Invasive Säugetiere in Europa als Gefahr für Gesundheit und Biodiversität

(24.11.2021) Klimawandel begünstig die Verbreitung eingeschleppter Arten und potentieller Krankheitsüberträger

Vom Menschen eingeführte invasive Arten verursachen in Europa jährlich enorme Schäden und können sich auch negativ auf die Biodiversität auswirken. Viele dieser Arten breiten sich nach wie vor aus und diese Entwicklung wird durch den Klimawandel beschleunigt.

Nun zeigt eine internationale Studie unter Beteiligung von Biolog*innen der Universität Wien um Franz Essl, welche Auswirkungen invasive Säugetiere in Europa haben. Die Studie ist in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Mammal Review" erschienen.

Amerikanischer Mink; Bildquelle: Cesar Capinha
Amerikanischer Mink

Waschbär, Marderhund, Grauhörnchen, Nutria – putzige Säugetiere, die eines gemeinsam haben: Sie kamen ursprünglich in Europa nicht vor. Sie wurden vom Menschen als Haus- oder Pelztiere eingeführt und haben sich in den letzten Jahrzehnten in Europa rasch ausgebreitet.

Als Überträger von Krankheiten oder durch die Verdrängung heimischer Arten können sie massive Auswirkungen auf die Umwelt und für die menschliche Gesundheit haben. So hat etwa der amerikanische Mink den europäischen Nerz an den Rand des Aussterbens gebracht. Trotz der Umsetzung internationaler Vereinbarungen in der EU breiten sich invasive gebietsfremde Säugetiere weiterhin aus.

Die ForscherInnen haben daher für 16 der wichtigsten invasiven Säugetiere Europas eine umfassende Analyse zu ihrer Verbreitung und den Auswirkungen dessen durchgeführt. Dafür haben sie die komplette Literatur zu diesen Arten ausgewertet.

Invasive Säugetiere breiten sich zunehmend aus

"Obwohl in den letzten 50 Jahren die Freisetzung gebietsfremder Säugetiere in Europa abgenommen hat, breiten sich die schon vorhandenen gebietsfremden Säugetiere zunehmend aus", erklärt Lisa Tedeschi, die Hauptautorin der Studie. Die in Europa am häufigsten vorkommenden invasiven Säugetiere sind der aus Ostsibirien stammende Marderhund, sowie mehrere aus Nordamerika stammenden Arten: Bisamratte, Mink, Waschbär.

"Alle diese Arten kommen auch in Österreich mittlerweile vor", erklärt Franz Essl von der Universität Wien: "Mit Ausnahme der Bisamratte, die schon lange in Österreich ansässig war, haben sich die anderen Arten erst seit der Jahrtausendwende in Österreich festsetzen können". Der Klimawandel spielt dabei eine bedeutende Rolle, da harte Winter etwa für Waschbär und Nutria ein großes Problem darstellen.

Mit fünf Arten besonders stark in Europa vertreten sind gebietsfremde Eichhörnchen. Das Grauhörnchen hat in Großbritannien das heimische Eichhörnchen mittlerweile fast völlig verdrängt. Auch in Norditalien befindet es sich auf dem Vormarsch, weshalb es in absehbarer Zeit auch Österreich besiedeln wird.

"Exotische Eichhörnchen wurden immer wieder illegal in städtischen Parks ausgesetzt", so Lisa Tedeschi. Aufgrund von Verboten und Aufklärungsmaßnahmen haben solche Freilassungen jedoch in jüngerer Vergangenheit abgenommen.

Invasive Säugetiere als Überträger von Krankheitserregern

Durch COVID 19 haben Säugetiere als Überträger human-medizinisch bedeutsamer Krankheitserreger jüngst besondere Beachtung gefunden. "Von den 16 untersuchten invasiven Säugetieren in Europa sind 13 Arten potenzielle Überträger von Krankheitserregern", betont Franz Essl.

An erster Stelle steht der Waschbär, der als Wirt von mehr als 30 Krankheitserregern bekannt ist, die potenziell auf den Menschen überwechseln können. Im Zuge der COVID 19-Pandemie hatte sich auch gezeigt, dass der Mink in Europa als Wirt für das Virus fungieren kann.

Fazit: Es ist wichtig, die weitere Einschleppung invasiver Arten in Europa zu verhindern und bei den schon vorkommenden Arten die weitere Ausbreitung zu stoppen. Dafür ist eine konsequente Umsetzung der Verordnung zu invasiven Arten der EU nötig, so die Autor*innen der Studie.

Publikation

Tedeschi L, Biancolini D, Capinha C, Rondinini C, Essl F (2021) Introduction, spread, and impacts of invasive alien mammal species in Europe. Mammal Review.




Weitere Meldungen

Ostdorsche in einem Netzkäfig; Bildquelle: Annemarie Schütz, Thünen-Institut für Ostseefischerei

Dorschbestand durch Überdüngung und Klimawandel gefährdet

Der Ostdorschbestand ist seit Jahren in der Krise. Trotz historisch niedrigem Fischereidruck erholt sich der Bestand nicht. Bislang gab es hierfür keine schlüssige Erklärung.
Weiterlesen

Clinicopathological findings, treatment, and outcome in 60 cats with gastrointestinal eosinophilic sclerosing fibroplasia

Paper of the Month März 2024: Clinicopathological findings, treatment, and outcome in 60 cats with gastrointestinal eosinophilic sclerosing fibroplasia

Die vorliegende Studie, veröffentlicht in der Zeitschrift Journal of Veterinary Internal Medicine, untersucht die gastrointestinale eosinophils sclerosierende fibroplasie (GESF) bei Katzen
Weiterlesen

Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg

3R-Initative: Weniger Tierversuche und höhere Datenqualität in der Biomedizin

Tierversuche ersetzen, reduzieren und notwendige Experimente verbessern! Alternativen zu Tierversuchen, die im Land erforscht werden, reichen von Organ-on-a-Chip-Modellen über Computersimulationen bis zu Pflanzenmodellen als „Grüne Gefäße“
Weiterlesen

Anheftung von Zika-Viruspartikeln (grün) und extrazellulären Vesikeln aus Samenflüssigkeit (rot) an Zielzellen (Zellkerne in blau) bei steigenden Vesikel-Konzentrationen von links nach rechts; Bildquelle: Rüdiger Groß

Warum sich Zika- und Dengue-Viren bevorzugt durch Blut übertragen

Warum erfolgt die Infektion mit dem Zika-Virus und anderen Krankheitserregern eher durch Insektenstiche als über Speichel oder Sperma, obwohl das Virus darin vorkommt?
Weiterlesen

Zebrabärblinge; Bildquelle: zhane luk – stock.adobe.com

Wie viele Fische machen einen Schwarm?

Auch Physiker interessieren sich für Fische – vor allem, wenn sie die Bildung von Strukturen erforschen
Weiterlesen

Universitätsmedizin Augsburg

Seltene Borna-Virus-Erkrankung früher erkennen

Wissenschaftler und Ärzte der Universitätsmedizin Augsburg haben eine mögliche frühe diagnostische Methode zum Nachweis der seltenen Borna-Virus-Gehirnentzündung gefunden. Ihre Erkenntnisse wurden in der höchst renommierten medizinischen Fachzeitschrift The Lancet veröffentlicht
Weiterlesen

Julia Türtscher; Bildquelle: Patrick L. Jambura

Neue Rochenart aus Bayern entdeckt: Aellopobatis bavarica aus dem späten Jura

In einer neuen Studie, die kürzlich in der Fachzeitschrift "Papers in Palaeontology" veröffentlicht wurde, haben internationale Wissenschafter*innen die rätselhafte Welt der vor 150 Millionen Jahren lebenden Rochen erforsch
Weiterlesen

Frosch; Bildquelle: Hannelore Reitan

Welttags der Frösche: Gärten als Refugien für Amphibien und Reptilien

Anlässlich des Welttags der Frösche am 20. März stellt der Naturschutzbund als Projektpartner von Global 2000 das Projekt „BIOM-Garten“ in den Fokus
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen