Fortbildung zum Nachgeburtsverhalten
(08.10.2014) Wird nach der Geburt eines Kalbes die Nachgeburt nicht innerhalb von sechs bis 48 Stunden abgestoßen, spricht man von Nachgeburtsverhalten.
In der Regel erfolgt die Abstoßung bereits innerhalb von acht Stunden nach der Geburt. Nachgeburtsverhalten tritt bei Milchkühen häufiger auf als bei Fleischrindern.
Ältere Kühe, Tiere mit hoher Milchleistung und Kühe, die bereits einmal eine Nachgeburtsverhaltung hatten, sind besonders gefährdet.
"Der praktischeTierarzt" beschreibt in einer interaktiven Fortbildung für Tierärzte die Ursachen, Diagnostik und Behandlungsmöglichkeiten.
Voraussetzung für eine normale Geburt und einen zeitnahen Abgang der Nachgeburt ist ein intaktes Immunsystem der Kuh und eine ausgereifte Plazenta.
Sowohl eine verkürzte als auch eine verlängerte Tragezeit können zu einer Nachgeburtsverhaltung führen, wenn die Plazenta mangelhaft ausgereift ist oder der Lösungsprozess innerhalb der Plazentome (Verbindung der Nachgeburt mit der Gebärmutter) behindert wird.
Stoffwechselstörungen und Mangelernährung (Ketose, Hypokalzämie, Selenmangel), Entzündungsprozesse innerhalb des Uterus sowie Stress und Schmerz gelten als weitere mögliche Ursachen.
Die Autoren weisen ausdrücklich darauf hin, dass es gerade nach einer Geburtshilfe zu Problemen mit der Nachgeburt kommt. Offensichtlich führen die Eingriffe im Uterus und im Geburtskanal zu Traumen und dadurch zu einer verminderten Hormonausschüttung im weiteren Geburtsverlauf.
Nach einem Nachgeburtsverhalten entwickelt sich häufig eine Entzündung der Gebärmutter. Daher ist bei der Abnahme der Nachgeburt unbedingt auf gute hygienische Bedingungen zu achten. Kritiker der manuellen Abnahme warnen vor einer Schädigung der Uterusschleimhaut und damit verbunden erhöhtem Infektionsrisiko.
Aber auch eine grundsätzliche Antibiotikabehandlung sei zu hinterfragen, so die Autoren des Beitrags, und sollte ausschließlich bei Kühen mit Fieber durchgeführt werden. Bewährt habe sich dagegen die Verabreichung von Oxytocin und Carbetocin, die vermehrt Kontraktionen des Unterus auslösen und so den Ausstoß der Nachgeburt beschleunigen.
Renate Kessen, aid.de