Jahrtausende alter Fernhandel formt sibirische Hunde

(21.09.2021) Der LMU-Paläogenomiker Laurent Frantz hat mit einem internationalen Wissenschaftlerteam die Abstammung alter und historischer Hunde im arktischen Sibirien mittels genetischer Analysen untersucht.

Im Lauf der letzten 2.000 Jahre wurden immer wieder Hunde aus Eurasien nach Sibirien importiert, vermutlich im Zusammenhang mit gesellschaftlichen Veränderungen.

Dies führte zur Entstehung moderner sibirischer Hundelinien wie den Samojeden.

Archäologische Funde deuten darauf hin, dass die Menschen Nordwestsibiriens bereits vor 2.000 Jahren weitreichende Handelsbeziehungen unterhielten.


Rentierhütehunde auf der Jamal-Halbinsel in Nordwestsibirien
Das Aufkommen des Handels war Teil einer Reihe prägender gesellschaftlicher Veränderungen, die zu dieser Zeit einsetzten – und hinterließ im Lauf der Zeit auch im Genom der sibirischen Hunde Spuren, wie ein internationales Team um den LMU-Paläogenomiker Laurent Frantz nun anhand umfangreicher genetischer Analysen zeigen konnte.

Insgesamt analysierten die Wissenschaftler die Genome von 49 bis zu 11.000 Jahre alten Hunden aus Sibirien und Eurasien.

hre Ergebnisse zeigen: Während sich arktische Hunde bis mindestens vor 7.000 Jahren nahezu isoliert von anderen Hundepopulationen entwickelten, spiegeln die Genome der jüngeren Hunde ab der Eisenzeit vor 2.000 Jahren bis ins Mittelalter hinein immer wieder eine signifikante Vermischung mit Hundespezies aus der eurasischen Steppe und aus Europa wider – „es müssen also Hunde aus diesen Regionen importiert worden sein, was darauf schließen lässt, dass es Fernhandelsbeziehungen gab“, sagt Erstautorin Dr. Tatiana Feuerborn von der Universität Kopenhagen.

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass der Import der Hunde mit gesellschaftlichen Veränderungen zusammenhing, etwa dem Import von Eisen vor 2.000 Jahren oder der ersten Nutzung von Rentieren als Transportmittel. „Die ursprünglichen arktischen Hunde waren wahrscheinlich vor allem Schlittenhunde“, sagt Frantz.


Rentierhütehund auf der Jamal-Halbinsel in Nordwestsibirien.

„Als die Menschen begannen, größere Rentierherden zu halten, erwarben sie vermutlich Hunde, die besser für das Hüten von Herden geeignet waren. Aus der Vermischung der Populationen entstanden möglicherweise Hunderassen, die sowohl für die Hütearbeit geeignet, als auch an die rauen klimatischen Bedingungen angepasst waren.“

Diese Vermischung führte schließlich zur Entstehung moderner sibirischer Hundelinien wie den heutigen Samojeden. „Ein großer Teil des Genoms der Samojeden kann auf alte arktische Blutlinien zurückgeführt werden“, sagt Frantz, „aber es weist viel mehr westliche Einflüsse auf als beispielsweise der Husky.“

Seit dem Mittelalter haben sich Samojeden allerdings ziemlich unverändert erhalten, da es danach kaum Vermischung mit anderen Hunden gab. „Samojeden“ heißen die Tiere aber erst, seit Polarforscher wie der Brite Ernest Shackleton sie aus der Arktis importierten und eine gezielte Zucht begann.

„Zuvor war es einfach eine Population von Arbeitshunden“, sagt Frantz.

Archäologische Funde deuten darauf hin, dass die Menschen Nordwestsibiriens bereits vor 2.000 Jahren weitreichende Handelsbeziehungen unterhielten.

Das Aufkommen des Handels war Teil einer Reihe prägender gesellschaftlicher Veränderungen, die zu dieser Zeit einsetzten – und hinterließ im Lauf der Zeit auch im Genom der sibirischen Hunde Spuren, wie ein internationales Team um den LMU-Paläogenomiker Laurent Frantz nun anhand umfangreicher genetischer Analysen zeigen konnte.

Insgesamt analysierten die Wissenschaftler die Genome von 49 bis zu 11.000 Jahre alten Hunden aus Sibirien und Eurasien.

Ihre Ergebnisse zeigen: Während sich arktische Hunde bis mindestens vor 7.000 Jahren nahezu isoliert von anderen Hundepopulationen entwickelten, spiegeln die Genome der jüngeren Hunde ab der Eisenzeit vor 2.000 Jahren bis ins Mittelalter hinein immer wieder eine signifikante Vermischung mit Hundespezies aus der eurasischen Steppe und aus Europa wider – „es müssen also Hunde aus diesen Regionen importiert worden sein, was darauf schließen lässt, dass es Fernhandelsbeziehungen gab“, sagt Erstautorin Dr. Tatiana Feuerborn von der Universität Kopenhagen.

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass der Import der Hunde mit gesellschaftlichen Veränderungen zusammenhing, etwa dem Import von Eisen vor 2.000 Jahren oder der ersten Nutzung von Rentieren als Transportmittel.

„Die ursprünglichen arktischen Hunde waren wahrscheinlich vor allem Schlittenhunde“, sagt Frantz.

„Als die Menschen begannen, größere Rentierherden zu halten, erwarben sie vermutlich Hunde, die besser für das Hüten von Herden geeignet waren. Aus der Vermischung der Populationen entstanden möglicherweise Hunderassen, die sowohl für die Hütearbeit geeignet, als auch an die rauen klimatischen Bedingungen angepasst waren.“

Diese Vermischung führte schließlich zur Entstehung moderner sibirischer Hundelinien wie den heutigen Samojeden. „Ein großer Teil des Genoms der Samojeden kann auf alte arktische Blutlinien zurückgeführt werden“, sagt Frantz, „aber es weist viel mehr westliche Einflüsse auf als beispielsweise der Husky.“ Seit dem Mittelalter haben sich Samojeden allerdings ziemlich unverändert erhalten, da es danach kaum Vermischung mit anderen Hunden gab.

„Samojeden“ heißen die Tiere aber erst, seit Polarforscher wie der Brite Ernest Shackleton sie aus der Arktis importierten und eine gezielte Zucht begann. „Zuvor war es einfach eine Population von Arbeitshunden“, sagt Frantz.

Publikation

Feuerborn et al.: Modern Siberian dog ancestry was shaped by several thousand years of Eurasian-wide trade and human dispersal
PNAS 2021



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