VET-MAGAZIN logo
Miteinander, oder nur nebeneinander her? Wie sich Tiere in der Landschaft bewegen
Rick marin via Wikimedia Commons
Wie „Supergene“ bei Fischen helfen, neue Arten zu entwickeln
LIB, Hannes Svardal
Liegespuren mit Hautabdrücken von frühen Säugetierverwandten
Lorenzo Marchetti
Salamander leiden unter steigenden Temperaturen
Daniel Rosengren/Zoologische Gesellschaft Frankfurt
Wo Biber Dämme bauen, steigt die Zahl wasserlebender Tierarten
UDE / Sara Schloemer
Wo Biber Dämme bauen, steigt die…
Waldfledermäuse suchen Zuflucht in Siedlungen
Carolin Scholz/Leibniz-IZW
Neue Einblicke in die antivirale Abwehr bei Fledertieren
Zoharby via Wikimedia Commons
Neue Einblicke in die antivirale Abwehr…
Zauneidechsen fühlen sich an Bahngleisen wohl
Thomas Zimmel/VET-MAGAZIN
Allgemein

Optimale Fallzahlen bei Tierversuchen: mehr Erkenntnisse mit weniger Tieren

Weniger Tiere für Versuchszwecke einzusetzen, sollte das Ziel von Wissenschaftlern in der medizinischen Grundlagenforschung sein.

. . .

Einen Schritt in diese Richtung unternehmen in den kommenden zwei Jahren Dr. Benjamin Mayer und Professor Rainer Muche vom Institut für Epidemiologie und Medizinische Biometrie der Universität Ulm. In einem vom BMBF geförderten Projekt überprüfen die Forscher die Anwendbarkeit verschiedener statistischer Verfahren im Hinblick auf die Berechnung optimaler Fallzahlen.

Wie vereint man Tierschutz mit notwendigen Tierversuchen in medizinischer Grundlagenforschung? Dr. Benjamin Mayer und Professor Rainer Muche vom Institut für Epidemiologie und Medizinische Biometrie der Uni Ulm sind derzeit auf der Suche nach einer Antwort auf diese Frage.

„Ein erster Schritt in diese Richtung ist, weniger Tiere pro Studie einzusetzen, also die Fallzahl zu verringern“, erklärt Benjamin Mayer. Innerhalb der nächsten zwei Jahre wollen die Forscher die Anwendbarkeit verschiedener statistischer Verfahren im Hinblick darauf untersuchen, wie die kleinstmögliche Anzahl an Versuchstieren ermittelt werden kann, mit der aussagekräftige Resultate möglich sind.

Die medizinische Grundlagenforschung steckt in einer ethischen Zwickmühle: Um auf Menschen übertragbare Ergebnisse zu erhalten, greifen Wissenschaftler auf in-vivo-Experimente mit Tieren zurück. Sie ermöglichen, die Wirksamkeit einer potenziell neuen Therapie auf komplexere Vorgänge des lebenden Organismus realistisch abzubilden. Andere Testmöglichkeiten wie in-vitro-Versuche in der Petrischale sind dazu häufig nicht in der Lage.

Gleichzeitig sind die Wissenschaftler bestrebt, gemäß des 3R-Konzepts Alternativen zu Tierversuchen zu finden (Replacement), die Versuchsbedingungen zu verbessern (Refinement) und die Zahl getesteter Tiere zu verringern (Reduction). „Ist diese Zahl zu klein, können mögliche Behandlungseffekte übersehen werden“, erläutert Mayer.

„Sie muss allerdings groß genug sein, um die Wirksamkeit verlässlich zu belegen.“ Derzeit beruhe die ermittelte Fallzahl, neben generellen Annahmen zur statistischen Power und der noch akzeptablen Fehlerwahrscheinlichkeit, auf meist groben Abschätzungen der erwarteten Effekte anhand oft nicht ausreichender Daten aus Vorstudien oder publizierten Ergebnissen, so Mayer weiter.

Die im Rahmen des Projekts untersuchten statistischen Methoden sollen eine validere Abschätzung der zur Verfügung stehenden Vorinformationen erlauben und somit eine optimierte Berechnung der notwendigen Fallzahl ermöglichen.

Ein grundlegendes Problem der Fallzahlplanung bei Tierversuchen ist, dass es nur wenige bis keine Vordaten als Grundlage für die Berechnung gibt. Tierversuche stehen meist am Beginn eines Forschungsprozesses, wenn zu wenig spezifische Erkenntnisse vorliegen, ob und wie eventuell auftretende Effekte der Therapieansätze ausfallen.

Wüsste man aber bereits sicher, wie stark welche Effekte (zum Beispiel Blutdrucksenkung durch ein Medikament, verlängerte Lebensdauer) auftreten, benötigte man keine Versuche am lebenden Tier. Eine klassische Pattsituation: Um Tierversuche zu optimieren, braucht es vorerst weiterhin Tierversuche.

Eine weitere Frage, die sich aufgrund der wenig spezifischen Vordaten stellt, betrifft die optimale Fallzahl für Pilotstudien, mit denen möglichst viele Informationen gewonnen werden sollen. Diese Zahl ist noch schwieriger zu ermitteln, da Pilotstudien vor dem eigentlichen Experiment durchgeführt werden, wenn noch weniger Vorinformationen zur Verfügung stehen.

Eine weitere Chance zur Optimierung sehen die Ulmer Biometriker in dem oftmals bestehenden Unterschied zwischen Fallzahlplanungs- und Analysemethodik, der ebenfalls auf unzureichende Vorinformationen zurückzuführen ist.

Meist müssen deshalb zur Ermittlung der Fallzahl vor dem Experiment andere statistische Tests eingesetzt werden als zur Analyse der erhobenen Daten. „Ließen sich noch weniger Tiere einsetzen, wenn derselbe Test verwendet werden könnte?“, fragen Mayer und Muche.

Schließlich wollen die Wissenschaftler untersuchen, wie sich wiederholte Testungen in ein und demselben Datensatz auf die notwendigen Fallzahlen auswirken. Mehrere Tests verursachen eventuell ein auf globaler Ebene zu hohes Fehlerniveau und reduzieren dadurch die Validität der Ergebnisse.

Die optimale Fallzahl verlässlich ermitteln zu können, hat nicht nur den Vorteil, dass weniger Tiere bei gleich hohem Erkenntnisgewinn eingesetzt werden müssen, sondern vereinfacht auch die Antragstellung für Tierexperimente. Diese verlangt gemäß nationaler und europäischer Richtlinien für tierexperimentelle Studien die rechnerisch sinnvolle Begründung der geplanten Versuchstierzahlen.

Die Ulmer Forscher hoffen außerdem, das gesamte Antragsprozedere für Tierversuche bundesweit noch weiter vereinheitlichen zu können. Hierfür wollen sie die Anforderungen an Antragsteller analysieren und auswerten.

Unterstützung für dieses vom BMBF geförderte Projekt erhalten die Ulmer Wissenschaftler von Dr. Petra Kirsch, Tierschutzbeauftragte der Uni Ulm und Leiterin des Tierforschungszentrums, sowie von externen Projektpartnern wie dem Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg und der Tierärztlichen Hochschule in Hannover.

. . .

Weitere Meldungen

Neuigkeiten aus der Wissenschaft

Rinderstall
Thomas Zimmel/VET-MAGAZIN

Neue Verordnung zu MKS: Importverbot für tierische Produkte aus Ungarn gezielt angepasst

Importverbot gilt ab 14. April 2025 nur mehr für Regionen mit Schutz- oder Sperrzonen - Maßnahmen zum Schutz der Tiergesundheit bleiben aufrecht

Schloss Jelgava - Lettische Universität für Biowissenschaften und Technologie
Pudelek (Marcin Szala) via Wikimedia Commons

Hardenberg Institute vermittelt Veterinär-Studienplätze

Das Hardenberg Institute vermittelt Studieninteressierte aus Österreich und Deutschland an akkreditierte Veterinär-Fakultäten im EU-Ausland

Neues Artenschutzhaus für geschmuggelte Tiere im Tiergarten Schönbrunn eröffnet
Daniel Zupanc

Neues Artenschutzhaus für geschmuggelte Tiere im Tiergarten Schönbrunn eröffnet

Im Tiergarten Schönbrunn wurde am 11. April 2025 das neue Artenschutzhaus eröffnet

Vetmeduni Vienna
Thomas Zimmel/VET-MAGAZIN

ÖTT-Tagung 2025: 20 Jahre Tierschutzgesetz – wo stehen wir?

Die 15. Tagung der Plattform Österreichische Tierärztinnen und Tierärzte für Tierschutz (ÖTT) findet am 8. Mai 2025 online statt.

Grenzübergang Loipersbach – Ágfalva
Steindy via Wikimedia Commons

Maßnahmen gegen Maul- und Klauenseuche: Grenzübergänge vorübergehend geschlossen

Erhöhte Biosicherheitsmaßnahmen für Betriebe, Importstopp für pflanzliche Futtermittel aus betroffenen Regionen, Abstimmung zwischen Behörden läuft gut

KATZENMEDIZIN #23
just4vets

KATZENMEDIZIN #23

Die aktuelle Ausgabe des Fachmagazins für Tierärzt:innen, KATZENMEDIZIN #23, ist soeben erscheinen

Vetmeduni Vienna
Thomas Zimmel/VET-MAGAZIN

Vetmeduni Vienna verschiebt den Tag der offenen Tür

Als Vorsichtsmaßnahme wegen der in der Slowakei und in Ungarn ausgebrochenen Maul- und Klauenseuche (MKS) wird der Tag der offenen Tür in den September 2025 verschoben

Österreichische Tierärztekammer

Tierärztekammer fordert dringende Maßnahmen zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche (MKS)

MKS-Ausbrüche in der Slowakei und Ungarn weiterhin nicht unter Kontrolle

Präparat von Melina Haring: Kragenechse (Chlamydosaurus kingii), Präparat/Professional, Gewinn: 2. Rang (rote Schleife)
NHM Wien, Wilhelm Bauer

Fünf Erfolge der Präparator*innen für das NHM Wien

Im Februar 2025 fand zum 14. Mal die "European Taxidermy Championships", die Europameisterschaft der Präparator*innen, in Salzburg statt

Teile diesen Bericht auf:

Werbung via Google
Werbung via Google

Buchtipps Buchtipps Buchtipps

Tierarztpraxis gründen und betreiben
Tierarztpraxis gründen und betreiben
(11. Jun. 2025) Der Leitfaden für die Selbstständigkeit in der Tiermedizin…
Suchterkrankung beim Hund
(3. Jun. 2025) Suchterkrankung beim Hund - gibt es das? Offenbar…
Wildtierfindlinge in der Tierarztpraxis
(27. Mai. 2025) Grundlagen der Wildtierhilfe, praktische Anwendung, tierärztliche Versorgung -…
The Equine Distal Limb
(22. Mai. 2025) An Atlas of Clinical Anatomy and Comparative Imaging-…
Tiergestützte Interventionen in der Psychiatrie
(16. Mai. 2025) Grundlagen, Methoden und Praxis der tiergestützten Interventionen in…
Laser Therapy in Veterinary Medicine: Photobiomodulation
(9. Mai. 2025) A comprehensive, up-to-date reference to the clinical applications…

Internationale Veranstaltungen Int. Veranstaltungen Internationale Veranstaltungen

SIVEMAP 2025
SIVEMAP 2025
(31. Mär. 2025) Die SASAP (Serbian Association of Small Animal Practitioners)…
EVECC-Kongress 2025
(1. Mär. 2025) Der 22. European Veterinary Emergency and Critical Care…
FECAVA EuroCongress 2025 in Antwerpen
(17. Feb. 2025) FECAVA lädt Sie vom 3. bis 6. September…
Yaboumba Weltkongress 2025
(17. Feb. 2025) Der XV. Internationale Kongress für Medizin und Chirurgie…
Webinar zum World Veterinary Dermatology Day…
(13. Jan. 2025) Die World Association for Veterinary Dermatology lädt am…
Hill's Global Symposium 2024
(20. Okt. 2024) Hosted by Hill's Pet Nutrition on Oct. 24-25…

Preise und Stipendien Preise und Stipendien Preise und Stipendien

FECAVA-Laboklin-Reisestipendium 2025
FECAVA-Laboklin-Reisestipendium 2025
(19. Mär. 2025) Die Tiermedizin kennt keine Grenzen und FECAVA und…
Bewerbungsfrist für den IGN-Forschungspreis für artgemäße…
(13. Mär. 2025) Der Forschungspreis der Internationalen Gesellschaft für Nutztierhaltung (IGN)…
Felix Wankel Tierschutz-Forschungspreis geht an Studienteam…
(10. Mär. 2025) Alle zwei Jahre zeichnet die Tierärztliche Fakultät der…
Ausschreibung des Herbert-Stiller-Förderpreis für tierfreie Forschung
(6. Mär. 2025) Ärzte gegen Tierversuche fördert tierversuchsfreie Forschungsvorhaben mit 20.000…
Raubtiere vs. Bauern: Ceva Wildlife Research…
(3. Mär. 2025) Der Ceva Wildlife Research Fund unterstützt ein Projekt…
MSD und die FVE fördern 34…
(7. Feb. 2025) MSD Tiergesundheit und der Europäische Tierärzteverband (FVE) zeichnen…