Forschungsprojekt zum Überleben in der Wüste?

(22.07.2011) Forscher des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) untersuchen erstmals systematisch, wie sich größere Wildtiere an extreme Trockenheit und Hitze in Wüstenregionen angepasst haben.

Oryxprojekt Sie gehört zu den trockensten und unwirtlichsten Gebieten der Erde: die Namib-Wüste in Namibia, dem ehemaligen Deutsch-Südwest-Afrika.

Tagsüber herrschen hier bis zu 50 Grad Celsius, nachts um Null Grad. An manchen Stellen regnet es zehn Jahre lang nicht. Die Natur hat jedoch dafür gesorgt, dass dieser Landstrich trotzdem belebt ist (obwohl Namib in der Sprache der Eingeborenen das „leere Land“ bedeutet).

Diese nahezu konstanten Umweltbedingungen ermöglichten es, dass sich Lebewesen an diesen Extremstandort anpassen konnten.

Welche Strategien insbesondere große Wildtiere in der Wüste entwickelt haben, um ihren Nahrungsbedarf und ihren Durst zu stillen, das interessiert die Forscher Dr. Christian Voigt und David Lehmann vom Leibniz-Institut für Zoo und Wildtierforschung.

„Im Zuge der Klimaerwärmung und sich ausbreitender Wüsten wird es immer wichtiger zu verstehen, wie Tiere in extrem trockenen und heißen Gebieten überleben können“, sagt Voigt.

Zwar wisse man schon einiges, etwa dass Nashörner auf der Suche nach Wasser weit wandern und Elefanten Meister im Aufspüren verborgener Wasseradern sind. Viele Wüstenbewohner und ihre Überlebensstrategien stellen die Forscher aber noch vor Rätsel.

In einem neuen Projekt wollen die Forscher nun zwei der Namib-Bewohner besonders unter die Lupe nehmen: die Oryx-Antilope, auch Spießbock oder Gemsbock genannt (Oryx gazella), und den Springbock (Antidorcas marsupialis).

Die Tiere gelten als „Flagship-Art“: Sie sind weithin bekannt und verbreitet und haben dadurch nicht nur eine Bedeutung für das Ökosystem, sondern auch eine wirtschaftliche, da sie den Einheimischen als Nahrung dienen. Die Oryx-Antilope hat es sogar auf das namibische Wappen geschafft.

Die Oryx-Antilope frisst vor allem Gräser, daher gehen die Forscher davon aus, dass sie ohne zusätzliches Wasser auskommt. Sicher sind sie sich aber nicht. „Vielleicht suchen die Tiere auch unbekannte Wasserstellen in den unzugänglichen Wüstenregionen auf“, sagt Voigt.

Die Forscher wollen sie deshalb mit GPS-Sendern bestücken, um ihre Wanderungen zu verfolgen. Im Gegensatz zur Oryx-Antilope zupft der Springbock vor allem Blätter von Büschen. Aufgrund dieser unterschiedlichen Nahrungsnischen können die Arten vermutlich nebeneinander existieren.

Die Forscher interessiert vor allem, welche Nahrung die beiden Arten im Laufe eines Jahresverlaufes zu sich nehmen. Dazu werden sie die Hörner von gejagten Tieren untersuchen.

Ähnlich wie bei Baumringen können sie im Hornquerschnitt über die Messung von Stabilisotopen die Nahrungsaufnahme über Jahre zurück verfolgen und so auch Zusammenhänge mit dem Klima aufspüren. Woher das Körperwasser der Tiere stammt, wollen sie mit Hilfe von Wasserstoffisotopen herausfinden.

Diese sind bei pflanzlichem Wasser anders zusammengesetzt als etwa bei Grundwasser oder Tau. Die Untersuchungen sollen den Forschern Rückschlüsse darauf geben, wie Huftiere auf das weltweite Problem der Versteppung reagieren. Wichtig ist ihnen, das Projekt gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung durchzuführen.

Deshalb gehört zum Team auch der Namibier Dr. John K. Mfune von der Universität Windhoek. Voigt ist sich sicher, dass sie von der einheimischen Bevölkerung viel lernen können. Gleichzeitig wolle man namibische Studenten in diesem Kooperationsprojekt auch in Ökologie- und Wildtiermanagement ausbilden.

Die Forscher suchen aber noch nach zusätzlichen Finanzierungsquellen, denn insbesondere die GPS-Sender sind teuer. Für Aufmerksamkeit können die faszinierenden Naturfotos sorgen, mit denen der französische Doktorand David Lehmann die Arbeiten dokumentiert.

www.oryxprojekt.de



Weitere Meldungen

Museum für Naturkunde - Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung

Neue Studie enthüllt den Rückgang der Häufigkeit afrikanischer Megafauna

Eine Studie, die Faysal Bibi (Museum für Naturkunde Berlin) und Juan L. Cantalapiedra (Universität Alcalá, Madrid) in Science veröffentlichten, untersucht die Größe und Häufigkeit heutiger sowie fossiler afrikanischer Großsäuger und beleuchtet die ökologischen Dynamiken dahinter
Weiterlesen

Projekt PrAEctiC

EU-Projekt PrAEctiCe zur Aquakultur-Forschung

Adaptive integrierte Aquakultur-Forschung zur Lebensmittel- und Ernährungs-Sicherheit in Ostafrika
Weiterlesen

Weißrückengeier (Gyps africanus) im Etosha-Nationalpark; Bildquelle: Jan Zwilling / Leibniz-IZW

Schutzgebiete in Afrika sind zu klein, um die sich schnell verringernden Geier-Bestände zu sichern

Geier erfüllen wichtige Ökosystemfunktionen, da sie die Landschaft von Kadavern befreien und so beispielsweise die Ausbreitung von Wildtierkrankheiten begrenzen
Weiterlesen

Löwe in Botswana; Bildquelle: SAVE Wildlife Conservation Fund Stiftung/Danie Myburg

Neues Löwenschutzprojekt in Botswana

Afrikas Löwenpopulation ist in zwei Jahrzehnten um 43 Prozent eingebrochen. Experten gehen davon aus, dass heute dort weniger als 20.000 Löwen leben
Weiterlesen

Afrikanische Wildhunde im Moremi Game Reserve in Botswana. Das Tier vorne hat ein GPS-Halsband, das die zurückgelegten Wege während der Abwanderung registriert.; Bildquelle: Arpat Ozgul/UZH

Studie der Universität Zürich zu den Wanderungen Afrikanischer Wildhunde

Das weltweit grösste Landschutzgebiet liegt im Süden Afrikas und umfasst 520'000 Quadratkilometer in fünf Ländern
Weiterlesen

Leibniz-Institut für Nutzierbiologie (FBN)

Angereicherte Futtermittel für Hühner sollen die Ernährungslage in Äthiopien verbessern

Erste Pilotstudie mit afrikanischem Forschungsinstitut erfolgreich abgeschlossen
Weiterlesen

 Die neue Skink-Art Trachylepis boehmei aus Äthiopien; Bildquelle: Thore Koppetsch

Neue Skink-Art aus Äthiopien in der Sammlung des Museums Koenig nach Jahrzehnten entdeckt

Jahrzehnte im Verborgenen: Ein neuer Skink aus Äthiopien in der Sammlung des Museums Koenig entdeckt und nach Wolfgang Böhme benannt
Weiterlesen

Vergleich modellierter Lebensraum (rot) und Verbreitung nach IUCN (schraffiert) der neun potenziellen Reservoirwirte des Zaire ebolavirus; Bildquelle: Koch, L.K. et al.

Ebola-übertragende Tiere womöglich weiter in Afrika verbreitet als angenommen

Eine Infektion mit dem Zaire ebolavirus endet meist tödlich. Das Virus wird vermutlich durch verschiedene Flughund- und Fledermausarten übertragen
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen