Langes Leben durch viel Sex - neue Erkenntnisse zu Graumullen

(27.04.2011) Für Aufsehen sorgten Zoologen der Universität Duisburg-Essen (UDE), als sie entdeckten, dass bei einer bestimmten Nagetier-Art die Lebenserwartung sexuell aktiver Individuen gegenüber „abstinenten“ Artgenossen etwa doppelt so hoch ist.

Graumull im Zoo Leipzig; Bildquelle: Wikipedia/Headster
Graumull
In einer Folge-Studie beweist das Team um Dr. Philip Dammann und Prof. Dr. Hynek Burda nun, dass das Phänomen weiter verbreitet ist, als zunächst gedacht: Eine ganze Tiergattung – afrikanische Graumulle mit dem wissenschaftlichen Namen Fukomys – zeigt dieses denkwürdige Muster. Der Befund könnte die Alterungsforschung voranbringen und wurde jetzt in der Fachzeitschrift PLoS ONE veröffentlicht.

„Auch wenn es überrascht, aber sexuelle Aktivität ist im Tierreich keine ungetrübte Freude. Im Gegenteil: die Risiken und physiologischen Kosten der Fortpflanzung sind bei vielen Arten so hoch, dass eine starke Aktivität meist eher negativ auf die Lebenswartung wirkt“, sagt Philip Dammann.

Die einzige wissenschaftlich belegte Ausnahme bildete bislang eine afrikanische Nagetier-Art: Ansell's Graumull, der an der UDE seit vielen Jahren erforscht wird.

Langzeitdaten aus der Zucht hatten ergeben, dass reproduktive Tiere über 20 Jahre alt werden können, ihre sexuell „abstinenten“ Koloniegenossen jedoch höchstens acht bis zehn Jahre – trotz ansonsten identischer Lebensbedingungen.

Ansell's Graumulle gelten seitdem als potenzielle „Stars“ in der Alterungsforschung. Allerdings werden sie außerhalb Essens nirgendwo gezüchtet. Die Tiere kommen nur in einem kleinen Gebiet in Sambia (südliches Afrika) vor, Fang und Import sind kompliziert und teuer. Um zu überprüfen, ob auf andere Arten mit ähnlichem Alterungsmuster ausgewichen werden kann, analysierte das Team von Philip Dammann und Hynek Burda den Riesengraumull (Fukomys mechowii).

„Wir haben diese Art gewählt, weil sie innerhalb des Stammbaumes der Gattung nur ganz entfernt mit dem Ansell's Graumull verwandt ist“, erklärt Dammann. „Wenn also ein Merkmal bei beiden Arten auftritt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es auch bei allen anderen Graumull-Spezies zu finden ist.“

Die Daten zeigten tatsächlich, dass sich die Alterungsmuster gleichen wie ein Ei dem anderen. Mehr noch: Gezielte Recherchen ergaben, dass auch Fach-Kollegen aus anderen Ländern, die weitere Graumull-Arten erforschen, offenbar ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Sie maßen dem bisher nur noch nicht die nötige Bedeutung bei.

„Das vergrößert unseren Handlungsspielraum enorm“, freut sich Dammann. „Fukomys ist eine artenreiche Gattung mit mehr als zehn verschiedenen Spezies. Mehrere davon werden in Afrika, Europa und den USA gezüchtet. Nun haben sich unsere Möglichkeiten schlagartig erweitert, anhand dieser Tiere noch mehr über die Mechanismen des Alterns zu erfahren.“

Die Ergebnisse der Studie sind frei zugänglich unter: http://dx.plos.org/10.1371/journal.pone.0018757



Weitere Meldungen

Wo wohnt der Osterhase?; Bildquelle: Ulrich von dem Esche/Universität Freiburg

Bürger*innen können Sichtungen von Wildkaninchen und Feldhasen melden

Wildtierforscher*innen aus Freiburg und Aulendorf bitten um Mithilfe bei der Erfassung von Feldhasen und Wildkaninchen – auch in Dörfern und Städten
Weiterlesen

ESCCAP

ESCCAP: Neue Empfehlung zu parasitären Erkrankungen bei Kleintieren

Im Juli 2017 veröffentlichte der europäische Verband von Veterinärparasitologen ESCCAP die erste Empfehlung für die Bekämpfung von Erkrankungen der wichtigsten Parasiten und Pilzinfektionen bei Kleintieren in Europa
Weiterlesen

Osterhase oder Osterkaninchen?; Bildquelle: Wilde Nachbarn Baden-Württemberg

Osterhase oder Osterkaninchen?

Forscher suchen bei einer Osteraktion Wildkaninchen und Feldhasen in den Städten und Dörfern Baden-Württembergs
Weiterlesen

Deutsche Wildtier Stiftung

Der Feldhase - Tier des Jahres 2015 - steht für Verlust an Artenvielfalt auf dem Acker

Die Hauptpaarungszeit des Feldhasen (Lepus europaeus) erreicht ihren Höhepunkt zwar erst im März, aber die Paarungszeit beginnt vielerorts schon im Januar
Weiterlesen

Deutsche Wildtier Stiftung

Feldhasen verlieren Lebensräume durch intensive Landwirtschaft

Hasen haben vor Ostern Hochkonjunktur. Sie sind aus Schokolade, haben Marzipan oder Nougat im hohlen Bauch und erobern sich die Lebensräume der Menschen. Die Populationsdichte in Supermärkten ist derzeit erschreckend hoch
Weiterlesen

Deutsche Wildtier Stiftung

Der Osterhase ist kein Kaninchen!

Kaninchen und Feldhase sind nur weitläufig verwandt und recht einfach zu unterscheiden
Weiterlesen

Feldhase; Bildquelle: Wikipedia

Superfetation: Fortpflanzungserfolg der Feldhasen

Europäische Feldhasen können erneut trächtig werden, auch wenn der vorherige Wurf noch nicht geboren ist, das erhöht ihren Fortpflanzungserfolg
Weiterlesen

Facebook

Lepus der Feldhase hoppelt für die Deutsche Wildtier Stiftung auf Facebook

Er ist als Spitzensportler schnell auf 80, hat als Feinschmecker eine eigene Kräuter-Apotheke und kommt bei allen Häschen extrem sexy an: Der Feldhase!
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen