Studie zu den Treibhausgasen, die bei der Haltung von Nutztieren entstehen

(22.12.2013) Diskussionen über Klimaschutz konzentrieren sich meist auf Optionen zur Reduktion von CO2-Emissionen. Treibhausgasen, die bei der Haltung von Nutztieren entstehen, wird zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt, wie ein internationales Forscherteam gezeigt hat.

Um den Klimawandel verlangsamen zu können, müssen nicht nur CO2-Emissionen, sondern auch andere Treibhausgase reduziert werden, so die Wissenschaftler.

Der verminderte Ausstoß von Methan und Distickstoffoxid - zwei Gase, die pro Kilogramm stärker zur Erderwärmung beitragen als CO2 - muss genauso in Betracht gezogen werden, wie die Reduktion von fossilen Brennstoffen.

Die Analyse „Ruminants, climate change, and climate policy“ („Wiederkäuer, Klimawandel und Klimapolitik“) ist heute als Kommentar in Nature Climate Change, einem renommierten Fachjournal, erschienen.

William Ripple, Forscher an der Fakultät für Forstwirtschaft an der Oregon State University sowie Co-Autoren aus Schottland, Australien, den USA sowie von der Alpen-Adria Universität (Institut für Soziale Ökologie in Wien) stützen ihre Schlussfolgerungen auf den aktuellen Wissensstand über Treibhausgase, den Klimawandel sowie Nahrungsmittel- und Umweltfragen.

Sie haben eine Vielfalt von Quellen herangezogen, unter anderem die Food and Agricultural Organization, die United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC) und aktuelle Fachpublikationen.

„Da sich das Klima der Erde an einem entscheidenden Wendepunkt befindet, benötigen wir mehrere Ansätze zur Abschwächung des bevorstehenden Klimawandels“, so Ripple. „Wir müssen den Einsatz von fossilen Brennstoffen deutlich reduzieren, um CO2-Emssionen zu verringern. Aber das löst nur einen Teil des Problems. Darüber hinaus müssen wir auch andere Treibhausgase als CO2 vermindern, um diese kritische klimatische Schwelle nicht zu überqueren.“

Methan ist weltweit das zweitwichtigste Treibhausgas. Ein kürzlich erschienener Bericht schätzt, dass der Methanausstoß in den USA viel höher ist als gedacht.

Der größte Teil der durch menschliche Aktivitäten verursachten Methanemissionen stammt von Wiederkäuern (Rinder, Schafe, Ziegen und Büffel) sowie aus der Nutzung fossiler Brennstoffe.

Folglich bestünde einer der effektivsten Wege zur Verminderung des Methanausstoßes darin, die weltweite Zahl der Wiederkäuer, insbesondere Rinder, zu verringern.

Bei einer Analyse der neuesten Schätzungen der Treibhausgasemissionen in der Lebensmittelproduktion fanden die Forscher heraus, dass die Emissionen bei Rind- und Schafprodukten pro Kilogramm Lebensmittel um 19 bis 48 Mal höher sind (als bei proteinreichen pflanzlichen Lebensmitteln wie Bohnen, Getreide oder Sojaprodukten.

Wiederkäuer produzieren im Gegensatz zu nicht-wiederkäuenden Tieren wie Schweinen und Hühnern große Mengen an Methan in ihrem Verdauungstrakt.

Obwohl CO2 das mengenmäßig wichtigste Treibhausgas ist, könnte man die Ursachen der globalen Erwärmung, so die Autoren, durch weniger Wiederkäuer und einen damit verbundenen geringeren Methanausstoß rascher bekämpfen als nur durch eine reine CO2-Reduktion.

Die Wissenschaftler heben außerdem hervor, dass die Haltung von Wiederkäuern global gesehen einen wachsenden Einfluss auf die Umwelt hat.

  • Weltweit hat die Zahl der Wiederkäuer in den vergangenen 50 Jahren um 50 Prozent zugenommen, derzeit gibt es rund 3,6 Milliarden Wiederkäuer.
  • Mehr als ein Viertel der Landflächen auf der Erde werden als Weideland genutzt, vor allem für Rinder, Schafe und Ziegen.
  • Ein Drittel der weltweiten Ackerfläche wird für den Anbau von Futterpflanzen genutzt.

Wird die Zahl der wiederkäuenden Tiere reduziert, verringern sich nicht nur die direkten Methanemissionen sondern auch die Treibhausgase, die beim Anbau von Futterpflanzen entstehen, fügen die Autoren hinzu.

„Die Nachfrage nach Fleischprodukten zu senken, würde helfen, beträchtliche Treibhausgasreduktionen in naher Zukunft zu erzielen“, betont Co-Autor Helmut Haberl, der am Institut für Soziale Ökologie an der Alpen-Adria-Universität forscht. Und er fügt hinzu: „Die Nachfrage zu verändern, stellt eine beachtliche politische Herausforderung dar.“

Eine sinkende Nachfrage nach Fleisch von Wiederkäuern bietet mehr Potential, Treibhausgase zu minimieren als zum Beispiel die Fütterung bei Nutztieren oder den Ernteertrag pro Feld effizienter zu machen.

Der beste Weg, um schnelle und nachhaltige Klimaverbesserungen zu erreichen, ist die Kombination aus beidem -Reduktion von Methanemissionen und der Nachfrage nach Fleisch.

Pete Smith, Co-Autor von der University of Aberdeen in Schottland, fügt hinzu: „Eine sinkende Zahl an Wiederkäuern würde auch andere Vorteile in Bezug auf Nahrungssicherheit, Gesundheit und Umweltschutz – zum Beispiel in punkto Wasserqualität, Lebensraum für Tier- und Pflanzenwelt und Artenvielfalt - mit sich bringen.“

Die Autoren betonen, dass internationale Klimadiskussionen wie die United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC) der Reduktion von Treibhausgasen bei Wiederkäuern nicht genug Aufmerksamkeit schenken. Das Kyoto-Protokoll beispielsweise beschäftigt sich nicht mit diesen tierischen Emissionen in Entwicklungsländern, die jedoch zu den am schnellsten wachsenden Nutztierproduzenten zählen.

Weitere Co-Autoren sind Stephen A. Montzka von der U.S. National Oceanic and Atmospheric Administration, Clive McAlpine von der University of Queensland in Australien und Douglas Boucher von der Union of Concerned Scientists in Washington D.C.

Publikation

Ruminants, climate change and climate policy
William J. Ripple,1 Pete Smith,2 Helmut Haberl,3, 4 Stephen A. Montzka,5 Clive McAlpine6 & Douglas H. Boucher7
www.nature.com/nclimate/journal/v4/n1/full/nclimate2081.html



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