Hessischer Tierschutz-Forschungspreis für Christina Spohr

(17.11.2016) Am Mittwoch, 16.11.2016, erhielt Christina Spohr den hessischen Tierschutz-Forschungspreis 2016.

Im Rahmen ihrer BMBF-geförderten Promotion am Paul-Ehrlich-Institut ist es ihr gelungen, ein Verfahren zu entwickeln, mit dem der gesetzlich vorgeschriebene Tierversuch zur Wirksamkeitsprüfung von Tuberkulinen mit weniger Tieren und geringerer Tierbelastung auskommen könnte.

Tuberkuline werden für die Diagnose der Tuberkulose benötigt. Der Preis wurde im Hessischen Landtag von Staatssekretärin Dr. Beatrix Tappeser , Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, überreicht.


Christina Spohr
Tuberkuline werden mithilfe von In-vivo- und In-vitro-Testverfahren für die Diagnose der Tuberkulose bei Mensch und Tier eingesetzt. Tuberkuline sind Antigenpräparationen, die aus dem Filtrat von Mykobakterienkulturen gewonnen werden.

Aufgrund des biologischen Herstellungsprozesses können Chargen in ihrer Antigenzusammensetzung variieren. Jede Tuberkulincharge muss daher vor dem Inverkehrbringen getestet werden.

Eine zu hohe Wirksamkeit könnte schwere Immunreaktionen auslösen und zu falsch positiven Ergebnisse führen, eine zu niedrige könnte falsch negative Ergebnisse erzeugen.

Bis heute müssen Tuberkuline in Übereinstimmung mit den Prüfvorschriften des Europäischen Arzneibuchs bei Meerschweinchen getestet werden. Dieser Test ist für die Meerschweinchen sehr belastend und hat eine geringe Reproduzierbarkeit, die häufige Wiederholungen notwendig macht.

Dr. Christina Spohr entwickelte im Rahmen ihrer Promotion am Paul-Ehrlich-Institut mithilfe moderner immunologischer Methoden ein Testmodell, das die Wirksamkeitsprüfung mit knapp der Hälfte der bisher eingesetzten Tiere ermöglichen könnte.

Zudem entfällt bei dem neuen Ansatz der für die Tiere belastende Tuberkulin-Hauttest. Stattdessen wird den Tieren bei diesem neuen, als „T-Zell-Proliferationstest“ bezeichneten Verfahren lediglich Blut für die Testung entnommen.

„Wir freuen uns, dass mit dem Hessischen Tierschutzforschungspreis Frau Spohrs Engagement für die Entwicklung eines zuverlässigeren Tuberkulin-Testverfahrens belohnt wurde“, betont Prof. Klaus Cichutek, Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts.

Schon seit vielen Jahren engagiert sich das Paul-Ehrlich-Institut in erheblichem Umfang für den Ersatz von Tierversuchen bei der Zulassung von Arzneimitteln bzw. deren Prüfung auf Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit und hat hierfür bereits zahlreiche Auszeichnungen erhalten.

Dr. Christina Spohr ist Biologin und arbeitete von November 2011 bis Januar 2015 im Rahmen ihrer Promotion am Paul-Ehrlich-Institut. Seit Februar 2015 ist sie „Study Director Genetic Toxicology“ bei Envigo CRS GmbH, Roßdorf.

Publikationen

Spohr C, Kaufmann E, Battenfeld S, Duchow K, Cussler K, Balks E, Bastian M (2015): A New Lymphocyte Proliferation Assay for Potency Determination of Bovine Tuberculin PPDs; ALTEX. 2015;32(3):201-210.

Spohr C: Dissertation: Etablierung einer 3R-Alternativmethode für die Chargenprüfung von bovinem Tuberkulin unter Berücksichtigung mykobakterieller Lipidantigene im Meerschweinchenmodell; September 2015; Kaufmann E, Spohr C, Battenfeld S, De Paepe D, Balks E, Reiling N, Gilleron M, Bastian M: Experimental BCG vaccination induces lipopeptide reactive T cells specific for Myco-bacteria of the Mycobacterium tuberculosis complex; J Immunol. 2016; 196(6):2723-2732.



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