Katzenseuche: Mütterliche Antikörper behindern Impfschutz bei jungen Katzen
Wiederholte Berichte von Katzenzüchtern über Katzenseuche-Ausbrüche in geimpften Beständen stellten die Wirksamkeit der Impfung in Frage. Um dies zu überprüfen, initiierte das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) eine Feldstudie.
Katzenseuche (Feline Panleukopenie) ist eine schwere virusbedingte Katzenkrankheit, die tödlich verlaufen kann. Deshalb sollen Kätzchen routinemäßig im Alter von acht Wochen dagegen geimpft werden.
Über die Ergebnisse berichtete BMC Veterinary Research online am 21.05.2012: Von der Mutter übertragene Antikörper verhindern schon in geringen Konzentrationen die Entwicklung eigener Antikörper – und damit eine aktive Immunisierung. Änderungen in der Impfstrategie sind notwendig.
Seit 2007 erhielt das PEI mehrfach Meldungen zu Katzenseuche-Ausbrüchen in geimpften Zuchten. Das PEI bewertete diese als Verdachtsfälle auf mangelhafte Wirksamkeit.
Dr. Klaus Cußler, Referatsleiter "Sicherheit veterinärmedizinische Mittel, Tierschutz", regte eine so genannte Feldstudie an, um die Entwicklung der serologischen Immunantwort während der Grundimmunisierung zu untersuchen.
Leiterin der Studie war Verena Jakel, Wissenschaftlerin der Abteilung Veterinärmedizin des PEI.
Für die Studie wurden 64 Kätzchen aus 16 Würfen jeweils im Alter von acht, zwölf und 16 Wochen mit drei marktüblichen Impfstoffen gegen Katzenseuche geimpft. Dieses Schema entspricht den Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission für Tiere (STIKO Vet.).
Vor jeder der drei Impfungen und abschließend nach 20 Wochen wurden Blutproben entnommen und auf Antikörper gegen den Erreger der Katzenseuche, das Feline Panleukopenie-Virus aus der Gattung der Parvoviren, untersucht. Die Testergebnisse zeigten in bestimmten Fällen Mängel in der Wirksamkeit der Impfung bei der bisher empfohlenen frühen Anwendung.
Trotz einer dreifachen Impfung entwickelte gut ein Drittel der Tiere (36,7 Prozent) keinen nachweisbaren Immunschutz. Bei den meisten Kätzchen konnten maternale Antikörper (MAK) nachgewiesen werden, was erklärt, weshalb nach der Impfung kein ausreichender Immunschutz aufgebaut wurde.
MAK neutralisieren das Impfantigen, bevor das Immunsystem des Kätzchens damit in Kontakt kommt.
Die bisherige Lehrmeinung, dass MAK in der Regel mit zwölf Wochen aus dem Blut der Kätzchen verschwunden sind, wurde damit in Frage gestellt. Die meisten Katzen wiesen auch im Alter von zwölf, manche sogar noch mit 20 Wochen einen signifikanten MAK-Spiegel auf. Der überwiegende Anteil dieser Tiere zeigte nach der Impfung keine Serokonversion.
Die Serokonversion, d.h. die Ausbildung oder der Anstieg des Antikörpertiters gegen das Katzenseuchevirus, gilt als Maß für eine erfolgreiche Impfung und somit als Marker für einen ausreichenden Schutz. Auch zeigte sich, dass bereits deutlich niedrigere Titer als bisher angenommen die Entwicklung einer ausreichenden Immunantwort verhinderten.
Niedrige MAK-Titer bieten keinen Schutz vor der Katzenseuche, verhindern aber die Ausbildung eines aktiven Impfschutzes. "Wir halten nun weitere Studien für notwendig, da sich die drei untersuchten Impfstoffe in ihrer Fähigkeit, trotz MAK eine Immunantwort zu induzieren, deutlich unterschieden", so die Studienleiterin Verena Jakel.
"Die Kombination unserer Expertise im Bereich der Zulassung von Veterinärimpfstoffen und Pharmakovigilanz mit eigenen experimentellen Arbeiten versetzen uns in die Lage, die Effektivität der Impfung in der allgemeinen Anwendung zu untersuchen", sagt Professor Klaus Cichutek, Präsident des PEI.
"Ergebnisse dieser unabhängigen Feldstudie zur Wirksamkeit der Katzenseuche-Impfung zeigen, wie wichtig regulatorische Forschung für die Praxis ist", so Cichutek weiter.
Züchter und Besitzer von jungen Katzen sollten aufgrund der Studiendaten mit ihrem Tierarzt frühzeitig die passende Impfstrategie besprechen. Entscheidend für den besten Impfzeitpunkt sind die Lebensumstände, unter denen die Kätzchen groß werden sowie die Impfhistorie des Muttertieres. Deren Antikörpertiter gibt einen guten Hinweis auf den frühesten Impfzeitpunkt der Kätzchen.
Je höher der Antikörpertiter der Mutter, desto später sollte der Nachwuchs erstmalig geimpft werden. Idealerweise erfolgt die erste Impfung erst, wenn keine MAK mehr nachweisbar oder zu erwarten sind.
Allerdings sollten Kätzchen, bei denen die Lebensumstände die Wahrscheinlichkeit einer Infektion begünstigen (Freigängerkatzen, Mehrkatzenhaushalte, Tierheimkatzen) früher und häufiger geimpft werden als Tiere mit geringem Infektionsrisiko.
Bei Kätzchen, bei denen nicht bekannt ist, ob sie MAK besitzen oder nicht, z.B. bei Fundtieren, sollte eine erste Impfung unmittelbar erfolgen. Anhand einer doppelten Serumprobe kann der Erfolg dieser Impfung und somit die Notwendigkeit und der Zeitpunkt von Wiederholungsimpfungen festgestellt werden.
In der Studie blieb bei vielen Kätzchen bereits bei einem MAK-Titer von 1:10 die Serokonversion aus. Da bei solchen Katzen trotz Impfung von einem fehlenden Schutz ausgegangen werden muss, müssen sie erneut geimpft werden. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass über die serologische Kontrolle des Impferfolgs die Tiere identifiziert werden können, die keine ausreichende Immunantwort aufgebaut haben.
Dies würde dazu beitragen nur so viel zu impfen, wie notwendig ist. Dr. Karin Duchow, Leiterin des Fachgebietes "Virusimpfstoffe II" der Abteilung Veterinärmedizin des PEI und Mitglied der STIKO Vet.: "Die Impfkommission sollte auf der Basis dieser Daten entscheiden, ob und unter welchen Bedingungen die Bestimmung des Antikörpertiters zur Optimierung des Impfzeitpunktes, entweder beim Muttertier oder bei den Katzenwelpen, allgemein zu empfehlen ist."
Hintergrund
Der Erreger der Katzenseuche, das Feline Panleukopenie Virus, gehört zur Gattung der Parvoviren und ist endemisch in vielen Katzenpopulationen zu finden. Das Virus konnte als Todesursache bei einem Viertel aller pathologisch untersuchten jungen Katzen nachgewiesen werden.
Bei neugeborenen Kätzchen sterben mehr als 90 Prozent aller infizierten Tiere. Am häufigsten wird die Erkrankung bei Kätzchen im Alter von zwei bis fünf Monaten diagnostiziert. Ältere Tiere zeigen dagegen häufig nur subklinische oder milde Symptome.
Die Kätzchen erhalten maternale Antikörper über die Vormilch (Kolostrum). Die Menge der MAK hängt vom Immunstatus der Mutter, der Qualität des Kolostrums und der Dauer des Säugens ab.
Originalpublikation
Jakel V, Cussler K, Hanschmann KM, Truyen U, König M, Kamphuis E, Duchow K (2012): Vaccination against Feline Panleukopenia: Implication from a field study in kittens.
BMC Veterinary Research 8.
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