Steckt in der DNA der Fledermäuse die Antwort für ein gutes Älterwerden?

(15.03.2021) Eine neue Studie in Nature Communications zeigt, dass das Alter von Fledermäusen basierend auf DNA-Methylierungsmustern mit hoher Genauigkeit vorhergesagt werden kann.

Ein weltweites Team von Forschenden mit Beteiligung des Museums für Naturkunde Berlin untersuchten dafür die an die DNA gebundenen Methylgruppen (CH3) von 26 Fledermausarten.

Museum für Naturkunde Die Erkenntnisse zu Anti-Aging Anpassungen könnten in der Medizin genutzt werden und Menschen ermöglichen, ihre Alterszeit so gesund wie die Fledermäuse zu verbringen, deren lange Lebenszeit aus einer guten Immunantwort und der Unterdrückung von Krebsentstehung resultiert.

Den Altersrekord unter Säugetieren hält bisher ein 211 Jahre alter Grönlandwal. Allerdings hängt das Alter bei Säugetieren allometrisch mit dem Körpergewicht zusammen, so dass größere Säugetiere normalerweise auch eine längere Lebenszeit besitzen. Fledermäuse hingegen sind die eigentlichen Rekordhalter - die Winzlinge können wahre Methusalems sein.

Die älteste bekannte freilebende Fledermaus wurde über 41 Jahre alt bei einem Gewicht von lediglich rund 7g. Die Große Bartfledermaus (Myotis brandtii) wird demnach 9,8-mal älter als man bei dieser Körpergröße annehmen würde.

Ihre extreme Langlebigkeit und die Tatsache, dass sie wenige Alterungserscheinungen zeigen, macht Fledermäuse außerordentlich spannend für Fragen nach den Mechanismen, die schädlichen Alterungseffekten zugrunde liegen.

Ein weltweites Team aus 32 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, zu denen auch Linus Günther, Mirjam Knörnschild, Frieder Mayer und Martina Nagy vom Museum für Naturkunde Berlin gehören, untersuchte Methylierungsmuster der DNA von 26 Fledermausarten mit dem Ziel epigenetische Veränderungen zu identifizieren, die mit dem Alter und der Langlebigkeit der Tiere assoziiert sind.

DNA-Methylierung bzw. -Demethylierung sind Mechanismen, bei denen Methylgruppen (CH3) an DNA gebunden oder davon entfernt werden. Der Methylierungsgrad bestimmter DNA-Regionen beeinflusst viele Prozesse in einem Organismus, wie zum Beispiel die Regulation von Genen, aber auch die Entstehung von Tumoren. Bei Menschen ist es schon länger möglich, basierend auf alterstypischen Veränderungen der Methylierung, das biologische Alter zu bestimmen.

„Der Datensatz zu 712 Fledermäusen bekannten Alters, den wir hier unter der Federführung des Erstautors Gerald Wilkinson zusammengetragen haben, ist absolut phänomenal“, erklärt Frieder Mayer vom Berliner Naturkundemuseum, „Das Alter von Fledermäusen lässt sich nicht an äußeren Merkmalen feststellen, sondern musste bisher über aufwendige Langzeitstudien ermittelt werden.

Die Ergebnisse dieser Studie erlauben nun, das genaue Alter von Fledermäusen über Analysen der Methylierungsmuster ihrer DNA zu bestimmen.“ Kollegin Martina Nagy ist begeistert von den Implikationen der Studie. "Exakte Altersbestimmungen bei wildgefangenen Fledermäusen durchführen zu können, ist phantastisch", stellt sie fest. "Dies wird unsere zukünftigen Forschungsvorhaben immens bereichern."

Fledermäuse werden nicht nur sehr alt, sie bleiben dabei auch gesund und erkranken nur selten an Krebs. Dies hängt unter anderem wahrscheinlich mit genetischen Anpassungen zur Unterdrückung von Tumorbildung zusammen.

Die aktuelle Studie bietet neue Evidenz dafür. Änderungen der Methylierung in DNA-Regionen, die mit Langlebigkeit assoziiert sind, betreffen bei Fledermäusen Gene des angeborenen Immunsystems und der Tumorbildung und ermöglichen wahrscheinlich auf diese Weise deren extreme Langlebigkeit.

„Die Erkenntnisse zu Anti-Aging Anpassungen könnten in der Medizin genutzt werden und Menschen ermöglichen, ihre Alterszeit so gesund wie die Fledermäuse zu verbringen.“ fügt Kollegin Mirjam Knörnschild hinzu.

Publikation: Studie in Nature Communications



Weitere Meldungen

Henning Wackerhage, Professor für Sportbiologie an der Technischen Universität München; Bildquelle: Andreas Heddergott / TUM

Studie: Einnahme von Taurin verzögert Alterung im Tierversuch

Taurinmangel ist eine der treibenden Kräfte hinter dem Altern von Menschen und Tieren. Das zeigt eine Studie mit Beteiligung der Technischen Universität München (TUM), die im renommierten Fachmagazin „Science“ erschienen ist
Weiterlesen

Friedrich-Loeffler-Institut (FLI)

Wenn Flughunde altern, verändern sich ihre Immunzellen

Studie von FLI und HIRI enthüllt die Komplexität der Leukozyten in ägyptischen Flughunden und ihre Prägung durch das Alter
Weiterlesen

Sifaka; Bildquelle: Claudia Fichtel

Die Lebenserwartung in Primatenpopulationen wird durch die Überlebensrate der Jüngeren bestimmt

Dass wir das Altern nicht verlangsamen können, zeigt jetzt eine Studie eines internationalen Forscherteams, an dem auch Claudia Fichtel und Peter Kappeler vom Deutschen Primatenzentrum (DPZ) – Leibniz-Institut für Primatenforschung in Göttingen, beteiligt waren
Weiterlesen

Eine Kolonie weiblicher Bechsteinfledermäuse in ihrem Tagesquartier, einem Fledermauskasten in einem Wald bei Würzburg, Deutschland.; Bildquelle: Gerald Kerth

In warmen Sommern geborene weibliche Bechsteinfledermäuse werden größer, sterben jedoch früher

Eine Langzeitstudie Greifswalder Forscher*innen zeigt einen neuen, unerwarteten Effekt des Klimawandels: In warmen Sommern geborene weibliche Bechsteinfledermäuse werden größer
Weiterlesen

Max-Planck-Institut für Biologie des Alterns

Small fish populations accumulate harmful mutations that shorten lifespan

A genetics study in wild turquoise killifish shows that small populations accumulate mutations that shorten lives, helping scientists better understand how lifespan can evolve among populations
Weiterlesen

Prof. Hartmut Geiger leitet das Institut für Molekulare Medizin an der Universität Ulm; Bildquelle: Heiko Grandel

CASIN - Jungbrunnen für alternde Mäuse: Forschende drehen die epigenetische Uhr zurück

Forschende aus Ulm und Barcelona haben betagte Mäuseweibchen "verjüngt". Nach einer nur viertägigen Behandlung mit der Substanz CASIN lebten die Nager deutlich länger als ihre unbehandelten Artgenossen
Weiterlesen

PD Dr. Alexander Eggel, Department for BioMedical Research (DBMR), Universität Bern, und Universitätsklinik für Rheumatologie, Immunologie und Allergologie, Inselspital Bern.; Bildquelle: Alexander Eggel

Alterungsprozesse im Tiermodell rückgängig gemacht

Erhöhte Gebrechlichkeit und Immunschwäche gehören zu den Hauptmerkmalen des Alterns. Forschenden der Universität Bern und vom Inselspital, Universitätsspital Bern ist es nun im Tiermodell gelungen, diese zwei altersbedingten Beeinträchtigungen mit einer neuartigen Zelltherapie zu entschleunigen und teilweise rückgängig zu machen
Weiterlesen

Nacktmull ; Bildquelle: Jan Zwilling, IZW

Forscherteam beschreibt erstmals biochemischen Schlüsselmechanismus für Alterungsprozesse in Mäusen, Nacktmullen und Fledermäusen

Das Altern ist ein unvermeidlicher Teil des Lebens. Wie Alterungsprozesse ablaufen, unterscheidet sich zwischen Tierarten – zum Teil sogar zwischen eng verwandten – sehr stark
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen