Verlaufsstudie zu einer großflächigen Hautwunde bei einem Igel
Am 23. Jänner 2012 wird ein Igel mit einer großflächigen verschmutzten Wunde an der rechten Bauchwand in die Ordination gebracht.
Wahrscheinlich wurde das Tier in der Winterruhe von Ratten aufgespürt und angeknabbert, denn normalerweise befinden sich Igel um diese Jahreszeit in einem sicheren Versteck in tiefem Schlaf.
Das Tier wiegt nur 390 Gramm ist mittelgradig dehydriert und zeigt aufgrund des massiven Hautdefekts und der damit verbundenen Schmerzen kein physiologisches Bewegungsmuster.
Methode
Nach Stabilisierung mit angewärmter Ringerlösung/Glukose 5%-Mischung mit Vitasol AD3EC, Vanavit B-Komplex und Catosal® erfolgte die Applikation von Metacam® und eine antibiotische Abdeckung mit Baytril® 2,5%.

Nach 20 Minuten an einem ruhigen geschützten Ort wurde die Wundversorgung in Isoflurannarkose begonnen. Nach gründlichem Debridement, Entfernung allen nekrotischem Materials und intensiver Spülung mit Calendulaurtinktur/ NaCl Mischung wurde die Wunde mit L-Mesitran Soft Honiggel bedeckt.
Anschließend wurde die auf passende Größe zugeschnittene L-Mesitran Tulle auf das Wundbett gelegt.

Nach Abdeckung mit Mulltupfern erfolgte die Fixierung der Wundauflage mit selbsthaftendem Verbandsmaterial. Bei der Anbringung des Schutzverbandes ist besonders darauf zu achten, dass nicht unter Zug gewickelt wird, da es sonst zu Atemproblemen kommen kann.

Eine Fixation über die Schultern und eine kreuzweise Verbandsführung zwischen den Vorderextremitäten garantiert, dass der Verband in Position bleibt.
Konsequentes tägliches Wundmanagement inkludiert abwechselndes Baden der Wunde mit Käspappeltee und Effektiven Mikroorganismen, Applikation von Honigel und Tulle mit Schutzverband bis 5.2.2012. Die Antibiose wurde für fünf Tage aufrechterhalten.
Metacam sorgte eine Woche für Schmerzreduktion und Entzündungshemmung.

Zusätzlich erhielt die Patientin bis 31.01.2012 täglich eine Infusion zur Unterstützung der Entgiftung und des Immunsystems. Von 1. bis 6.02. wurde die Wunde zur Förderung der Wundheilung zusätzlich mit einem Wundlaser therapiert.
Ab 7.02.2012 wurde aufgrund des fortlaufendem Wundverschlusses und der zunehmenden Beweglichkeit des Tieres kein Schutzverband mehr angelegt.

Die Wunde wurde weiterhin täglich mit Effektiven Mikroorganismen gereinigt und mit L-Mesitran Soft Wundgel versorgt.
Von 17.02. bis 21.02. wurde nur mehr L-Mesitran Wundgel aufgebracht, da schon eine trockene Kruste vorhanden war, unter der sich Narbengewebe formierte.
Die Endkontrolle erfolgte am 21.02. in Isoflurannarkose. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich der gesamte Hautdefekt mit einer geringen Narbenstriktur vollständig verschlossen (Foto 21.2.).

Diskussion
Der Westeuropäische Igel (Erinaceus europaeus) ist ein durch Artenschutz-Gesetze geschütztes, in ganz Europa frei lebendes Tier, welches üblicherweise nicht als Haustiergehalten wird (Ulrich, 2010). Die häufigsten Todesursachen sind Verkehrsunfälle und Unterkühlung während der Wintermonate.
In diesem Fall wurde die Winterruhe unterbrochen, da der Igel offenbar von Ratten angefressen wurde.
Das Wundmanagement bei exotischen Tieren ist immer eine Herausforderung, aufgrund ihrer oft geringen Größe, besonderen Anatomie, ihrem Verhalten und der Neigung sekundär stressbedingte gesundheitliche Probleme zu entwickeln (Hernandez, 2004)

Die Zugwirkung des Honiggels bewirkte eine effektive Reinigung des Wundareals von nekrotischem Material. Durch die Tulle kam es zu keiner Verklebung mit dem frischen Granulationsgewebe, wodurch ein schneller komplikationsloser Wundverschluss erfolgen konnte. So steht einer Entlassung der Igeldame in die Freiheit nichts mehr im Wege!
Fallbericht von: Mag. Helene Widmann
Referenzen
Hernandez-Divers S (2004) Principles of wound management of small mammals: hedgehogs, prairie dogs, and sugar gliders. Vet Clin North Am Exot Anim Pract. 7(1):1-18, v.
Keymer I et al. (1991) Zoonoses and other findings in hedgehogs (Erinaceus europaeus): a survey of mortality and review of the literature. Vet Rec. 1991 16;128(11):245-9
Ulrich R et al. (2010) Desmoplastic ganglioglioma of the spinal cord in a Western European hedgehog (Erinaceus Europaeus). VET Diagn Invest 22: 978-983
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