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Die Beweidung durch Haus- und Wildtiere prägt Landschaften in ganz Europa.
A. Pohl
Allgemein

Extensive Beweidung durch Haus- und Wildtiere ist gut für die lokale Biodiversität

Ein Forschungsteam unter Leitung des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv), der Universität Leipzig und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) hat untersucht, mit welcher Motivation Landnutzer in Europa eine extensive Beweidung betreiben und welchen Herausforderungen sie gegenüberstehen.

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Die Ergebnisse der Befragungen wurden im Fachmagazin Land Use Policy veröffentlicht . Sie zeigen, dass flexiblere Förderbedingungen zu einer Verbesserung beitragen könnten.

Die Beweidung durch Haus- und Wildtiere prägt Landschaften in ganz Europa. Sie trägt zu verschiedenen Ökosystemleistungen bei, etwa zur Bereitstellung von Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten oder zum Schutz vor Überschwemmungen.

Extensive Weidesysteme mit einer geringeren Dichte an Tieren und mit einer minimalen, gezielten Nutzung von Entwurmungsmitteln und anderen Behandlungen bieten lokal Vorteile für den Schutz der biologischen Vielfalt und für verschiedene Ökosystemleistungen.

Doch angesichts der Herausforderungen, die diese Form der Bewirtschaftung birgt, nimmt die Zahl der Landnutzer, die eine extensive Beweidung betreiben, ständig ab. Ein Forschungsteam unter der Leitung von iDiv, UL und UFZ hat genau diese Herausforderungen und mögliche Interventionen in acht europäischen Fallstudien untersucht.

Zwischen 2019 und 2021 führten sie 74 Interviews mit Landwirten, Landeigentümern, Viehhaltern und Managern eines Renaturierungsgebietes, das von Wildpferden und halbwilden Rindern beweidet wird.

Landnutzer sind auf Subventionen angewiesen, aber Geld ist nicht alles

In den Interviews wollten die Forscherinnen und Forscher mehr über die Beweggründe und Herausforderungen der Landnutzer erfahren, die sich für eine extensive Beweidung einsetzen – und das, obwohl wirtschaftliche Überlegungen immer wichtiger werden.

Denn die Einnahmen durch die Bewirtschaftung der Flächen reichen nicht mehr aus, um die steigenden Kosten für Ausrüstung, Pacht und Steuern zu decken.

„Geld ist nicht alles. Viele der von uns befragten Landnutzer haben sich für diese Art des Weidemanagements entschieden, weil sie es für gut halten, und nicht aus einer wirtschaftlichen Motivation heraus“, sagt Erstautorin Dr. Julia Rouet-Leduc. Rouet-Leduc leitete das Projekt als Doktorandin bei iDiv und an der UL und forscht mittlerweile am Stockholm Resilience Centre. Die Sorge um die Natur sei für die Landnutzer ein durchaus wichtiger Aspekt, und in einigen Fällen auch der Wunsch, traditionelle landwirtschaftliche Praktiken beizubehalten.

Dies bestätigte auch ein Landnutzer, der in Galizien (Spanien) mit wilden Ponys arbeitet: „Der Hauptgrund, weshalb dieses System überhaupt noch aufrechterhalten wird, ist, dass die Leute ... die Ponys lieben; sie haben das Pferdefieber, und die Tradition ist tief in ihren Herzen verankert.“

Die Forscherinnen und Forscher fanden heraus, dass viele Landnutzer mit Regeln und Vorschriften zu kämpfen haben, die mit einem extensiven Weidemanagement unvereinbar scheinen. Als hinderlich empfunden wurden beispielsweise Vorschriften zur Kennzeichnung des Viehs – eine sehr schwierige Aufgabe, wenn die Tiere auf großen Flächen frei weiden dürfen. 

Nach Ansicht der Landnutzer behinderten die geltenden politischen Maßnahmen, insbesondere die Gemeinsame Agrarpolitik der Europäischen Kommission (GAP), naturnahe und nachhaltige Praktiken.

Ein Landnutzer in Rumänien beschrieb, dass die Landwirte alle Sträucher von ihren Weiden entfernen müssten, da sie sonst keine Subventionen erhielten oder ihnen sogar Bußgelder auferlegt wurden.

Diese Sträucher erfüllen jedoch innerhalb des Ökosystems wichtige Funktionen, indem sie beispielsweise im Sommer Schatten spenden und im Winter für das Vieh eine zusätzliche Nahrungsquelle darstellen. Im Allgemeinen wurde die GAP als zu restriktiv empfunden, und viele Landnutzer beantragten lieber gar keine Subventionen. „Indem wir keine Beihilfen beantragen, können wir wirklich frei entscheiden, was für das lokale Ökosystem am besten ist“, erklärte ein belgischer Landnutzer.

Landflucht gefährdet traditionelle Jobs

Die Interviews zeigten auch, dass viele Landnutzer mit den sozioökonomischen Veränderungen auf dem Land zu kämpfen haben. Die Landflucht führt zu einem Mangel an Arbeitskräften, während körperliche Arbeit nach wie vor unersetzbar ist, insbesondere bei der Arbeit mit Rindern und Pferden. 

„Die nächste Generation will nicht in der Landwirtschaft arbeiten, weil es zu hart ist, zu viel Arbeit“, sagte ein Landnutzer aus Litauen. „Sie wandern lieber aus und suchen sich einen Job, der weniger anstrengend ist.“

„Die GAP könnte Landwirtschaftsflächen mit hohem Naturwert stärken und Anreize für Landwirte schaffen, um extensive Weidesysteme zu erhalten oder wiederherzustellen“, meint Seniorautor Dr. Guy Pe’er, der am UFZ und bei iDiv forscht. 

„Es liegt nicht daran, dass kein Budget da ist. Sondern eher am mangelnden Ehrgeiz, eine nachhaltige Landwirtschaft zu unterstützen.“

Mehr Flexibilität und besserer Zugang zu Märkten

Auf Basis der Interviews leitete das Forschungsteam mögliche Maßnahmen zur Förderung extensiver Beweidungspraktiken ab. „Was wir brauchen, ist mehr Flexibilität für die Landnutzer“, findet Rouet-Leduc. 

„Die derzeitige Politik fördert solche Praktiken größtenteils nicht und bietet vor allem keine gleichen Wettbewerbsbedingungen.“

Die GAP der EU biete zwar wichtige wirtschaftliche Unterstützung, fördere aber mit problematischen Anforderungen auch eine kontraproduktive Bewirtschaftung. Zusätzliche finanzielle Anreize könnten die Unterstützung für ein extensives Weidemanagement verbessern, so die Autoren der Studie. 

Vor allem in Gebieten, in denen Land aufgegeben wurde, böten sich viele Möglichkeiten für ein Rewilding mit großen Pflanzenfressern, die verschiedene Ökosystemleistungen erbringen. Aber auch das sei ohne Flexibilität nicht möglich, denn die Unterschiede zur Bewirtschaftung mit domestizierten Tieren seien erheblich.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler empfehlen außerdem eine bessere Kennzeichnung und Zertifizierung von umweltfreundlicher Beweidung, um die öffentliche Unterstützung zu erhöhen und die Entwicklung von Märkten für solche Produkte zu fördern. Einige der befragten Landnutzer waren zudem der Ansicht, dass der Marktzugang durch die Förderung der Direktvermarktung verbessert werden könnte, beispielsweise über Hofläden.

„Es gibt definitiv echte Herausforderungen für die Landwirte, die nicht leicht zu bewältigen sind“, meint Pe’er mit Blick auf die anhaltenden Bauerndemonstrationen. 

„Aber die Abschaffung von Umweltstandards wird den Landnutzern nicht helfen. Sie brauchen ein Paket aus Maßnahmen, das eine ehrgeizige GAP-Reform umfasst, die Landwirte unterstützt, die nachhaltiger wirtschaften; ein Gesetz zur Wiederherstellung der Natur, um die Standards für gute Bewirtschaftung zu verbessern; und einen Rahmen für nachhaltige Lebensmittelsysteme, um die Marktoptionen für eine nachhaltige Landwirtschaft zu verbessern.“

Diese Studie wurde unter anderem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG; FZT-118) und im Rahmen von GRAZELIFE, einem LIFE-Vorbereitungsprojekt im Auftrag der Europäischen Kommission zur Bewertung der Auswirkungen verschiedener Beweidungssysteme auf die Bereitstellung von Ökosystemdienstleistungen (LIFE18PRE/NL002), gefördert.

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