungsfrage beschäftigte sich Marlen Fröhlich, Verhaltensforscherin am Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen, in ihrer Doktorarbeit.


Dr. Marlen Fröhlich während ihrer Feldstudien an Schimpansen im Kibale-Nationalpark in Uganda.

Sie fand unter anderem heraus, dass Gesten nicht angeboren sind, sondern aus dem sozialen Zusammenleben entstehen und erlernt werden. Für diese Erkenntnisse hat Fröhlich den Förderpreis des Deutschen Primatenzentrums (DPZ) – Leibniz-Institut für Primatenforschung gewonnen, der alljährlich vom Förderkreis des Institutes verliehen wird.

Die Auszeichnung ist mit einem sechsmonatigen Stipendium an einem Forschungsinstitut eigener Wahl und einem Geldbetrag in Höhe von 1000 Euro dotiert.

Die Preisverleihung mit einem Vortrag der Preisträgerin findet am Donnerstag, dem 27. April 2017, um 18:00 Uhr im Hörsaal des Deutschen Primatenzentrums, Kellnerweg 4, in Göttingen statt. Besucher sind herzlich zu der Veranstaltung eingeladen.

Um die Diversität und die Entwicklung von gestischer Kommunikation bei Menschenaffen zu untersuchen, wählte Marlen Fröhlich (30) sowohl einen vergleichenden als auch einen entwicklungsorientierten Ansatz.

Dafür beobachtete sie das Verhalten zweier Schimpansen–Unterarten (Pan troglodytes schweinfurthii und Pan troglodytes verus) in Uganda und der Elfenbeinküste und analysierte einen vergleichbaren Datensatz zweier Bonobo-Gruppen (Pan paniscus) in der Demokratischen Republik Kongo. Der Schwerpunkt der Arbeit lag auf gestischen Interaktionen und Komplexität zwischen Mutter und Kind sowie dem Einfluss anderer Sozialpartner.

Dabei fand Marlen Fröhlich heraus, dass beide Menschenaffen-Arten in der Lage sind, kooperativ zu kommunizieren, sich jedoch grundlegend in ihren Kommunikationsstilen unterscheiden.

Für Bonobos spielt das Blickverhalten eine größere Rolle, und sie reagieren auf Signale schneller als Schimpansen. Schimpansen verwenden dagegen klarer unterscheidbare Kommunikationselemente und verbringen mehr Zeit mit Verhandlungen.

Fröhlichs weitere Studien zur gestischen Kommunikation von jungen Schimpansen zeigten, dass sich die jeweiligen sozialen Interaktionen auf die verwendeten Gesten auswirken. Schimpansen stimmen ihre Gestik auf Eigenschaften des jeweiligen Interaktionspartners ab: der Altersunterschied und die Beziehung der Interaktionspartner zueinander beeinflussen die gestische Kommunikation.

Aus ihren Ergebnissen schlussfolgerte sie, dass die Verwendung von Gesten nicht genetisch vorgeprägt, sondern hauptsächlich erlernt und im Rahmen sozialer Interaktionen geformt wird. Die kommunikative Entwicklung von Schimpansenkindern beruht außerdem nicht nur auf der Beziehung mit der Mutter, sondern wird auch entscheidend durch die Interaktion mit anderen Sozialpartnern in der Gruppe beeinflusst.

„Ich freue mich sehr über die Auszeichnung“, sagt Marlen Fröhlich. „Das Stipendium werde ich dazu nutzen, mein Postdoktoranden-Projekt zur multimodalen Kommunikation bei frei- und zoolebenden Orang-Utans einzuleiten. Mit dem Geld kann ich eine neue Videokamera für die geplanten Feldbeobachtungen auf Borneo und Sumatra kaufen.“

Marlen Fröhlich ist gebürtige Dresdnerin. Von 2005 bis 2011 studierte sie Biologie an der Freien Universität und der Humboldt-Universität in Berlin. In ihrer Masterarbeit, die sie von 2010 bis 2011 am Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) in Berlin anfertigte, beschäftigte sie sich mit der Nahrungsökologie von Leoparden in Südafrika. Die Arbeit wurde 2012 mit dem Studienpreis der Erhard Höpfner Stiftung in Berlin ausgezeichnet.

Für ihre Doktorarbeit forschte Marlen Fröhlich von 2012 bis 2016 in der durch die Alexander von Humboldt-Stiftung geförderten Forschungsgruppe „Evolution of Communication“, geleitet von Simone Pika, am Max-Planck-Institut für Ornithologie.

Ihre Arbeiten zur gestischen Kommunikation von Bonobos und Schimpansen wurden 2016 und 2017 in den Fachzeitschriften Animal Cognition, Scientific Reports, Royal Society Open Science und Animal Behaviour veröffentlicht. Seit Januar 2017 ist Fröhlich im Rahmen des DPZ-Stipendiums am Anthropologischen Institut und Museum der Universität Zürich tätig.

„Frau Fröhlich hat eine exzellente wissenschaftliche Arbeit angefertigt, die dazu beiträgt auch die Evolution der menschlichen Kommunikation besser zu verstehen“, begründet der Wissenschaftliche Beirat des DPZ seine Wahl.

Die Mitglieder des extern besetzten Beirats wählen jährlich die Preisträger aus. Der DPZ-Förderpreis ist einer der höchstdotierten Preise für Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler in Deutschland.

Er wird vom Förderkreis des DPZ verliehen, einem gemeinnützigen Verein, der die Forschung über und mit Affen unterstützt und junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fördert.


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