Wissenschaftsteam erzeugt einen dritten Embryo - ein weiterer Schritt zur Rettung des Nördlichen Breitmaulnashorns

(15.01.2020) Im August 2019 hat das BMBF-geförderte „BioRescue Wissenschafts- und Naturschutzteam“ einen Meilenstein im Kampf gegen das Aussterben des Nördlichen Breitmaulnashorns erreicht.

Es entnahm den beiden verbliebenen Weibchen Eizellen, befruchtete diese künstlich mit gefrorenem Sperma von verstorbenen Männchen und erzeugte zwei Nördliche Breitmaulnashorn-Embryos.

Mit großer Unterstützung der kenianischen Regierung und im Beisein von Hon Najib Balala (Cabinet Secretary, Ministry of Tourism and Wildlife, Kenya) wiederholte das Team die Prozedur am 17. Dezember 2019 und konnte über Weihnachten einen neuen Embryo erzeugen.

Dies erhöht die Chancen auf Nachwuchs für die Dickhäuter erheblich. Die Prozedur hat sich als sicher erwiesen und kann solange regelmäßig durchgeführt werden, bis die Tiere zu alt sind. Die Vorbereitungen für die nächsten Schritte der Rettungsmission für das Nördliche Breitmaulnashorn sind im Gange.


Nördliches Breitmaulnashorn

Am 17. Dezember 2019 - vier Monate nach der bahnbrechenden ersten Eizellenentnahme - wiederholte das BioRescue-Team die Prozedur mit den Nördlichen Breitmaulnashörnern Najin und Fatu in der Ol Pejeta Conservancy in Kenia.

Unter der Leitung des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung wurden die Tiere narkotisiert und neun unreife Eizellen (Oozyten) – drei von Najin und sechs von Fatu – wurden mit einem selbst entwickelten medizinischen Spezialgerät entnommen.

Das Anästhesieren der Tiere und die von Ultraschallbildern geleitete Eizellenentnahme verliefen ohne Komplikationen. Die Eizellen wurden umgehend in das Labor von Avantea in Italien transportiert. Nach der Inkubation und Reifung der neun Eizellen wurden vier von Fatu und eine von Najin mit einem Spermium befruchtet. Das dabei angewandte Verfahren heißt ICSI (Intra Cytoplasm Sperm Injection).

Eine der fünf mit einem Spermium des Nashornbullen Suni befruchteten Eizellen von Fatu entwickelte sich zu einem lebensfähigen Embryo mit Hilfe eines Geri®-Gerätes. Dieser innovative Tisch-Inkubator mit integrierter kontinuierlicher Embryonenüberwachung bietet eine individuelle und ungestörte Inkubationsumgebung und wurde dem BioRescue-Konsortium von Merck gespendet. Der dritte erzeugte Embryo lagert jetzt auch sicher im flüssigen Stickstoff.

Hon Najib Balala (Cabinet Secretary, Ministry of Tourism and Wildlife, Kenia) sagt: „Die kenianische Regierung ist glücklich darüber, dass das in-vitro-Fertilisationsprojekt des internationalen Konsortiums von Wissenschaftlern und Naturschützern aus Deutschland, der Tschechischen Republik, Italien und Kenia so erfolgreich ist und drei reine Nördliche Breitmaulnashorn-Embryos erzeugen konnte. Diese können in der kommenden Zeit in Leihmütter – südliche Breitmaulnashorn-Weibchen – eingesetzt werden.

Das ist ein großer Gewinn für Kenia und seine Partner, da Nördliche Breitmaulnashörner unmittelbar vom Aussterben bedroht sind. Nur noch zwei Weibchen, Najin und Fatu, existieren weltweit und leben derzeit in Kenia. Die Rettungsmission ist ein komplizierter Vorgang und wir danken den Partnern für ihr Engagement: dem Kenya Wildlife Service, der Ol Pejeta Conservancy, dem Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung, dem Labor Avantea und dem Zoo Dvur Králové. Sie setzen sich unermüdlich dafür ein, dass diese akut vom Aussterben bedrohten Tiere nicht unter unseren Augen vom Planeten verschwinden.

Ich sporne die Wissenschaftler an, weiter an Technologien und Innovationen zu forschen, die nicht nur die Nördlichen Breitmaulnashörner retten, sondern auch anderen Tierarten mit - ähnlich düsteren Aussichten - helfen können. Der Umstand, dass Kenia zu einem Fixpunkt dieses wissenschaftlichen Durchbruchs wurde, macht mich stolz. Es ist atemberaubend zu sehen, dass die Wissenschaft uns in die Lage versetzt, den tragischen Verlust dieser Nashorn-Unterart doch noch abzuwenden.“

Die Vorbereitungen für die nächsten Schritte der Mission zur Rettung des Nördlichen Breitmaulnashorns laufen auf Hochtouren und parallel zur Erzeugung von weiteren Embryos.

Aus einer Gruppe Südlicher Breitmaulnashörner in der Ol Pejeta Conservancy wird derzeit ein passendes Weibchen als Leihmutter ausgewählt. Um die bestmöglichen Ergebnisse für die Arbeit mit den Nördlichen Breitmaulnashorn-Embryos zu erzielen, stützt sich das BioRescue-Team auf seine bisherigen Erfahrungen im Embryotransfer bei Südlichen Breitmaulnashörnern in Europäischen Zoos.

Diese werden vom BioRescue-Team durchgeführt, um Reproduktionsproblemen von Südlichen Breitmaulnashörnern in europäischen Zoos zu beheben. Obwohl noch Forschungsbedarf besteht, rechnet das Team damit, dass ein erster Transfer eines Nördlichen Breitmaulnashorn-Embryos Ende 2020 erfolgen kann.

Zusätzlich zur Eizellenentnahme transportierte das BioRescue-Team im Dezember 2019 auch kryokonserviertes Sperma von Sudan, dem letzten nördlichen Breitmaulnashorn-Männchen, das im März 2018 verstarb, von Kenia nach Deutschland. Ziel ist es, das Sperma in Zukunft für die Produktion weiterer Embryos zu verwenden.

Da die Proben jedoch erst 2014 gewonnen wurden, als Sudan bereits über 40 Jahre alt war, muss zunächst geprüft werden, ob er für diesen Einsatzzweck noch geeignet ist.

Die Eizellenentnahme, die Erzeugung der Embryos und die Vorbereitung des Embryotransfers ist eine Gemeinschaftsleistung des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW), Avantea, Zoo Dvur Králové, Ol Pejeta Conservancy und des Kenya Wildlife Service (KWS).

Die Eingriffe und Prozeduren sind Teil des Forschungsprojekts „BioRescue“, dessen Ziel es ist, Methoden der assistierten Reproduktion (ART) und der Stammzell-assoziierten Techniken (SCAT) für den Artenschutz deutlich voranzubringen. Ergänzt wird das BioRescue-Programm durch eine umfassende ethische Risikoanalyse, die von der Universität Padua durchgeführt wird.

Das BioRescue-Konsortium wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und besteht aus international renommierten Institutionen aus Deutschland, Italien, Tschechien, Kenia, Japan und den USA.


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