Tigerhai-Angriff vor 14.5 Millionen Jahren endete tödlich für steirische Seekuh

(06.04.2021) Forscher*innen des NHM Wien identifizierten ein einzigartiges fossiles Skelett einer Seekuh. Bei den Untersuchungen wurden neben Biss-Spuren an den Knochen der Seekuh auch Zähne eines Tigerhais entdeckt. Was erzählen uns diese Fossilien über das Leben vor 14.5 Millionen Jahren?

Im Jahr 2012 machte der engagierte Hobbypaläontologe Gerhard Wanzenböck (Bad Vöslau) einen besonderen Fund im steirischen Retznei: fossile Knochen einer jungen Seekuh, die vor 14.5 Millionen Jahren in einem tropischen Meer lebte, das zu dieser Zeit weite Teile Österreichs bedeckte.

Die Überreste des gut erhaltenen Skelettes wurden anschließend vom Finder und den Paläontologen des Universalmuseums Joanneum (Graz) geborgen und im Laufe der letzten Jahre am Joanneum präpariert.

Dem erfahrenen und geduldigen Präparator Norbert Winkler gelang es, das Skelett unbeschädigt aus dem Gestein zu kitzeln, wodurch sensationelle Ergebnisse zu Tage kamen: mehrere Knochen zeigen Biss-Spuren.


Einige der fossilen Knochen der jungen Seekuh mit den Biss Spuren und beiliegenden Zähnen des Tigerhaies Galeocerdo aduncus

Der Täter lässt sich ebenfalls rekonstruieren. Zwischen den Knochen befanden sich mehrere Zähne eines Tigerhais.

Nun hat das Paläontolog*innen-Team des Naturhistorischen Museums in Wien, unter der Leitung von Iris Feichtinger, BSc. MSc. und Priv.-Doz. Dr. Ursula B. Göhlich, die ungewöhnlichen Funde analysiert.

Die Seekuh-Knochen stammen alle von einem jungen Tier der ausgestorbenen Art Metaxytherium medium.

Moderne Verwandte dieser Seekühe leben heute im Indischen Ozean. Die neben den Knochen gefundenen Zähne gehören dem Tigerhai Galeocerdo aduncus. Die Zahnform dieser etwa 5 Meter lagen Haie ist unverwechselbar und passt exakt zu den Biss-Spuren auf den Knochen. Es handelt sich dabei weltweit um den ältesten fossilen Beleg einer derartigen Räuber-Beute Beziehung.

"Der Tigerhai hat sich die Zähne an der jungen Seekuh ausgebissen", so die junge Paläontologin und Haispezialistin Iris Feichtinger. "Solche "Glücksfälle" bieten einen seltenen Einblick in eine längst vergangene Welt und helfen dadurch die Lebensweise ausgestorbener Tiere zu beschreiben und zu verstehen".

Im kommenden Jahr wird das fossile Skelett im Rahmen einer Sonderausstellung im Universalmuseum Joanneum in Graz präsentiert.

Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Historical Biology publiziert: https://doi.org/10.1080/08912963.2021.1906665




Weitere Meldungen

Julia Türtscher; Bildquelle: Patrick L. Jambura

Neue Rochenart aus Bayern entdeckt: Aellopobatis bavarica aus dem späten Jura

In einer neuen Studie, die kürzlich in der Fachzeitschrift "Papers in Palaeontology" veröffentlicht wurde, haben internationale Wissenschafter*innen die rätselhafte Welt der vor 150 Millionen Jahren lebenden Rochen erforsch
Weiterlesen

Fossil des spätjurassischen Hais Protospinax annectans aus Solnhofen und Eichstätt, Deutschland; Bildquelle: Sebastian Stumpf

Hai aus der Jurazeit bereits hochentwickelt

Molekularbiologischer Stammbaum liefert neue Einblicke in die Evolution von Knorpelfischen
Weiterlesen

Universitäte Wien

Erwärmung des Ozeans ließ Fische in der Dämmerzone schrumpfen

In einer Zwischeneiszeit im mittleren Pleistozän reduzierten Fische in der mesopelagischen Zone ihre Körpergröße um bis zu 35 Prozent – Wärmere Meere könnten demnach zukünftig weniger CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen
Weiterlesen

Fossiler Tintenfisch: Knorpel und Armhäkchen, Mikro CT; Bildquelle: NHM Wien, A. Lukeneder

Weltweit erste fossile Knorpel von Tintenfischen entdeckt

Ein Forschungsteam des Naturhistorischen Museums Wien und der Universität Wien hat über 10.000 einzigartige Fossilien der alpinen Triaszeit untersucht
Weiterlesen

Laichzähne ; Bildquelle: S. Döring, Senckenberg Weimar

Eine Million Jahre alte Werra-Lachse

Paläontologin Madelaine Böhme hat den ersten Fossilnachweis für Atlantische Lachse erbracht. Die von ihr beschriebenen Fossilfunde von nicht weniger als sechs Lachsen stammen aus der senckenbergischen Forschungsgrabung im thüringischen Untermaßfeld
Weiterlesen

Zahn von 'Cladodus gailensis'; Bildquelle: NHM Wien, Alice Schumacher

Die ältesten Haizähne Österreichs geben Hinweis auf eine globale Klimakrise vor 325 Millionen Jahren

Die stete Drift der Kontinente formt nicht nur Gebirgszüge, sondern hat auch großen Einfluss auf die Tierwelt im Meer.
Weiterlesen

Schädelelemente des neuen hybodontiformen Urzeithaies Durnonovariaodus maiseyi aus der Kimmeridge Clay Formation in England; Bildquelle: Sebastian Stumpf

Neuer ausgestorbener Urzeithai entdeckt

Ein internationales Team um Sebastian Stumpf von der Universität Wien stellt in "PeerJ" das fossile Skelett eines ausgestorbenen Urzeithaies vor, das einer bisher unbekannten Gattung und Art zuzurechnen ist
Weiterlesen

Spektakulärer Fossilfund: 150 Millionen Jahre alter Urzeithai war einer der größten seiner Zeit; Bildquelle: Sebastian Stumpf

Spektakulärer Fossilfund: 150 Millionen Jahre alter Urzeithai war einer der größten seiner Zeit

Eine Team um den Paläontologen Sebastian Stumpf von der Universität Wien beschreiben in einer neuen Studie ein außergewöhnlich gut erhaltendes Skelett des ausgestorbenen Urzeithaies Asteracanthus
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen