VET-MAGAZIN logo
Studie widerspricht umstrittener These zur Lebensraumfragmentierung
Wolkenkratzer via Wikimedia Commons
Strategische Partnerwahl bei Guinea-Pavianen
Tessa Frank/Deutsches Primatenzentrum GmbH
Strategische Partnerwahl bei Guinea-Pavianen
Wie Zebrafische Herzmuskelzellen regenerieren
Elvira Eberhardt/Uni Ulm
Lebensräume für Fischnachwuchs am Niederrhein
Michel Roggo
Komplexe Evolution: Fortgeschrittene kognitive Fähigkeiten bei Vögeln
Kolossos via Wikimedia Commons
Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf Tiere viel tiefgreifender als angenommen
Stefan Meyer
Illegale Tötung ist größte Bedrohung für Luchse
Thomas Hulik - stock.adobe.com
Fledermäuse spielen in Südostasien Schlüsselrolle bei der Bekämpfung von Reisschädlingen
Fledermäuse spielen in Südostasien
Allgemein

Katzenseuche: Mütterliche Antikörper behindern Impfschutz bei jungen Katzen

Wiederholte Berichte von Katzenzüchtern über Katzenseuche-Ausbrüche in geimpften Beständen stellten die Wirksamkeit der Impfung in Frage. Um dies zu überprüfen, initiierte das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) eine Feldstudie.

. . .

Katzenseuche (Feline Panleukopenie) ist eine schwere virusbedingte Katzenkrankheit, die tödlich verlaufen kann. Deshalb sollen Kätzchen routinemäßig im Alter von acht Wochen dagegen geimpft werden. 

Über die Ergebnisse berichtete BMC Veterinary Research online am 21.05.2012: Von der Mutter übertragene Antikörper verhindern schon in geringen Konzentrationen die Entwicklung eigener Antikörper – und damit eine aktive Immunisierung. Änderungen in der Impfstrategie sind notwendig.

Seit 2007 erhielt das PEI mehrfach Meldungen zu Katzenseuche-Ausbrüchen in geimpften Zuchten. Das PEI bewertete diese als Verdachtsfälle auf mangelhafte Wirksamkeit.

Dr. Klaus Cußler, Referatsleiter "Sicherheit veterinärmedizinische Mittel, Tierschutz", regte eine so genannte Feldstudie an, um die Entwicklung der serologischen Immunantwort während der Grundimmunisierung zu untersuchen.

Leiterin der Studie war Verena Jakel, Wissenschaftlerin der Abteilung Veterinärmedizin des PEI.

Für die Studie wurden 64 Kätzchen aus 16 Würfen jeweils im Alter von acht, zwölf und 16 Wochen mit drei marktüblichen Impfstoffen gegen Katzenseuche geimpft. Dieses Schema entspricht den Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission für Tiere (STIKO Vet.).

Vor jeder der drei Impfungen und abschließend nach 20 Wochen wurden Blutproben entnommen und auf Antikörper gegen den Erreger der Katzenseuche, das Feline Panleukopenie-Virus aus der Gattung der Parvoviren, untersucht. Die Testergebnisse zeigten in bestimmten Fällen Mängel in der Wirksamkeit der Impfung bei der bisher empfohlenen frühen Anwendung.

Trotz einer dreifachen Impfung entwickelte gut ein Drittel der Tiere (36,7 Prozent) keinen nachweisbaren Immunschutz. Bei den meisten Kätzchen konnten maternale Antikörper (MAK) nachgewiesen werden, was erklärt, weshalb nach der Impfung kein ausreichender Immunschutz aufgebaut wurde.

MAK neutralisieren das Impfantigen, bevor das Immunsystem des Kätzchens damit in Kontakt kommt.

Die bisherige Lehrmeinung, dass MAK in der Regel mit zwölf Wochen aus dem Blut der Kätzchen verschwunden sind, wurde damit in Frage gestellt. Die meisten Katzen wiesen auch im Alter von zwölf, manche sogar noch mit 20 Wochen einen signifikanten MAK-Spiegel auf. Der überwiegende Anteil dieser Tiere zeigte nach der Impfung keine Serokonversion.

Die Serokonversion, d.h. die Ausbildung oder der Anstieg des Antikörpertiters gegen das Katzenseuchevirus, gilt als Maß für eine erfolgreiche Impfung und somit als Marker für einen ausreichenden Schutz. Auch zeigte sich, dass bereits deutlich niedrigere Titer als bisher angenommen die Entwicklung einer ausreichenden Immunantwort verhinderten.

Niedrige MAK-Titer bieten keinen Schutz vor der Katzenseuche, verhindern aber die Ausbildung eines aktiven Impfschutzes. "Wir halten nun weitere Studien für notwendig, da sich die drei untersuchten Impfstoffe in ihrer Fähigkeit, trotz MAK eine Immunantwort zu induzieren, deutlich unterschieden", so die Studienleiterin Verena Jakel.

"Die Kombination unserer Expertise im Bereich der Zulassung von Veterinärimpfstoffen und Pharmakovigilanz mit eigenen experimentellen Arbeiten versetzen uns in die Lage, die Effektivität der Impfung in der allgemeinen Anwendung zu untersuchen", sagt Professor Klaus Cichutek, Präsident des PEI.

"Ergebnisse dieser unabhängigen Feldstudie zur Wirksamkeit der Katzenseuche-Impfung zeigen, wie wichtig regulatorische Forschung für die Praxis ist", so Cichutek weiter.

Züchter und Besitzer von jungen Katzen sollten aufgrund der Studiendaten mit ihrem Tierarzt frühzeitig die passende Impfstrategie besprechen. Entscheidend für den besten Impfzeitpunkt sind die Lebensumstände, unter denen die Kätzchen groß werden sowie die Impfhistorie des Muttertieres. Deren Antikörpertiter gibt einen guten Hinweis auf den frühesten Impfzeitpunkt der Kätzchen.

Je höher der Antikörpertiter der Mutter, desto später sollte der Nachwuchs erstmalig geimpft werden. Idealerweise erfolgt die erste Impfung erst, wenn keine MAK mehr nachweisbar oder zu erwarten sind.

Allerdings sollten Kätzchen, bei denen die Lebensumstände die Wahrscheinlichkeit einer Infektion begünstigen (Freigängerkatzen, Mehrkatzenhaushalte, Tierheimkatzen) früher und häufiger geimpft werden als Tiere mit geringem Infektionsrisiko.

Bei Kätzchen, bei denen nicht bekannt ist, ob sie MAK besitzen oder nicht, z.B. bei Fundtieren, sollte eine erste Impfung unmittelbar erfolgen. Anhand einer doppelten Serumprobe kann der Erfolg dieser Impfung und somit die Notwendigkeit und der Zeitpunkt von Wiederholungsimpfungen festgestellt werden.

In der Studie blieb bei vielen Kätzchen bereits bei einem MAK-Titer von 1:10 die Serokonversion aus. Da bei solchen Katzen trotz Impfung von einem fehlenden Schutz ausgegangen werden muss, müssen sie erneut geimpft werden. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass über die serologische Kontrolle des Impferfolgs die Tiere identifiziert werden können, die keine ausreichende Immunantwort aufgebaut haben.

Dies würde dazu beitragen nur so viel zu impfen, wie notwendig ist. Dr. Karin Duchow, Leiterin des Fachgebietes "Virusimpfstoffe II" der Abteilung Veterinärmedizin des PEI und Mitglied der STIKO Vet.: "Die Impfkommission sollte auf der Basis dieser Daten entscheiden, ob und unter welchen Bedingungen die Bestimmung des Antikörpertiters zur Optimierung des Impfzeitpunktes, entweder beim Muttertier oder bei den Katzenwelpen, allgemein zu empfehlen ist."

Hintergrund

Der Erreger der Katzenseuche, das Feline Panleukopenie Virus, gehört zur Gattung der Parvoviren und ist endemisch in vielen Katzenpopulationen zu finden. Das Virus konnte als Todesursache bei einem Viertel aller pathologisch untersuchten jungen Katzen nachgewiesen werden.

Bei neugeborenen Kätzchen sterben mehr als 90 Prozent aller infizierten Tiere. Am häufigsten wird die Erkrankung bei Kätzchen im Alter von zwei bis fünf Monaten diagnostiziert. Ältere Tiere zeigen dagegen häufig nur subklinische oder milde Symptome.

Die Kätzchen erhalten maternale Antikörper über die Vormilch (Kolostrum). Die Menge der MAK hängt vom Immunstatus der Mutter, der Qualität des Kolostrums und der Dauer des Säugens ab.

Originalpublikation

Jakel V, Cussler K, Hanschmann KM, Truyen U, König M, Kamphuis E, Duchow K (2012): Vaccination against Feline Panleukopenia: Implication from a field study in kittens.
BMC Veterinary Research 8.

. . .

Weitere Meldungen

Neuigkeiten aus der Wissenschaft

Hautplatte des Alligators aus Hernals
NHM Wien, Alice Schumacher

Die Alligatoren von Hernals – das jüngste Krokodil-Fossil Mitteleuropas

Die Sammlungen des Naturhistorischen Museums sind großartige Archive der Natur. Allein die Geologisch-Paläontologische Abteilung bewahrt mehr als 5,6 Millionen Objekte

Melkroboter bereits in 2.000 Betrieben in Österreich im Einsatz
Rinderdatenverbund RDV, Grafik: RINDERZUCHT AUSTRIA/Kalcher

Melkroboter bereits in 2.000 Betrieben in Österreich im Einsatz

Der Trend zur Automatisierung in der Milchwirtschaft setzt sich ungebremst fort. Immer mehr Betriebe in Österreich setzen auf Automatische Melksysteme (AMS), um Effizienz und Tierkomfort zu steigern

13 Frauen. Aus der Geschichte des NHM Wien

13 Frauen. Aus der Geschichte des NHM Wien

Dieses Buch macht die Geschichten von Frauen sichtbar, die das Naturhistorische Museums Wien mitgestaltet haben - herausgegeben von Stefanie Jovanovic-Kruspel, Brigitta Schmid und Andrea Krapf

Luchsdame Elli
Alpenzoo

Luchsdame Elli übersiedelte aus dem Alpenzoo Innsbruck in den Wildnispark Zürich

Die Luchsdame Elli hat Innsbruck am 4. März 2025 im Zuge des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms (EEP) verlassen und ist nach Zürich gezogen

HUNDERUNDEN #34: Tiermedizin print & online

HUNDERUNDEN #34: Tiermedizin print & online

Die 34. Ausgabe der HUNDERUNDEN, dem Fachmagazin für Tierärzt:innen, ist am Aschermittwoch 2025 erschienen.

Tierpfleger Niklas Hörper mit den Mähnenrobben
Daniel Zupanc

Inventur im Tiergarten Schönbrunn: 6.043 Tiere aus 518 Arten und Haustierrassen

Von den wendigen Mähnenrobben bis zu den gemächlichen Afrikanischen Schnabelbrustschildkröten - im Tiergarten Schönbrunn wurde wieder gezählt.

Deutsche Wildtier Stiftung

Backstagetour bei Cavalluna Grand Moments: Einblicke in Tierwohl und Tierschutz

Die europaweit tourende Pferdeshow Cavalluna fasziniert mit beeindruckenden Darbietungen, präziser Freiheitsdressur und kunstvollen Reitvorführungen. Doch was geschieht hinter den Kulissen?

Tiertraining im Alpenzoo Innsbruck
Alpenzoo

Gezieltes Tiertraining für mehr Abwechslung und bessere Betreuung der Tiere

Im Alpenzoo Innsbruck steht ab 2025 regelmäßiges Tiertraining auf dem Programm

Aqua-Forschungsstation im Tiergarten Schönbrunn
Daniel Zupanc

Fisch-Umzug XXL: Tiergarten Schönbrunn übersiedelt hunderte Fische, Garnelen und Co.

Seit Dezember übersiedeln im Tiergarten Schönbrunn Fische, Garnelen, Pflanzen und Co. aus dem Backstage-Bereich des bestehenden alten Aquarienhauses in die neu errichtete Aqua-Forschungsstation unweit des Zoos

Teile diesen Bericht auf:

Werbung via Google
Werbung via Google

Buchtipps Buchtipps Buchtipps

Queer: Sex und Geschlecht in der Welt der Tiere und Pflanzen
Queer: Sex und Geschlecht in der…
(13. Mär 2025) Josh L. Davis ist ist Mitarbeiter des Natural…
13 Frauen. Aus der Geschichte des…
(07. Mär 2025) Dieses Buch macht die Geschichten von Frauen sichtbar…
Wildtierfindlinge in der Tierarztpraxis
(28. Feb 2025) Grundlagen der Wildtierhilfe, praktische Anwendung, tierärztliche Versorgung -…
Der Erfindergeist der Tiere
(17. Feb 2025) Werkzeuge, Ideen und Innovationen. Faszinierende Einblicke in tierische…
Meine Patienten laufen Trab
(11. Feb 2025) Unterwegs als Pferdeärztin auf dem Land - von…
Die Rückkehr der großen Pflanzenfresser
(07. Feb 2025) Konfliktfeld oder Chance für den Artenschutz? - herausgegeben…

Internationale Veranstaltungen Int. Veranstaltungen Internationale Veranstaltungen

EVECC-Kongress 2025
EVECC-Kongress 2025
(01. Mär 2025) Der 22. European Veterinary Emergency and Critical Care…
FECAVA EuroCongress 2025 in Antwerpen
(17. Feb 2025) FECAVA lädt Sie vom 3. bis 6. September…
Yaboumba Weltkongress 2025
(17. Feb 2025) Der XV. Internationale Kongress für Medizin und Chirurgie…
Webinar zum World Veterinary Dermatology Day…
(13. Jan 2025) Die World Association for Veterinary Dermatology lädt am…
Hill's Global Symposium 2024
(20. Okt 2024) Hosted by Hill's Pet Nutrition on Oct. 24-25…
7. Kroatischer Veterinärkongress 2024
(22. Jul 2024) Der diesjährige Kroatische Veterinärkongress wird vom 24. bis…

Preise und Stipendien Preise und Stipendien Preise und Stipendien

Bewerbungsfrist für den IGN-Forschungspreis für artgemäße Nutztierhaltung endet am 1. April 2025
Thomas Zimmel/VET-MAGAZIN
Bewerbungsfrist für den IGN-Forschungspreis für artgemäße…
(13. Mär 2025) Der Forschungspreis der Internationalen Gesellschaft für Nutztierhaltung (IGN)…
Felix Wankel Tierschutz-Forschungspreis geht an Studienteam…
(10. Mär 2025) Alle zwei Jahre zeichnet die Tierärztliche Fakultät der…
Ausschreibung des Herbert-Stiller-Förderpreis für tierfreie Forschung
(06. Mär 2025) Ärzte gegen Tierversuche fördert tierversuchsfreie Forschungsvorhaben mit 20.000…
Raubtiere vs. Bauern: Ceva Wildlife Research…
(03. Mär 2025) Der Ceva Wildlife Research Fund unterstützt ein Projekt…
MSD und die FVE fördern 34…
(07. Feb 2025) MSD Tiergesundheit und der Europäische Tierärzteverband (FVE) zeichnen…
ABCD & Boehringer Ingelheim laden zur…
(20. Jan 2025) Das European Advisory Board on Cat Diseases (ABCD)…