Kluge Honigbienen: Lern-Gene bewirken Anpassung an lokale Umweltbedingungen
Uni Hohenheim entschlüsselt mit internationalem Forscherteam Erbgut ostafrikanischer Honigbienen
Die Honigbienen Ostafrikas sind sehr gut an sehr verschiedene Lebensräume angepasst – was auf eine veränderte Wahrnehmung ihrer Umwelt zurückzuführen ist. Dies fanden Forscher der Universitäten Hohenheim und Uppsala sowie dem Länderinstitut für Bienenkunde Hohen Neuendorf heraus. Sie verglichen das Erbgut von Honigbienen aus den Bergwäldern Kenias mit dem von Honigbienen aus tiefer gelegenen Savannen.
Das Ergebnis: Beide Populationen verfügen zu fast 98,6 Prozent über sehr ähnliches Erbgut – doch auf zwei Erbgut-Abschnitten unterscheidet es sich eklatant.
Die Differenzen betreffen vor allem Gene, die die Fähigkeit steuern, die Umwelt wahrzunehmen und daraus zu lernen. Die Forschungsergebnisse veröffentlicht am 25. Mai das renommierte Wissenschaftsjournal „PLOS Genetics“: https://doi.org/10.1371/journal.pgen.1006792
Der kühle und feuchte Regenwald oberhalb von 2000 Höhenmetern in Kenia ist ihre Heimat: Die dunklen ostafrikanischen Berghonigbienen haben sich extrem gut an diese besonderen Umweltbedingungen angepasst.
Hellere Honigbienen leben dagegen nur wenig entfernt in der kenianischen Savanne, jedoch über 1000 Höhenmeter tiefer. Sie finden eine deutlich andere und trockenere Umwelt vor, auf die sie sich entsprechend eingestellt haben.
„Uns interessiert, wie Lebewesen es schaffen, sich besonders an die Umwelt anzupassen“, erklärt Prof. Dr. Martin Hasselmann, Leiter des Fachgebiets Populationsgenomik bei Nutztieren an der Universität Hohenheim. „Und wir wollten wissen, ob diese Anpassung sich bei den beiden Bienenpopulationen in genetischen Unterschieden nachweisen lässt.“
98,6 Prozent ähnliches Erbgut, aber 1,4 Prozent extreme Unterschiede
Prof. Dr. Hasselmann und Forscher der Universität Uppsala und des Länderinstituts für Bienenkunde Hohen Neuendorf entschlüsselten dazu das Erbgut von 39 Bienen: 20 Bergbienen und 19 Savannenbienen.
Die Genome verglichen sie miteinander. „Die größte Überraschung war: Nur ein ganz geringer Teil der gesamten Genom-Information, nämlich 1,4 Prozent, ist unterschiedlich“, erklärt Prof. Dr. Hasselmann. „Damit sind sie sich eigentlich sehr ähnlich, ja fast identisch. Aber dort, wo sie unterschiedlich sind, unterscheiden sie sich extrem“, so Prof. Dr. Hasselmann.
Genetische Unterschiede steuern Sammelverhalten und Gedächtnis
Die genetischen Unterschiede erstrecken sich auf zwei Abschnitte auf zwei Chromosomen. Dort liegen vor allem Schlüsselgene, die das Sammel- und Lernverhalten beeinflussen. Sie steuern, wie sich die Bienen bei der Nahrungssuche verhalten und wie sie sich Informationen merken.
„Die Bergbienen nehmen offenbar ihre Umwelt anders wahr“, erklärt Prof. Dr. Hasselmann. „Wir haben Hinweise, dass sie sich an diese besonderen Umweltbedingungen vor vielen Millionen Jahre anpasst haben, und vermuten, dass sie zum Beispiel beim Lernen oder Erinnern beim Futtersammeln den Bienen in der Savanne überlegen sind. Das müsste man mit Experimenten aber noch überprüfen.“
Spezieller genetischer Mechanismus zur Anpassung an Umwelt
Sehr bemerkenswert sei diese besondere genetische Anpassung der ostafrikanischen Bienen. Bisher seien noch keine anderen Honigbienen weltweit gefunden worden, die diese genetische Variante so besitzen.
„Wir haben einen interessanten Mechanismus entdeckt, der diese genetische Differenzierung am besten erklären kann“, sagt Prof. Dr. Hasselmann.
„Die Struktur im Chromosom der Bergbienen ist anders als bei anderen Bienen. Sie sind zum Teil invertiert. Das heißt, durch diese Neukombination wurden einzelne Abschnitte von Genvarianten fixiert, die sich stark zwischen den Bienenpopulationen unterscheiden.“
Die Forscher bedienten sich bei ihrer Analyse der sogenannten Hochdurchsatzsequenzierung. Dabei wird das gesamte Erbgut der einzelnen Individuen in Millionen kleine Bruchstücke zerlegt, dann vielfach sequenziert und bioinformatisch wieder zusammengesetzt.
Publikation
Wallberg A, Schöning C, Webster MT, Hasselmann M (2017) Two extended haplotype blocks are associated with adaptation to high altitude habitats in East African honey bees. PLoS Genet 13(5): e1006792. https://doi.org/10.1371/journal.pgen.1006792
Weitere Meldungen
Neuigkeiten aus der Wissenschaft
Tiergarten Schönbrunn und Universität Wien richten gemeinsame Stiftungsprofessur „Zoo Conservation Science“ ein
Der Tiergarten Schönbrunn und die Universität Wien verstärken massiv ihre langjährige Kooperation durch die Einrichtung der neuen durch den Tiergarten finanzierten Professur "Zoo Conservation Science"
"Nacht der Kinder" für Future for Kids an der Vetmeduni Vienna
Der Verein Future for Kids - Zukunft für Kinder in Ruanda lädt am 6. Dezember 2024 zum Charity Event "Nacht der Kinder" ein.
ÖKV startet Kampagne „Ohne Hund ist alles doof“
Mit einer spannenden Kampagne startet der ÖKV eine starke Initiative für mehr Aufmerksamkeit für die vielfältigen und unverzichtbaren Aufgaben von Hunden in unserer Gesellschaft.
Die Vogelgrippe ist in Österreich zurück
Am 9. Oktober 2024 wurde ein erster Fall der hochpathogenen Aviären Influenza (Geflügelpest, Vogelgrippe) in einem Geflügelbetrieb in Braunau (OÖ) nachgewiesen
HUNDERUNDEN #32
Die neue Ausgabe der HUNDERUNDEN 32, dem Fachmagazin für Tierärzt:innen, ist erschienen. Neben Interviews, Reportagen, Fortbildungen, einer Hunderunde, Produktneuheiten und News von der VÖK-Tagung hat die Ausgabe fachlich einiges zu bieten
David Ebmer mit dem Rudolf Ippen Young Scientist Award 2024 ausgezeichnet
Auszeichnung der European Association of Zoo and Wildlife Veterinarians (EAZWV) für den Parasitologen des Tiergarten Schönbrunn
BirdLife Österreich kürt die Krickente zum Vogel des Jahres 2025
Bis in die frühen 1980er-Jahre war die Krickente (Anas crecca) nach der Stockente die verbreitetste Schwimmentenart in Österreich. Mit weniger als 100 Brutpaaren ist sie nunmehr sehr stark gefährdet
Sebastian Glatt zum Universitätsprofessor für Systemgenetik an der Vetmeduni Vienna berufen
Mit 1. Oktober 2024 hat Sebastian Glatt die Professur für Systemgenetik an der Veterinärmedizinischen Universität Wien übernommen
Herbstfest im Papageienschutzzentrum Wien
Am 6. Oktober 2024 lädt die ARGE Papageienschutz von 14:00 bis 18:00 Uhr zum Herbstfest ins Papageienschutzzentrum Wien