Deutscher Forschungsbeitrag zu vernachlässigten Tropenkrankheiten (NTDs) steigt zu wenig
Deutschland forscht zwar verstärkt zu vernachlässigten Tropenkrankheiten (NTDs), liegt mit dieser Steigerung jedoch unter dem Durchschnitt der zehn produktivsten Länder der Welt.
Zudem ist die Forschungsförderung in diesem Bereich seit 2018 zurückgegangen. Das hat eine Studie im Auftrag des Bundesforschungsministeriums (BMBF) unter der Federführung des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (BNITM) ergeben.
Die Erhebung „Eine Einschätzung des Beitrags deutscher Institutionen bei der Forschung zu vernachlässigten Tropenkrankheiten“ wird am 27. Juni in Berlin vorgestellt.
Mehr als eine Milliarde Menschen leiden nach Schätzungen der Weltgesundheits-organisation (WHO) an sogenannten vernachlässigten Tropenkrankheiten (Neglected Tropical Diseases, NTDs). Betroffen sind meist Bevölkerungsgruppen, die in extremer Armut leben und keinen Zugang zu angemessener Gesundheitsversorgung, Bildung, Wasser-, Hygiene- und Sanitärversorgung haben.
Aktuell listet die WHO 21 vernachlässigte Tropenkrankheiten, darunter Schlangenbissvergiftungen und Erkrankungen durch Würmer, Einzeller, Bakterien oder Viren. Für einige dieser Krankheiten gibt es zwar Behandlungsmöglichkeiten oder Impfungen, diese sind aber in den meisten betroffenen Ländern schwer erhältlich oder unerschwinglich.
Bereits 2018 hatten NTD-Expertinnen und -Experten im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) erstmals ermittelt, welchen Beitrag deutsche Institutionen bei der Forschung und Entwicklung zu vernachlässigten Tropenkrankheiten leisten.
Die Analyse erfolgte in enger Zusammenarbeit mit dem Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM), dem Deutschen Netzwerk gegen vernachlässigte Tropenkrankheiten e.V. (DNTDs), der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit e.V. (DTG) und der Deutschen Gesellschaft für Parasitologie e.V. (DGP).
Die vorliegende zweite Erhebung ist die erste nach der Unterzeichnung der Kigali-Erklärung durch die Bundesregierung im Jahr 2022. Darin bekennt sich Deutschland zu dem Ziel, beim globalen Kampf gegen NTDs auch im Bereich Forschung und Entwicklung mitzuwirken.
Mehr Forschung, aber weniger Forschungsmittel aus Deutschland
Die neuen Daten zeigen: Seit 2018 konnten deutsche Forschungseinrichtungen die Zahl ihrer Veröffentlichungen mit NTD-Inhalten um 8,5 Prozent erhöhen. Damit liegen sie im weltweiten Trend. Allerdings liegt dieser Anstieg deutlich unter dem durchschnittlichen Anstieg der zehn produktivsten Länder der Welt von 12 Prozent.
Weiterer, allerdings nur auf Schätzungen beruhender Befund: Die Höhe der Fördermittel für die deutsche NTD-Forschung schwankt sehr. Auf den Rückgang im ersten Pandemiejahr 2020 folgte ein sprunghafter Anstieg aufgrund einer außerordentlichen Fördersumme von acht Millionen Euro für ein Projekt zweier Forschungsinstitutionen. 2022 weist dagegen den niedrigsten Wert seit fünf Jahren auf.
Hinzu kommt, dass die meisten Mittel von öffentlichen Geldgebern wie dem Bund oder der Europäischen Union kommen, nämlich 85 Prozent.
Auf private Förderer entfallen nur 15 Prozent der Gesamtmittel. Dies beweist zwar das Engagement und die Anerkennung der deutschen Regierung für die NTD-Forschung, birgt aber auch Risiken und Abhängigkeiten für die Forschungseinrichtungen.
Die meisten Fördermittel gab es in absteigender Reihenfolge für Forschung zu Lymphatischer Filariose, Schistosomiasis, Onchozerkose und Schlafkrankheit. Die meisten Publikationen mit deutscher Beteiligung erschienen zu Leishmaniose, gefolgt von Dengue-Fieber und Schistosomiasis.
Prof. Dr. Jürgen May, Vorstandsvorsitzender des BNITM: „Der nächste Schritt sollte sein, die Forschungskapazitäten in den Ländern mit vernachlässigten Tropenkrankheiten zu stärken. Die internationale Gemeinschaft muss noch viel stärker als bisher länderspezifische Ansätze und Akteure vor Ort einbeziehen.
Hierzu können deutsche Förderinstitutionen beitragen, zumal es bereits eine Vielzahl auch lang dauernder und stabiler Kooperationen gibt, vor allem mit Einrichtungen in Afrika.“ Dies würden andere europäische Länder bereits praktizieren.
Die vorliegende Erhebung „Eine Einschätzung des Beitrags deutscher Institutionen bei der Forschung zu vernachlässigten Tropenkrankheiten“ wurde von 31 NTD-Expertinnen und -Experten erstellt, die 16 deutschen Forschungseinrichtungen und Organisationen angehören. Soweit möglich bearbeitete ein Expertentandem jeweils eine spezifische vernachlässigte Tropenkrankheit.
Dabei trug es evidenzbasierte Informationen, Daten und Bewertungen aus verschiedenen Quellen zusammen. Dazu gehörten eine systematische Literatursuche nach Artikeln mit mindestens einem/r Co-Autor:in aus einer deutschen Einrichtung und eine systematische Suche nach sogenannten Publikationsmetriken, Patenten und klinischen Studien.
Die genauen Finanzierungswege und -beträge der deutschen Forschung zu bestimmen, erwies sich als schwierig: Die Ergebnisse basieren auf Trackern in freiwilligen Datenbanken sowie auf Angaben deutscher Forschungseinrichtungen und -institutionen sowie zweier Bundesministerien.
Eine weitere Empfehlung der Autor:innen ist daher, in Deutschland eine strukturierte Datenbank für die deutsche NTD-Förderung einzurichten.
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