Gen-Forscher treffen sich zum Drosophila-Kongress in Leipzig

(28.11.2005) Zu ihrem 11. Kongress treffen sich Drosophila-Forscher aus dem deutschsprachigen Raum in Leipzig. Ca 70 Wissenschaftler repräsentieren eine Bandbreite der Drosophila-Forschung von der Entwicklungsgenetik, besonders im Zusammenhang mit Fragen der Krebsentstehung, über die Neurogenetik, die auch den Ursachen neurodegenerativer Erkrankungen wie Parkinson nachgeht, bis zu molekularen Untersuchungen zur Evolution der Organismen.

Eine Larve von Drosophila melanogaster; Bildquelle: Heinz Sass
Eine Larve von Drosophila melanogaster
Viele kennen die kleine Fliege, die im Sommer um das reife Obst in der Küche herumschwirrt. Weniger bekannt ist die Tatsache, dass es sich dabei um die "grand dame" der genetischen Forschung handelt. Ihre Karriere erahnte Thomas H. Morgan sicher nicht als er vor fast einhundert Jahren die Fruchtfliege Drosophila melanogaster in sein Labor nahm, um in den folgenden Jahren heute selbstverständlich erscheinende Erkenntnisse der Genetik zu entschlüsseln.

Die vielen Vorteile, die diese 2-3 mm lange Fliege bietet (einfache Zucht, Vermehrungszyklus 10 Tage bei 25oC, vier Paare mikroskopisch gut sichtbarer, vielsträngiger Riesenchromosomen, Vielfalt an Mutanten, einzigartige Möglichkeiten der genetischen Analyse) sind Gründe dafür, dass man sie heute noch im Schulunterricht sowie molekulargenetischen Forschungslabors antrifft. Die Analysen dieses Modellorganismus führen immer wieder zu - auch für das Verständnis des menschlichen Organismus - bedeutenden systemübergreifenden Erkenntnissen.

Dies begann mit den Arbeiten Morgans über die Bedeutung der Chromosomen, führte über den Nachweis der mutagenen Wirkung von Röntgenstrahlung durch Herman J. Muller 1927, die Entdeckungen genetischer Mechanismen der Entwicklung eines Organismus aus einer einzigen Zelle in den 80er und 90er Jahren und endete nicht mit der Entschlüsselung des Genoms der Fliege im Jahr 2000. Die Sequenzierung der Fliegen-DNA bietet neue Ansatzmöglichkeiten auf allen Gebieten auf denen mit Drosophila gearbeitet wird, einschließlich Fragen der Krebsentstehung oder der Gehirnfunktionen.

Auch am Lehrstuhl für Genetik der Fakultät für Biowissenschaften, Pharmazie und Psychologie der Universität Leipzig dreht sich alles um die Fruchtfliege. Die Wissenschaftler gehen Fragen nach:

- wie die Struktur der Chromosomen Einfluss auf die Aktivität der Gene nimmt
- wie sich die Evolution der Tiere ausgehend von Drosophila-Genen darstellt und
- welche Möglichkeiten sich ergeben aus der Züchtung gentechnisch veränderter Fliegen die Funktion einzelner Gene zu erforschen.

Seit dem Jahr 2000 ist zwar die Zusammensetzung des Erbmoleküls der Fliege Drosophila melanogaster nahezu in Endqualität bekannt und es gelang die Zahl der Fliegengene (ca. 14.000) zu ermitteln. Ein sehr großer Anteil davon findet sich auch beim Menschen in ähnlicher Form. Es wurde dabei aber auch deutlich, dass die Funktionen des weitaus größten Teils dieser Gene bisher noch völlig unbekannt sind.

"Auch hier bringen wir uns in die Forschung ein", erläutert Prof. Heinz Sass, der den Leipziger Lehrstuhl für Genetik ab 1996 aufbaute und seitdem leitet. "Zum Beispiel zeigt das Bild eine Larve der Drosophila-Fruchtfliege mit einem von uns zusätzlich in ihr Erbgut eingeschleusten Gen, hsp82-neo genannt. Über hsp82-neo gewonnene Antibiotika-Resistenz können solche Larven ihr Futter entgiften und wachsen. Fruchtfliegen ohne hsp82-neo-Aktivität sterben.

Experimentell entstehen so neue, stabile Drosophila-Linien. Mit der Gensonde hsp82-neo verschiedene Einzelgene aufzuspüren und ihre Funktionen aufzuklären, ist ein modernes Tiermodell in der Grundlagenforschung des Leipziger Lehrstuhls für Genetik. Zudem versuchen wir, in Kooperation mit Informatikern, Philosophen und Medizinern die Erfassung der stetig wachsenden Flut biomedizinischer und genetischer Daten zu optimieren, um sie für alle Wissensgebiete besser nutzbar zu machen".

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