Kutane Lyme Borreliose: Bei typischer Wanderröte früh Antibiotika einsetzen
Die S2k-Leitlinie zur Kutanen Lyme Borreliose empfiehlt einen abwägenden Einsatz von Antibiotika nach Zeckenstichen.
Da nur ein kleiner Teil der mit Borrelien Infizierten erkrankt, raten die Experten der unter Federführung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) erarbeiteten Leitlinie davon ab, vorbeugend Antibiotika zu geben.
Wenn jedoch das typische Symptom Erythema migrans in der Umgebung des Zeckenstiches auftritt, soll auch ohne Blutuntersuchung oder bei noch fehlendem Antikörpernachweis im Blut bereits eine Antibiotikabehandlung begonnen werden.
Ein solcher frühzeitiger Einsatz von Antibiotika vorzugsweise mit Doxycyclin (bei Kindern erst ab dem 9. Lebensjahr) oder mit Amoxicillin kann andere Organmanifestationen und Spätschäden (Gelenke, Nervensystem) verhindern.
Die Lyme Borreliose ist eine entzündliche Multisystemerkrankung, deren Erreger – Borrelia burgdorferi – durch Zecken übertragen wird. Bisher publizierte Daten in Deutschland lassen auf 60 000 bis etwa 200 000 Erkrankungen pro Jahr schließen.
Borrelien sind Bakterien, die während des Saugaktes der Zecke in die Stichwunde wandern.
„Entweder werden die Borrelien sofort durch das körpereigene Immunsystem abgetötet, oder es kommt zu einer lokalen Infektion“, erklärt Prof. Dr. med. Heidelore Hofmann, Oberärztin an der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie am Biederstein, München. „Aber nur ein kleiner Teil der Infizierten erkrankt schwer“, weiß Hofmann, Koordinatorin der Leitliniengruppe.
Typischerweise kommt es drei bis 30 Tage nach dem Zeckenstich zur primären Manifestationsform der Lyme Borreliose, der Wanderröte, medizinisch Erythema migrans genannt. „Es ist wichtig, die Einstichstelle bis zu sechs Wochen zu beobachten und die Hautmanifestation richtig zu deuten“, betont Hofmann.
Der Durchmesser des Erythems (Rötung der Haut) beträgt mindestens fünf Zentimeter. Es ist randbetont, nicht erhaben, nicht überwärmt und breitet sich zentrifugal um den Zeckenstich herum aus. Im Zentrum des Erythems ist die Zeckeneinstichstelle sichtbar.
„Es gibt allerdings auch ein atypisches Erythema migrans, das all diese Anzeichen nicht hat. Selbst Ärztinnen und Ärzte können es mitunter schwer deuten. Daher sollten diese Patientinnen und Patienten in die dermatologische Praxis überwiesen werden“, sagt Hofmann.
Begleitend können bei einer Borrelien-Infektion auch grippeähnliche Beschwerden wie Fieber, Muskel- und Gelenkschmerzen, Lymphknotenschwellungen oder Müdigkeit auftreten. Wenn sich die Borrelien im Körper ausbreiten („disseminieren“), können sie verschiedene Organe befallen.
Vor allem sind die Haut, die Gelenke, sowie das Nervensystem betroffen. Auch nach Monaten bis zu Jahren nach der Infektion können Spätmanifestationen (Acrodermatitis chronica atrophicans, Lyme-Arthritis, späte Neuroborreliose) auftreten.
Die aktualisierte Leitlinie bestätigt in Bezug auf die Diagnostik die bestehende Vorgehensweise: Labordiagnostik mit serologischen Methoden, die sich auf spezifische Antikörper im Blut gegen die Borreliose-Erreger konzentrieren. Die Stufendiagnostik mit Suchtest und einem Immunoblot als Bestätigungstest bleibt ebenfalls gültig.
Dr. med. Volker Fingerle, Leiter des Nationalen Referenzzentrums für Borrelien am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit und Koordinator der Leitlinie merkt dazu an: „Serologische Untersuchungen auf Borreliose, also das Aufspüren von Antikörpern im Blutserum, sollen nur bei begründetem klinischem Verdacht veranlasst werden. Es müssen immer die klinischen Befunde und subjektiven Beschwerden der Patientin oder des Patienten mitberücksichtigt werden.“
In Auswertung der aktuellen Literatur für die Leitlinie haben sich keine wesentlichen neuen Therapieänderungen ergeben. Zentral bleibt eine frühzeitige antibiotische Therapie, um andere Organmanifestationen und Spätschäden an Gelenken und Nervensystem zu verhindern. „Im Frühstadium ist die Lyme Borreliose durch die leitliniengerechte Antibiotikatherapie vollständig heilbar. Dadurch werden Spätmanifestationen verhindert“, betont Hofmann.
Therapie der ersten Wahl sind Doxycyclin (bei Kindern erst ab 9. Lebensjahr) oder Amoxicillin. Die Cochrane Netzwerkanalyse zur Therapie des Erythema migrans hat gezeigt, dass neben Doxycyclin und Amoxicillin auch Penicillin V oral eine gleichwertig gute Wirksamkeit hat.
Eine slowenische Analyse der Patienten mit Acrodermatitis chronica atrophicans in den letzten 30 Jahren hat ergeben, dass die Häufigkeit konstitutioneller Symptome und Atrophie abnimmt, wahrscheinlich durch die bessere Früherkennung.
Wenn der begründete Verdacht besteht, dass die Person durch ihren Beruf an Lyme Borreliose erkrankte, muss der behandelnde Arzt/die behandelnde Ärztin diesen dem Unfallversicherungsträger anzeigen. Unter der BK-Nr. 3102 werden bei der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) Zoonosen aufgelistet, also Erkrankungen, die von Tieren auf den Menschen übertragen werden. „Beschäftigte im Wald- und Forstbereich haben ein erhöhtes Risiko, an einer Lyme-Borreliose zu erkranken“, sagt Fingerle.
Auch wenn sich die Leitlinie, an deren Entstehung 22 Fachgesellschaften und zwei Patienten-Organisationen beteiligt waren, an Ärztinnen und Ärzte in Praxis und Klinik richtet, die mit der Behandlung der Lyme Borreliose befasst sind, so haben die Autorinnen und Autoren doch auch die allgemeine Bevölkerung im Sinn.
„Von entscheidender Bedeutung ist erstens, dass die Menschen nach einem Aufenthalt in der Natur ihren Körper auf Zecken absuchen und zweitens, falls es zu einem Stich kam, die Zecke zeitnah entfernen.
Danach sollte die Haut im Umfeld des Einstiches bis zu sechs Wochen auf neue, an Größe zunehmende Hautveränderungen beobachtet werden“, ergänzt Professor Dr. med. Silke Hofmann, Direktorin des Zentrums für Dermatologie, Allergologie und Dermatochirurgie, HELIOS Universitätsklinikum Wuppertal.
Das gilt in besonderem Maße für Menschen, die im Wald arbeiten, aber auch für alle, die Freizeitaktivitäten in der Natur nachgehen. Die Verbreitung der Lyme-Borreliose ist in Deutschland heterogen.
„Es gibt Hochinzidenzregionen beispielsweise in Brandenburg, Thüringen, Sachsen, in Bayern sowie in Sachsen-Anhalt“, ergänzt die Beauftrage für die Öffentlichkeitsarbeit der DDG und empfiehlt, sich auch vor Urlaubsreisen bei den Gesundheitsämtern der Zielregion zu informieren und ggf. besonders achtsam zu sein.
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