Schnelle Genomanalyse eines Windhundes setzt neuen Maßstab für Artenschutz-Forschung
Der fortschreitende weltweite Verlust an Artenvielfalt macht es zunehmend erforderlich, genetische Informationen bedrohter Arten schnell zu erfassen und auszuwerten.
Die Abteilung für Humangenetik des Bioscientia Instituts für Medizinische Diagnostik GmbH in Ingelheim am Rhein und das hessische LOEWE-Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik (LOEWE-TBG) haben in einem Kooperationsprojekt in weniger als einer Woche das komplette Genom eines Windhundes erfasst und ausgewertet – ein Fortschritt, der die Genomforschung im Arten- und Biodiversitätsschutz nachhaltig beeinflussen könnte.
Die Studie wurde im Fachjournal „GigaByte“ veröffentlicht.
Die Studie wurde im Fachjournal „GigaByte“ veröffentlicht.
Bei der Analyse des Windhund-Erbguts, die das Bioscientia Institut und das LOEWE-Zentrum TBG gemeinsam vornahmen, kam eine neue Technologie zum Einsatz: Ganze Genome werden sehr präzise und in langen Abschnitten, sogenannten „long reads“, sequenziert.
Am Beispiel des Windhundes, eines der schnellsten Landtiere, gelang dies in Rekordzeit. Dies ist nicht nur ein technischer Erfolg, sondern wurde auch als symbolisches Projekt initiiert, um der Herausforderung des Artensterbens zu begegnen.
„Wir zeigen, dass wir vollständige Genominformationen in wenigen Tagen – und nicht Monaten – erhalten und analysieren können“, erklärt Prof. Dr. Hanno Bolz, Leiter der Humangenetik bei Bioscientia. Die neuartige Kooperation der Bioscientia-Humangenetiker*innen mit den Forscher*innen des LOEWE-Zentrums TBG setzt damit einen neuen Maßstab und stellt ein effektives Instrument für die Biodiversitätsforschung bereit.
Zügige Analyseergebnisse sind für den Schutz bedrohter Arten zunehmend wichtig, denn Zeit ist angesichts des schnellen Biodiversitätsverlusts mittlerweile ein entscheidender Faktor.
„Mit solchen Projekten können wir wichtige genetische Informationen für bedrohte Arten schnell verfügbar machen. Das hilft uns nicht nur dabei, ihre evolutionären Anpassungen zu verstehen, sondern auch, gezielte Schutzmaßnahmen zu entwickeln“, berichtet Dr. Carola Greve, Laborleiterin am LOEWE-Zentrum TBG.
Über das Windhund-Projekt hinaus wird in Kürze eine gemeinsame Studie der beiden Forschungspartner über den vom Aussterben bedrohten Gartenschläfer publiziert. Zahlreiche weitere gemeinsame Sequenzierungsprojekte laufen bereits.
In der Abteilung für Humangenetik des Bioscientia Instituts analysieren rund 100 Expert*innen jährlich tausende Genome sowie die proteinkodierenden Regionen von Genomen, sogenannte Exome, um die Ursachen seltener genetischer Erkrankungen von Patient*innen aus der ganzen Welt zu klären.
Die innovative „long read“-Genomsequenzierung, die beim Windhund verwendet wurde, setzt Bioscientia als erstes Labor überhaupt bereits in der humangenetischen Diagnostik ein. Genetische Erkrankungen des Menschen können so effizienter identifiziert werden, was auch die Behandlungsmöglichkeiten maßgeblich verbessern kann.
Die Wissenschaftler*innen am LOEWE-Zentrum TBG, das bei der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung in Frankfurt am Main angesiedelt ist, entschlüsseln Genome vieler nicht-menschlicher Organismen, von Bakterien bis zu Walen.
Diese Informationen liefern wertvolle Informationen über – oft gefährdete – Pflanzen und Tiere sowie Einblicke in ihre biologischen Beziehungen, Evolution und Anpassungen an Umweltbedingungen. Grundlagen- und angewandte Forschung, einschließlich Naturschutzmanagement, profitieren davon.
Publikation
Marcel Nebenführ, David Prochotta, Alexander Ben Hamadou, Axel Janke, Charlotte Gerheim, Christian Betz, Carola Greve, Hanno J. Bolz
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