VET-MAGAZIN logo
Wie Landnutzungssysteme die Amphibienvielfalt beeinflussen
L. Aceros
Neonikotinoide bedrohen Biodiversität stärker als gedacht
Jan Erik Sedlmeier/Universität Hohenheim
Die Pazifische Auster könnte die Ostsee besiedeln
Youk Greeve
Die Pazifische Auster könnte die Ostsee…
Das Gehirn der Honigbiene erkunden
Jerome Beetz/Universität Würzburg
Das Gehirn der Honigbiene erkunden
Studie widerspricht umstrittener These zur Lebensraumfragmentierung
Wolkenkratzer via Wikimedia Commons
Strategische Partnerwahl bei Guinea-Pavianen
Tessa Frank/Deutsches Primatenzentrum GmbH
Strategische Partnerwahl bei Guinea-Pavianen
Wie Zebrafische Herzmuskelzellen regenerieren
Elvira Eberhardt/Uni Ulm
Lebensräume für Fischnachwuchs am Niederrhein
Michel Roggo
ETH Zürich
Allgemein

Automatisierte Analyse des Tierverhaltens

Forschende der ETH Zürich entwickelten eine neue Methode, die mit künstlicher Intelligenz das Verhalten von Tieren auswertet.

. . .

Damit sind in der Verhaltensforschung detailliertere Untersuchungen und solche über lange Zeiträume möglich. Ausserdem hilft die Methode, das Tierwohl zu stärken. Bereits getestet wird sie im Zoo Zürich.

Für Verhaltensstudien mit Tieren müssen Wissenschaftler:innen oft grosse Mengen von Videoaufzeichnungen analysieren. Klassischerweise sichten sie dabei Aufnahmen mit einer Gesamtdauer von vielen Wochen und Monaten und führen über das beobachtete Verhalten Protokoll.

Forschende an der ETH Zürich und der Universität Zürich haben die Analyse solcher Aufzeichnungen nun automatisiert.

Ein von ihnen entwickelter Bildanalyse-Algorithmus nutzt computerbasiertes Sehen und maschinelles Lernen. Der Algorithmus kann individuelle Tiere unterscheiden sowie Verhaltensweisen erkennen, die zum Beispiel auf Neugierde, Angst oder auf harmonische Interaktionen mit Artgenossen hindeuten.

Videoaufnahmen von Tieren – auch äusserst umfangreiche – können damit quasi auf Knopfdruck automatisch ausgewertet werden. Ein weiterer Vorteil ist die Reproduzierbarkeit: Wenn unterschiedliche Forschungsgruppen ihre Videodaten mit demselben Algorithmus auswerten, sind ihre Arbeiten besser vergleichbar, weil immer die gleichen Massstäbe angelegt werden.

Ausserdem ist der neue Algorithmus so empfindlich, dass auch subtile Verhaltensänderungen erkannt werden, die sich nur sehr langsam und über eine lange Zeitspanne entwickeln. «Für das menschliche Auge hingegen sind solche Veränderungen oft schwierig zu erkennen», sagt Markus Marks.

Er ist Postdoc in der Gruppe von Mehmet Fatih Yanik, Professor für Neurotechnologie, und Erstautor der Forschungsarbeit.

Für alle Tierarten geeignet

Die Wissenschaftler trainierten den Machine-Learning-Algorithmus mit Videoaufnahmen aus Tierhaltungen von Mäusen und Makaken. Die Methode eignet sich jedoch für alle Tierarten, wie die Forschenden betonen. In der Wissenschaftsgemeinschaft hat sich die neue Methode bereits herumgesprochen.

Die ETH-Forschenden stellen den Algorithmus auf einer öffentlichen Plattform anderen Forschenden zur Verfügung, und zahlreiche Kollegen auf der ganzen Welt nutzen ihn bereits. «Insbesondere unter Primatenforschenden ist das Interesse gross. So nutzt auch eine Gruppe, welche wildlebende Schimpansen in Uganda erforscht, unsere Technik», sagt Marks.

Dies dürfte unter anderem damit zu tun haben, dass mit dieser Methode auch komplexes Sozialverhalten in einer Tiergemeinschaft ausgewertet werden kann, etwa welches Tier wann das Fell eines anderen Gruppenmitglieds pflegt.

«Gegenüber bisherigen auf maschinellem Lernen basierenden Verhaltensanalysealgorithmen hat unsere Methode gerade bei der Analyse des Sozialverhaltens in komplexen Settings grosse Vorteile», sagt Marks.

Tierhaltung verbessern

Ausserdem kann die Methode zur Verbesserung der Tierhaltung eingesetzt werden. Es ist damit möglich, Tiere rund um die Uhr zu überwachen und automatisch abnormales Verhalten zu erkennen. Ungünstiges Sozialverhalten oder Erkrankungen können so frühzeitig erkannt werden, und Tierpflegende können rasch eingreifen und die Situation für die Tiere verbessern.

Die ETH-Forschenden unterhalten derzeit auch eine Zusammenarbeit mit dem Zoo Zürich, der seine Tierhaltung weiter verbessern und automatisierte Verhaltensforschung betreiben möchte. Für eine kürzlich veröffentlichten Studie zum Schlafverhalten von Elefanten mussten die Zooforschenden beispielsweise Videoaufnahmen manuell auswerten. Sie erhoffen sich von der neuen Methode, solche Arbeiten künftig automatisieren zu können.

Zum Einsatz kommt die Methode schliesslich in der biologischen, neurobiologischen und medizinischen Grundlagenforschung. «Unsere Methode kann bereits sehr geringfügige Änderungen im Verhalten von Versuchstieren erkennen, zum Beispiel Anzeichen von Stress, Angst und Unwohlsein», sagt ETH-Professor Yanik.

«Sie hilft somit, die Qualität von Studien mit Tieren zu erhöhen, die Zahl von Tieren pro Versuch zu reduzieren und die Tiere nicht übermässig zu belasten.» Er selbst plant, die Methode in seiner neurobiologischen Forschung im Bereich des Imitationslernens zu verwenden.

Publikation

Marks M, Jin Q, Sturman O, von Ziegler L, Kollmorgen S, von der Behrens W, Mante W, Bohacek J, Yanik MF: Deep-learning-based identification, tracking, pose estimation and behaviour classification of interacting primates and mice in complex environments . Nature Machine Intelligence, 21. April 2022, doi: 10.1038/s42256-022-00477-5

. . .

Weitere Meldungen

Neuigkeiten aus der Wissenschaft

Museumskäfer, Motten, Schimmel und der Klimawandel
Thomas Zimmel/VET-MAGAZIN

Hier nagt nicht nur der Zahn der Zeit. Museumskäfer, Motten, Schimmel und der Klimawandel

Die Sonderausstellung im Naturhistorischen Museum Wien ist von 19. März bis 15. Juni 2025 im Saal 21 zu sehen

Rinderzucht Austria-Seminar zum Thema '30 Jahre Nutzungsdauer in der Rinderzucht'
ZuchtData/Steininger

Rinderzucht Austria-Seminar zum Thema „30 Jahre Nutzungsdauer in der Rinderzucht“

Damals ein Meilenstein, heute eine Selbstverständlichkeit, morgen noch modern? Das diesjährige Rinderzucht Austria-Seminar stand ganz im Zeichen der Nutzungsdauer

Hautplatte des Alligators aus Hernals
NHM Wien, Alice Schumacher

Die Alligatoren von Hernals – das jüngste Krokodil-Fossil Mitteleuropas

Die Sammlungen des Naturhistorischen Museums sind großartige Archive der Natur. Allein die Geologisch-Paläontologische Abteilung bewahrt mehr als 5,6 Millionen Objekte

Melkroboter bereits in 2.000 Betrieben in Österreich im Einsatz
Rinderdatenverbund RDV, Grafik: RINDERZUCHT AUSTRIA/Kalcher

Melkroboter bereits in 2.000 Betrieben in Österreich im Einsatz

Der Trend zur Automatisierung in der Milchwirtschaft setzt sich ungebremst fort. Immer mehr Betriebe in Österreich setzen auf Automatische Melksysteme (AMS), um Effizienz und Tierkomfort zu steigern

13 Frauen. Aus der Geschichte des NHM Wien

13 Frauen. Aus der Geschichte des NHM Wien

Dieses Buch macht die Geschichten von Frauen sichtbar, die das Naturhistorische Museums Wien mitgestaltet haben - herausgegeben von Stefanie Jovanovic-Kruspel, Brigitta Schmid und Andrea Krapf

Luchsdame Elli
Alpenzoo

Luchsdame Elli übersiedelte aus dem Alpenzoo Innsbruck in den Wildnispark Zürich

Die Luchsdame Elli hat Innsbruck am 4. März 2025 im Zuge des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms (EEP) verlassen und ist nach Zürich gezogen

HUNDERUNDEN #34: Tiermedizin print & online

HUNDERUNDEN #34: Tiermedizin print & online

Die 34. Ausgabe der HUNDERUNDEN, dem Fachmagazin für Tierärzt:innen, ist am Aschermittwoch 2025 erschienen.

Tierpfleger Niklas Hörper mit den Mähnenrobben
Daniel Zupanc

Inventur im Tiergarten Schönbrunn: 6.043 Tiere aus 518 Arten und Haustierrassen

Von den wendigen Mähnenrobben bis zu den gemächlichen Afrikanischen Schnabelbrustschildkröten - im Tiergarten Schönbrunn wurde wieder gezählt.

Deutsche Wildtier Stiftung

Backstagetour bei Cavalluna Grand Moments: Einblicke in Tierwohl und Tierschutz

Die europaweit tourende Pferdeshow Cavalluna fasziniert mit beeindruckenden Darbietungen, präziser Freiheitsdressur und kunstvollen Reitvorführungen. Doch was geschieht hinter den Kulissen?

Teile diesen Bericht auf:

Werbung via Google
Werbung via Google

Buchtipps Buchtipps Buchtipps

Röntgen Hund und Katze: Thorax und Abdomen
Röntgen Hund und Katze: Thorax und…
(21. Mär 2025) Röntgenbilder sicher befunden Gebundene Ausgabe - herausgegeben von…
Queer: Sex und Geschlecht in der…
(13. Mär 2025) Josh L. Davis ist ist Mitarbeiter des Natural…
13 Frauen. Aus der Geschichte des…
(07. Mär 2025) Dieses Buch macht die Geschichten von Frauen sichtbar…
Wildtierfindlinge in der Tierarztpraxis
(28. Feb 2025) Grundlagen der Wildtierhilfe, praktische Anwendung, tierärztliche Versorgung -…
Der Erfindergeist der Tiere
(17. Feb 2025) Werkzeuge, Ideen und Innovationen. Faszinierende Einblicke in tierische…
Meine Patienten laufen Trab
(11. Feb 2025) Unterwegs als Pferdeärztin auf dem Land - von…

Internationale Veranstaltungen Int. Veranstaltungen Internationale Veranstaltungen

EVECC-Kongress 2025
EVECC-Kongress 2025
(01. Mär 2025) Der 22. European Veterinary Emergency and Critical Care…
FECAVA EuroCongress 2025 in Antwerpen
(17. Feb 2025) FECAVA lädt Sie vom 3. bis 6. September…
Yaboumba Weltkongress 2025
(17. Feb 2025) Der XV. Internationale Kongress für Medizin und Chirurgie…
Webinar zum World Veterinary Dermatology Day…
(13. Jan 2025) Die World Association for Veterinary Dermatology lädt am…
Hill's Global Symposium 2024
(20. Okt 2024) Hosted by Hill's Pet Nutrition on Oct. 24-25…
7. Kroatischer Veterinärkongress 2024
(22. Jul 2024) Der diesjährige Kroatische Veterinärkongress wird vom 24. bis…

Preise und Stipendien Preise und Stipendien Preise und Stipendien

FECAVA-Laboklin-Reisestipendium 2025
FECAVA-Laboklin-Reisestipendium 2025
(19. Mär 2025) Die Tiermedizin kennt keine Grenzen und FECAVA und…
Bewerbungsfrist für den IGN-Forschungspreis für artgemäße…
(13. Mär 2025) Der Forschungspreis der Internationalen Gesellschaft für Nutztierhaltung (IGN)…
Felix Wankel Tierschutz-Forschungspreis geht an Studienteam…
(10. Mär 2025) Alle zwei Jahre zeichnet die Tierärztliche Fakultät der…
Ausschreibung des Herbert-Stiller-Förderpreis für tierfreie Forschung
(06. Mär 2025) Ärzte gegen Tierversuche fördert tierversuchsfreie Forschungsvorhaben mit 20.000…
Raubtiere vs. Bauern: Ceva Wildlife Research…
(03. Mär 2025) Der Ceva Wildlife Research Fund unterstützt ein Projekt…
MSD und die FVE fördern 34…
(07. Feb 2025) MSD Tiergesundheit und der Europäische Tierärzteverband (FVE) zeichnen…