Artenvielfalt auf den Inseln ist extrem bedroht

(11.10.2021) Inseln machen nur 7 Prozent der weltweiten Landfläche aus – doch sie beherbergen 20 Prozent aller Tier- und Pflanzenarten. Diese Vielfalt ist extrem bedroht.

In einem Beitrag in der Zeitschrift „Global Ecology and Conservation“ beschreibt Biogeograph Prof. Severin Irl von der Goethe-Universität zusammen mit Kollegen den Ist-Zustand der Artenvielfalt.

Inseln tragen erheblich zur globalen Biodiversität bei. Hier leben nicht nur überproportional viele unterschiedliche Tier- und Pflanzenarten; sogar 50 Prozent aller vom Aussterben bedrohter Arten leben hier, und drei Viertel aller dokumentierten, ausgestorbenen Arten waren hier beheimatet.


Artenvielfalt auf den Inseln ist extrem bedroht

In der jüngsten Ausgabe von „Global Ecology and Conservation“ beschreiben die Mitglieder des Leitungsgremiums der 2020 gegründeten Society of Island Biology (SIB), zu denen auch der Frankfurter Biogeograph Prof. Severin Irl gehört, den Zustand der Artenvielfalt auf Inseln weltweit. Die Ökosysteme auf Inseln stehen durch menschliche Aktivitäten stark unter Druck.

Durch die Isolation vom Festland haben sich auf Inseln einzigartige Pflanzen- und Tierspezies entwickelt, sogenannte endemische Arten, die weltweit nur auf den jeweiligen Inseln oder Archipelen vorkommen. Diese Arten sind oft besonders durch menschliche Einflüsse wie Übernutzung von Ökosystemen, Habitatzerstörung (z.B. durch die Umwandlung in landwirtschaftliche Nutzflächen), die Einführung von nicht-heimischen, invasiven Arten und den Klimawandel bedroht.

Die auf Inseln lebenden Arten können sich aber auch u.a. wegen fehlender Anpassungsstrategien an Fressfeinde häufig schlechter an Veränderungen der natürlichen Ökosysteme anpassen als Arten auf dem Festland. Diese erhöhte Vulnerabilität hat dazu geführt, dass mindestens 800 Arten auf Inseln in den vergangenen 500 Jahren unwiderruflich verloren gegangen sind.

Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Art auf einer Insel in der Zukunft aussterben wird, ist zwölfmal höher als bei einer Art auf dem Festland. „Wenn es so weitergeht, ist klar, dass Inseln den Großteil der in Zukunft ausgestorbenen Arten tragen werden“, sagt Prof. Severin Irl.

Die neugegründete SIB sieht sich als internationales Sprachrohr für die Belange von Arten auf Inseln. Im Artikel schlagen die Autoren um den Präsidenten der SIB Prof. José María Fernández-Palacios von der Universidad de La Laguna auf Teneriffa konkrete Maßnahmen vor, wie weiteres Aussterben verhindert werden kann und wie Naturschutzbelange mit den Belangen der dort lebenden Menschen in Einklang gebracht werden können.

Als Grundlage wird ein vollständiges Inventar der Arten auf Inseln benötigt. Dass ein solches oft fehlt, erschwert die Entwicklung geeigneter Naturschutzkonzepte. Zugleich sind konkrete Naturschutzmaßnahmen für akut vom Aussterben bedrohte Arten und deren natürliches Habitat unabdingbar.

Alle Maßnahmen müssen in einem sozio-ökologischen Kontext unter Einbeziehung der Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung geschehen, die als Bewahrer der Biodiversität fungieren und mit der Wissenschaft entsprechende Kapazitäten aufbauen sollten.

Publikation

Fernández-Palacios, J.M., Kreft, H., Irl, S.D.H., Norder, S., Ah-Peng, C., Borges, P.A.V., Burns, K.C., de Nascimento. L., Meyer, J.-Y., Montes, E. & Drake, D.R. (2021) Scientists’ warning – The outstanding biodiversity of islands is in peril. Global Ecology and Conservation, 31: e01847


Weitere Meldungen

Arapaima ; Bildquelle: David Ausserhofer

Erwünschte Störenfriede: Große Tiere sorgen für Vielfalt im Süßwasser

Die Zahl großer Süßwassertiere ist weltweit stark zurückgegangen, ebenso wie die Größe ihrer Verbreitungsgebiete. Die Ursachen für die Gefährdung dieser Megafauna sind weitgehend bekannt, die Folgen des Verlusts für die Ökosysteme dagegen kaum
Weiterlesen

Gefleckte Weichschildkröte (Pelodiscus variegatus) ; Bildquelle: T. Ziegler

Studie zur Verbreitung der Gefleckten Weichschildkröte liefert Basis für Schutzprogramm

Erhaltungszuchtprogramme sollen den Schutz der vom Aussterben bedrohten Gefleckten Weichschildkröte unterstützen
Weiterlesen

Weiblicher Südlicher Schweinsaffe mit Jungtier; Bildquelle: Anna Holzner

Landwirtschaftliche Nutzung von natürlichen Lebensräumen gefährdet junge Primaten

Das regelmäßige Aufsuchen von Palmölplantagen führt zu einer deutlich erhöhten Sterblichkeitsrate unter jungen Südlichen Schweinsaffen (Macaca nemestrina) in freier Natur
Weiterlesen

Hoogmoed´s Harlekin-Kröte; Bildquelle: Jaime Culebras/Photo Wildlife Tours

40 Prozent aller Amphibienarten vom Aussterben bedroht

Eine Fallstudie in der Biogeographie der Universität Trier zu Harlekin-Kröten zeigt aber auch Erfolge von Schutzmaßnahmen auf
Weiterlesen

Saiga-Männchen; Bildquelle: Daniel Rosengren / ZGF

Erfolg für den Artenschutz: Die Saiga-Antilope ist nicht mehr 'vom Aussterben bedroht'

Diese positive Statusänderung in der Roten Liste spiegelt die bemerkenswerte Erholung der Art in Kasachstan wider. Zurückzuführen ist das auf konsequente und koordinierte Bemühungen zur Erhaltung der Art
Weiterlesen

Universität Zürich

Stark bedrohte Haie und Rochen sind unzureichend geschützt

Haie und Rochen sind die am stärksten bedrohte Gruppe der marinen Wirbeltiere. Ihre Funktionen im Ökosystem haben Forschende unter der Leitung von UZH-Professorin Catalina Pimiento nun in einer internationalen Studie zu einem entscheidenden Kriterium für den Artenschutz gemacht
Weiterlesen

Technische Universität Berlin

Ein Fünftel der Tiere und Pflanzen in Europa bedroht

Umweltplanerin Melanie Bilz erklärt im Interview die Hintergründe zu den alarmierenden Zahlen einer kürzlich u.a. von ihr veröffentlichten internationalen Studie
Weiterlesen

Naturphotographen weltweit teilen ihre Aufnahmen zur Biodiversität in den sozialen Medien – ein riesiges Potenzial auch für die Biodiversitätsforschung.; Bildquelle: Sultan Ahmed

Wie Soziale Medien zum Artenschutz beitragen können

Fotos von Tier- und Pflanzenarten, die in den Sozialen Medien geteilt werden, können einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Biodiversität leisten – vor allem in tropischen Gebieten
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen