Waschbären und Marderhunde könnten sich in Europa noch stärker ausbreiten
Der aus Asien stammende Marderhund und der nordamerikanische Waschbär werden sich in Zukunft in Europa vermutlich noch weiter ausbreiten. Zu diesem Schluss kommen Wissenschaftler*innen des Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums und der Goethe-Universität in einer soeben im Fachjournal ‚Mammal Review‘ veröffentlichten Studie.
Das Team ermittelte Gebiete in Europa, in denen ein ähnliches Klima wie in den Heimatregionen der Tiere herrscht und die deshalb von ihnen noch besiedelt werden könnten. Der Marderhund wird als potentieller Reservoirwirt von Coronaviren (u.a. SARS-CoV-2) angenommen; zudem gelten er und der Waschbär in der Europäischen Union als invasive Arten.
Sie stammen aus entgegengesetzten Regionen der Welt und haben doch etwas gemein: Der nordamerikanische Waschbär (Procyon lotor) und der ursprünglich aus Asien stammende Marderhund (Nyctereutes procyonoides) kamen im Laufe des 20. Jahrhunderts als Pelzzucht- und Jagdtiere durch den Menschen nach Europa. Seitdem haben sich beide Arten stark ausgebreitet. Europaweit kommen Waschbären in 20 und Marderhunde sogar in 33 Ländern vor.
In Zukunft dürften die äußerlich ähnlichen Tiere in Europa sogar noch größere Gebiete besiedeln, wie Dr. Judith Kochmann, PostDoc am Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum und an der Goethe-Universität Frankfurt, herausgefunden hat. „Die Tiere leben in Europa noch nicht überall dort, wo für sie klimatische geeignete Lebensbedingungen herrschen und sie also theoretisch leben könnten. Es ist daher wahrscheinlich, dass das Verbreitungsgebiet von Waschbär und Marderhund in Europa vermutlich noch beträchtlich größer wird.“
In ihrer Studie haben Kochmann und ihr Team anhand von acht Variablen analysiert, unter welchen Temperatur- und Niederschlagsbedingungen beide Arten in ihren Heimatregionen – also Nordamerika und Asien – leben und daraus die klimatischen Nische die Tiere abgeleitet.
Anschließend untersuchten sie, in welchen Gebieten in Europa die gleichen Bedingungen herrschen und ob Waschbär und Marderhund in diesen potenziellen Lebensräumen bereits gesichtet wurden. Aus diesem Vergleich leiten die Forscher*innen das zukünftige Ausbreitungspotenzial der Arten ab.
„Waschbären und Marderhund sind flexibel, was ihren Lebensraum und ihr Futter betrifft. Zudem haben sie in Europa kaum natürliche Feinde. Man nimmt an, dass ihre natürliche Ausbreitung daher nur durch das Klima begrenzt wird und genau da ist noch ‚Luft nach oben’“, so Kochmann.
Die Habitate, die klimatisch für Waschbär und Marderhund geeignet sind, überlappen sich in Europa zu einem großen Teil. Während der Marderhund sich aber eher zügiger gen Skandinavien und Osten ausbreiten könnte, ist zu erwarten, dass Waschbären stärker südlichere Regionen besiedeln werden. Dieser Unterschied lässt sich vermutlich damit erklären, dass Marderhunde im Winter niedrigere Temperaturen tolerieren, so die Autor*innen der Studie.
Eine der Gefahren, die Waschbären und Marderhund in ihren neuen Verbreitungsgebieten darstellen, ist ihre Rolle als Wirt von Krankheitserregern, zum Beispiel Parasiten und Viren, die teilweise auch auf den Menschen übertragen werden können (sogenannte Zoonosen).
„Waschbären übertragen den Waschbärspulwurm und gelten als Reservoirwirte für das West-Nil-Virus. Marderhunde beherbergen ähnliche Erreger, darunter Lyssaviren, die Tollwut verursachen, canine Staupeviren sowie den Fuchsbandwurm. Außerdem stehen Marderhunde aktuell im Verdacht, als Reservoirwirte für Coronaviren – u.a. SARS-CoV-2 – zu fungieren“, erklärt der Parasitologe Prof. Dr. Sven Klimpel, Goethe-Universität Frankfurt und Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum.
Er fügt hinzu: „Welche Erreger die Arten in Europa in sich tragen, erforschen wir aktuell in unserem Verbundprojekt ZOWIAC ‚Zoonotische und wildtierökologische Auswirkungen invasiver Carnivoren’“.
Die in der Studie vorgestellte Modellierung der potentiellen Verbreitungsgebiete von Marderhund und Waschbär soll helfen, die aus epidemiologischen Überlegungen wichtige Überwachung der Verbreitung der Tierarten zu unterstützen. Als nächstes planen die Wissenschaftler*innen deshalb, ihren Ansatz mit Landnutzungsdaten zu erweitern und damit verbesserte, kleinskaligere Modelle zu entwickeln.
Diese sollen Grundlage zukünftiger Managementmaßnahmen werden, um Waschbär- und Marderhund-Populationen zu kontrollieren.
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