Der Storch kam erst im Mittelalter nach Norddeutschland
Neue Studie zeigt Verbreitung des Weißstorchs seit der letzten Eiszeit.
In Sagen und Fabeln bringt er Glück, Kinder und Wohlstand. Heute gilt sein Auftreten als ein Zeichen für eine intakte Natur. Kaum ein Vogel ist in Europa so positiv besetzt wie der Weißstorch Ciconia ciconia.
Doch wie alt ist dieses enge Verhältnis zwischen Mensch und Storch? Wo und wodurch ist es entstanden? „Um diese Fragen zu beantworten, müssen wir erst einmal wissen, wann der Storch früher wo lebte“, sagt der Archäologe Dr. Ulrich Schmölcke vom Standort Schleswig des Leibniz-Zentrums für Archäologie (LEIZA).
Zusammen mit dem Ornithologen Kai-Michael Thomsen vom Michael-Otto-Institut im NABU und mit Unterstützung des Exzellenzclusters ROOTS an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hat er erstmals die Verbreitungsgeschichte des Weißstorchs in Europa seit der letzten Eiszeit anhand archäologischer Funde untersucht.
„Dabei zeigt sich, dass ausgerechnet der Nordosten des Kontinents inklusive Norddeutschlands mit seiner heute so hohen Populationsdichte erst in vergleichsweise junger Vergangenheit Teil des Weißstorchgebiets wurde“, erklärt Thomsen. Die Studie ist jetzt in der internationalen Fachzeitschrift Journal of Ornithology erschienen.
Für die Studie haben die beiden Autoren bereits veröffentlichte Funde von Vogelknochen im Umfeld von prähistorischen oder frühgeschichtlichen Siedlungen ausgewertet. Allein in einer Datensammlung aus dem Jahr 1999 sind Informationen zu mehr als 7500 archäologischen Stätten mit Tierresten von der letzten Eiszeit bis zur frühen Neuzeit in ganz Europa enthalten.
Neuere Funde haben die beiden Autoren aus aktueller Forschungsliteratur ergänzt. „Dank dieser umfangreichen Datengrundlage lassen sich zuverlässige Aussagen über die Verbreitung des Weißstorchs in den letzten Jahrtausenden treffen“, sagt Ulrich Schmölcke.
Demnach war Ciconia ciconia bis vor 1500 Jahren ausschließlich im Süden und Westen Europas verbreitet, vor allem auf der iberischen Halbinsel, im Oberrheingebiet und auf dem südlichen Balkan.
„Die Verbreitungsgrenze des Weißstorchs stimmte am Ende der Antike genau mit der Ausdehnung des Römischen Reiches überein. Aus antiken Schriftquellen geht hervor, dass er zu dieser Zeit bereits eng mit den Menschen im Mittelmeerraum verbunden war“, erklärt Dr. Schmölcke.
Jenseits der Grenzen des Römischen Reiches fand der Weißstorch dagegen keine geeigneten Lebensräume. Die menschliche Bevölkerungsdichte war deutlich geringer. Es gab weniger offene Flächen, weil Landwirtschaft nicht so intensiv betrieben wurde.
„Erst vor etwa 1000 Jahren erweiterte sich das Verbreitungsgebiet des Weißstorches rasant nach Nordosten. Das fällt zeitlich mit dem mittelalterlichen Landesausbau zusammen, bei dem viele Wälder gerodet und neue landwirtschaftliche Nutzflächen angelegt wurden“, sagt Thomsen, „offenbar ist der Weißstorch langfristig ein Nutznießer von bestimmten, menschengemachten Landschaftsveränderungen.“
Die Studie bringt wichtige Erkenntnisse sowohl für den Naturschutz als auch für die Archäologie. „Wenn wir verstehen wollen, wie Arten sich ausbreiten oder warum sie aus einigen Gebieten wieder verschwinden, können wir uns nicht nur den aktuellen Zustand ansehen. Wir müssen auch langfristige Entwicklungen verstehen“, sagt Kai-Michael Thomsen.
„Sowohl am LEIZA als auch im Exzellenzcluster ROOTS untersuchen wir, wie sich das Verhältnis von Mensch und Umwelt in den vergangenen Jahrtausenden entwickelt hat. Dafür müssen wir aber wissen, wie die Umwelt früher ausgesehen hat und welche Arten wo überhaupt vorkamen“, ergänzt Schmölcke.
Weitere Forschungen zu anderen Arten sind notwendig. „Doch die Studie zeigt das große Potenzial, das eine Zusammenarbeit von Ornithologie und Archäologie hat, gerade wenn wir weitere Analysemethoden wir Genetik und Isotopenmessungen mit einbeziehen“, betont der Archäologe.
Publikation
Schmölcke, U., Thomsen, KM. Prehistorical and historical occurrence and range dynamic of the Eurasian Spoonbill (Platalea leucorodia) and the White Stork (Ciconia ciconia) in Europe . J Ornithol (2024)
Weitere Meldungen
Neuigkeiten aus der Wissenschaft
Neue Verordnung zu MKS: Importverbot für tierische Produkte aus Ungarn gezielt angepasst
Importverbot gilt ab 14. April 2025 nur mehr für Regionen mit Schutz- oder Sperrzonen - Maßnahmen zum Schutz der Tiergesundheit bleiben aufrecht
Hardenberg Institute vermittelt Veterinär-Studienplätze
Das Hardenberg Institute vermittelt Studieninteressierte aus Österreich und Deutschland an akkreditierte Veterinär-Fakultäten im EU-Ausland
Neues Artenschutzhaus für geschmuggelte Tiere im Tiergarten Schönbrunn eröffnet
Im Tiergarten Schönbrunn wurde am 11. April 2025 das neue Artenschutzhaus eröffnet
ÖTT-Tagung 2025: 20 Jahre Tierschutzgesetz – wo stehen wir?
Die 15. Tagung der Plattform Österreichische Tierärztinnen und Tierärzte für Tierschutz (ÖTT) findet am 8. Mai 2025 online statt.
Maßnahmen gegen Maul- und Klauenseuche: Grenzübergänge vorübergehend geschlossen
Erhöhte Biosicherheitsmaßnahmen für Betriebe, Importstopp für pflanzliche Futtermittel aus betroffenen Regionen, Abstimmung zwischen Behörden läuft gut
KATZENMEDIZIN #23
Die aktuelle Ausgabe des Fachmagazins für Tierärzt:innen, KATZENMEDIZIN #23, ist soeben erscheinen
Vetmeduni Vienna verschiebt den Tag der offenen Tür
Als Vorsichtsmaßnahme wegen der in der Slowakei und in Ungarn ausgebrochenen Maul- und Klauenseuche (MKS) wird der Tag der offenen Tür in den September 2025 verschoben
Tierärztekammer fordert dringende Maßnahmen zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche (MKS)
MKS-Ausbrüche in der Slowakei und Ungarn weiterhin nicht unter Kontrolle
Fünf Erfolge der Präparator*innen für das NHM Wien
Im Februar 2025 fand zum 14. Mal die "European Taxidermy Championships", die Europameisterschaft der Präparator*innen, in Salzburg statt
Teile diesen Bericht auf:
Buchtipps Buchtipps Buchtipps

Laser Therapy in Veterinary Medicine: Photobiomodulation
(9. Mai. 2025) A comprehensive, up-to-date reference to the clinical applications…Manual of Clinical Procedures in Pet…
(1. Mai. 2025) Easy-to-follow step-by-step techniques for common clinical procedures in…Esel- und Maultierkrankheiten
(22. Apr. 2025) Erstes deutsches Fachbuch zum Thema Esel- und Maultierkrankheiten…Das stille Sterben der Natur
(17. Apr. 2025) Wie wir die Artenvielfalt und uns selbst retten…Es war einmal das Huhn
(9. Apr. 2025) Eine Forschungsreise durch die bewegte Geschichte von Mensch…Das Pferd und sein Wert –…
(1. Apr. 2025) Das Buch Das Pferd und sein Wert richtet…Internationale Veranstaltungen Int. Veranstaltungen Internationale Veranstaltungen

SIVEMAP 2025
(31. Mär. 2025) Die SASAP (Serbian Association of Small Animal Practitioners)…EVECC-Kongress 2025
(1. Mär. 2025) Der 22. European Veterinary Emergency and Critical Care…FECAVA EuroCongress 2025 in Antwerpen
(17. Feb. 2025) FECAVA lädt Sie vom 3. bis 6. September…Yaboumba Weltkongress 2025
(17. Feb. 2025) Der XV. Internationale Kongress für Medizin und Chirurgie…Webinar zum World Veterinary Dermatology Day…
(13. Jan. 2025) Die World Association for Veterinary Dermatology lädt am…Hill's Global Symposium 2024
(20. Okt. 2024) Hosted by Hill's Pet Nutrition on Oct. 24-25…Preise und Stipendien Preise und Stipendien Preise und Stipendien
