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Allgemein

Tübingen wird zum Zentrum für Tierversuchsalternativen

Medizinprodukte und Medikamente auf ihre Wirksamkeit und Nebenwirkungen zu testen, erfolgt oft mit Tierversuchen. Ihre ethische Vertretbarkeit ist stark umstritten. Ziel vieler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist es daher, ethisch unproblematischere Alternativen zu nutzen, die zudem wissenschaftlich aussagekräftigere Daten liefern.

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Welche Methoden Tierversuche ersetzen können und auf welchem Stand die Wissenschaft dabei ist, haben Medizinforschende auf dem Workshop „3R - Tierversuchsersatz in der personalisierten Medizin“ am 5. Dezember 2019 in Tübingen präsentiert.

Auf Einladung des Naturwissenschaftlichen und Medizinischen Instituts (NMI) und des Departments für Frauengesundheit an der Universität Tübingen wurde das Potenzial von Computer-Simulationsmodellen und in-Vitro-Testsystemen vorgestellt und diskutiert.

Um diese vielversprechenden Technologien im Südwesten zu stärken, gab Baden-Württembergs Wissenschaftsministerin Theresia Bauer auf der Tagung den Aufbau eines Zentrums für Tierversuchsalternativen und die Einrichtung einer Brückenprofessur in diesem Fachgebiet bekannt.

Jährlich werden deutschlandweit mehr als 2 Millionen Tiere zu Versuchszwecken eingesetzt: zur Grundlagenforschung, für Medikamententests und zur Erforschung von Krankheiten. Aufgrund der hohen Forschungsdichte im Südwesten führt Baden-Württemberg die Statistik im Ländervergleich an.

„Mit unserem biomedizinischen Schwerpunkt in der Wissenschaftslandschaft stehen wir in einer besonderen Verantwortung, die Forschung nach Alternativen für Tierversuche voranzutreiben“, sagt Wissenschaftsministerin Theresia Bauer.

„In der Medizinforschung existieren dazu bereits vielversprechende Methoden. Wichtig ist nun, ein breites Bewusstsein für diese Alternativen zu schaffen und Forschungskompetenzen so zu stärken, dass Ersatzmethoden in der Praxis breitflächig angewandt werden können.“ Tierversuche unterliegen in der EU bereits dem ethischen 3R-Prinzip (Replace, Reduce, Refine): Wenn möglich sollen Tierversuche durch Alternativmethoden ersetzt (Replace), zumindest jedoch in ihrer Anzahl reduziert (Reduce) und in ihren Auswirkungen auf die Versuchstiere abgeschwächt (Refine) werden.

Alternativen zu Tierversuchen erforschen Den aktuellen Stand der 3R-Forschung wollten das NMI und die Universität Tübingen in einem gemeinsam organisierten Workshop zeigen. Auf der internationalen Tagung „3R – Tierversuchsersatz in der personalisierten Medizin“ stellten Medizinforschende das Potenzial geeigneter Ersatzmethoden vor.

Dazu gehören unter anderem in-Vitro-Modelle, die außerhalb von lebenden Organismen auf einer Petrischale, in einem Reagenzglas oder auf einem Chip ablaufen, und in-Silico-Simulationen am Computer.

„Die Modelle haben nicht nur das Potenzial, Tierversuche zu vermeiden. Sie erweitern oft auch die Therapiemöglichkeiten von Patienten und eröffnen damit einen komplett neuen und großen Markt“, so Prof. Dr. Katja Schenke-Layland, Direktorin des NMI Reutlingen.

Wie komplexe in-Vitro-Systeme Tierversuche ersetzen können, darüber sprach Jun.-Prof. Peter Loskill vom Fraunhofer IGB. Er forscht an der Entwicklung und Anwendung von neuartigen Organ-on-a-chip-Systemen. Dabei handelt es sich um die Simulation von Organen als Zellkultur auf einem Chip.

In seinem Vortrag betonte Loskill die Relevanz der mikrophysiologischen Umgebung auf dem Chip, die der Gewebeumgebung innerhalb des lebenden Organismus entsprechen soll. Um menschliches Gewebe abzubilden, eigne sich der Einsatz von humanen induziert-pluripotenten Stammzellen (hiPS-Zellen), so der Medizinforscher.

Sie sind wissenschaftlich aussagekräftiger als klassische Tiermodelle und machen die Arzneimittelentwicklung kostengünstiger, schneller und sicherer. Auch zur Ursachenfindung von Krankheiten eignet sich Organ-on-a-Chip. Entwickelt werden unter anderem Biochips, die Herzen, Bauchspeicheldrüsen, Fettgewebe und Netzhäute abbilden.

Ein weiteres in-Vitro-Modell als Alternative zu Tierversuchen stellte Dr. Christian Schmees vom NMI vor. Er forscht an der Entwicklung von patienten-abgeleiteten 3D-Mikrotumoren. In seinem Vortrag erklärte der Forscher das Potenzial der Modelle in der Onkologie: Bei einer Biopsie wird Krebspatienten Tumorgewebe entnommen und im Labor als Mikrotumor gemeinsam mit Immunzellen aus demselben Tumorgewebe kultiviert.

An diesen Mikrotumoren und Immunzellen lässt sich im Anschluss die Wirksamkeit verschiedenster Therapieformen (unter anderem Chemotherapie, Immuntherapie) in einem Zeitraum von zwei bis vier Wochen patientenspezifisch für eine Vielzahl von Tumorarten testen.

Die schnelle und effiziente Herstellung von 3D-Mikrotumoren spielt ihr Potenzial als Tierversuchsersatz in der personalisierten Medizin sowie der patientennahen Wirkstoffentwicklung aus.

Baden-Württemberg fördert Zentrum für Tierversuchsalternativen In seinem Engagement für Entwicklungen zum Tierversuchsersatz wird das NMI nun auch von der Politik unterstützt. Theresia Bauer, Wissenschaftsministerin Baden-Württembergs, gab auf der Tagung bekannt, Tübingen zum Zentrum für Tierversuchsalternativen aufbauen zu wollen.

Dazu werde eine Brückenprofessur zwischen dem NMI und der medizinischen Fakultät errichtet und der Aufbau eines 3R-Zentrums vor Ort ab 2020 mit 130.000 Euro jährlich gefördert. Ziel ist, in-Vitro-Modelle und andere Tierversuchsalternativen zu entwickeln und für Forschende in ganz Baden-Württemberg zugängig zu machen. Auch Weiterbildungen für Fachleute und Informationen für die Öffentlichkeit sind geplant. „Kein anderer Standort als Tübingen könnte besser für die Bildung eines solchen Zentrums geeignet sein“, so die Ministerin.

In der Region Tübingen/Reutlingen sei sowohl der Bedarf an Tierversuchsersatz als auch die fachliche Expertise zu diesem Thema besonders hoch – ein Statement, das Prof. Bernd Engler, Rektor der Universität Tübingen, mit Hinweis auf die bestehenden Kompetenzen und die bisherigen Arbeiten in diesem Bereich unterstrich: „Wir nehmen unsere Verantwortung sehr ernst und werden mit Nachdruck die Forschung hierzu vorantreiben.“

Ansprachen hielten neben Theresia Bauer und Prof. Dr. Schenke-Layland auch Prof. Sara Y. Brucker, Rektor Prof. Bernd Engler und Prof. Ingo Autenrieth, alle von der Universität Tübingen.

Als Referenten waren Prof. Maurice Whelan (EURL-ECVAM), Jun.-Prof. Peter Loskill (Fraunhofer IGB), Prof. Marcel Leist (Universität Konstanz), Jun.-Prof. Michela Deleidi (Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen), Prof. Oliver Röhrle (Universität Stuttgart), Dr. Christian Schmees (NMI), Prof. Petra Kluger (Hochschule Reutlingen) und Prof. Alexander Kleger (Universität Ulm) geladen.

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