Die Größten sind nicht immer die Schnellsten

(17.07.2017) Wie ein parabelartiger Zusammenhang zwischen Größe und Geschwindigkeit zustande kommt, hat nun ein Wissenschaftlerteam unter der Leitung des Forschungszentrums iDiv und der Universität Jena erstmals in einem mathematischen Modell beschrieben und dieses in der Fachzeitschrift Nature Ecology and Evolution vorgestellt.

Bei kleinen bis mittelgroßen Tieren bedeutet größer auch schneller, doch bei sehr großen Tieren geht es mit der Geschwindigkeit wieder bergab.

Wie dieser parabelartige Zusammenhang zwischen Größe und Geschwindigkeit zustande kommt, hat nun ein Wissenschaftlerteam unter der Leitung des Forschungszentrums iDiv und der Universität Jena erstmals in einem mathematischen Modell beschrieben und dieses in der Fachzeitschrift Nature Ecology and Evolution vorgestellt.


Der Afrikanische Elefant ist das größte Tier an Land, jedoch nicht das schnellste.

Das Modell ist verblüffend einfach: Die einzigen Informationen, mit denen es „gefüttert“ werden muss, sind das Gewicht eines bestimmten Tieres sowie das Element, in dem es sich fortbewegt, also Land, Luft oder Wasser.

Allein auf diesen Grundlagen berechnet es die maximale Geschwindigkeit, die ein Tier erreichen kann, mit fast 90 prozentiger Genauigkeit. „Das Praktische an unserem Modell ist, dass es generell anwendbar ist“, sagt die Erstautorin der Studie, Myriam Hirt vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Friedrich-Schiller-Universität Jena.


Den parabelartigen Zusammenhang zwischen dem Gewicht von Tieren und ihrer maximalen Geschwindigkeit haben Forscher nun erstmals in einem einfachen mathematischen Modell beschrieben.
„Es funktioniert über alle möglichen Körpergrößen von Tieren hinweg, von der Milbe bis zum Blauwal, mit allen Fortbewegungsarten, vom Laufen übers Schwimmen bis zum Fliegen, und gilt in allen Lebensräumen.“

Außerdem sei das Modell keineswegs auf aktuell lebende Tierarten beschränkt, sondern ließe sich ebenso gut auf bereits ausgestorbene Spezies anwenden. „Um zu testen, ob wir mit unserem Modell auch die Maximalgeschwindigkeit von bereits ausgestorbenen Tieren berechnen können, haben wir es auf Dinosaurier-Arten angewendet, deren Geschwindigkeit zuvor mit hochkomplexen biomechanischen Verfahren simuliert worden war“, erklärt Hirt.

Das Ergebnis: Für Triceratops, Tyrannosaurus, Brachiosaurus und Co. lieferte das einfache Modell Ergebnisse, die mit jenen der aufwendigen Simulationen übereinstimmten – und für Tyrannosaurus mit 27 km/h nicht gerade Rekordwerte ergaben.

„Dies bedeutet, dass wir mit unserem Modell künftig auch für andere ausgestorbene Tierarten auf sehr einfache Weise einschätzen können, wie schnell diese laufen konnten“, so die Wissenschaftlerin.

Zwei Annahmen liegen dem Modell zugrunde. Die erste Annahme beruht auf der Tatsache, dass Tiere ihre Höchstgeschwindigkeiten während vergleichsweise kurzen Sprints erreichen.

Anders als beim Laufen über lange Strecken, bei dem der Körper stets neue Energie zur Verfügung stellt (aerober Stoffwechsel), nutzen Tiere beim Sprinten Energiereserven, die in den Muskeln gespeichert, aber auch vergleichsweise schnell aufgebraucht sind (anaerober Stoffwechsel).

Je größer ein Tier ist und je mehr Muskelmasse es hat, desto schneller kann es also sprinten. So weit so gut. Doch nun kommt ein physikalisches Grundgesetz ins Spiel, das schon Newton beschrieben hat: Masse ist träge.

Die fünf Tonnen eines Afrikanischen Elefanten lassen sich nicht so schnell in Bewegung setzen wie die 2,5 Gramm einer Etruskerspitzmaus. Bis so große Tiere wie der Elefant beim Laufen einmal Fahrt aufgenommen haben, gehen ihre schnell verfügbaren Energiereserven auch schon zur Neige.

Zusammengenommen ergeben diese beiden Annahmen die eingangs erwähnte Kurve: Ein Käfer ist langsamer als eine Maus ist langsamer als ein Kaninchen ist langsamer als ein Gepard - ist schneller als ein Elefant.

Publikation

Myriam R. Hirt, Walter Jetz, Björn C. Rall, Ulrich Brose: A general scaling law reveals why the largest animals are not the fastest. Nature Ecology and Evolution. DOI 10.1038/s41559-017-0241-4



Weitere Meldungen

Die genetischen Programme, die für die Ausbildung von geschlechtsspezifischen Organeigenschaften bei Säugetieren verantwortlich sind, werden fast ausschließlich spät in der Entwicklung der Organe, nämlich mit der Geschlechtsreife, angeschaltet.; Bildquelle: Leticia Rodríguez-Montes

Wie sich die Organe männlicher und weiblicher Säugetiere unterscheiden

Wissenschaftler aus Heidelberg und London entschlüsseln genetische Programme, die der Entwicklung geschlechtsspezifischer Merkmale von Säugetierorganen zugrunde liegen
Weiterlesen

Universität Greifswald

Studie zeigt direkten Einfluss von Temperaturanstieg auf die Körpergröße: Größere Fledermäuse durch Klimaerwärmung

Die Körpergröße von Fledermäusen ist eng mit der Umgebungstemperatur während der Wachstumsphase der Jungtiere verknüpft
Weiterlesen

Deinotheren Deinotherium levius; Bildquelle: A. Fatz und G. Konidaris

Fossilien von acht Elefantenartigen aus der Allgäuer Fundstelle Hammerschmiede untersucht

Team der Universität Tübingen und des Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment untersucht Fossilien von acht Individuen der Elefantenartigen aus der Allgäuer Fundstelle
Weiterlesen

Universität Göteborg

Säugetiere neuer Größe sind häufiger vom Aussterben bedroht

Auf die Größe kommt es an. Forscher, unter anderem von der Universität Göteborg, haben kartiert, welche Faktoren das Überleben von Tierarten auf isolierten Inseln bedrohen
Weiterlesen

Skelettkinematik einer springenden Ratte; Bildquelle: Julia Kuhl

Skelettkinematik_ Wie bewegt sich ein Skelett?

Eine neue Methode Skelettkinematik in sich frei verhaltenden Nagern genau zu quantifizieren
Weiterlesen

Ruhr-Universität Bochum

Primaten und Nichtprimaten unterscheiden sich im Bau der Nervenzellen

Forschende haben gezeigt, dass sich Primaten und Nichtprimaten in der Architektur ihrer kortikalen Neuronen unterscheiden
Weiterlesen

Zeichnerische Darstellung des männlichen (links) und weiblichen Hirschferkels; Bildquelle: Peter Nicklolaus

Unerwartete Unterschiede zwischen Männchen und Weibchen der frühen Hirschferkel

Tübinger Wissenschaftlerinnen untersuchen rund elf Millionen Jahre alte Schädelfunde aus der Tongrube Hammerschmiede im Allgäu
Weiterlesen

Geschlechtsunterschiede im Becken beim Menschen (erste Zeile) und beim Schimpansen (zweite Zeile); Bildquelle: Barbara Fischer

Ein Vergleich mit Schimpansen: Woher kommen die Geschlechtsunterschiede des menschlichen Beckens?

Das Becken ist jener Teil des Skeletts, bei dem die größten Unterschiede zwischen den biologischen Geschlechtern auftreten
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen