Studie widerspricht umstrittener These zur Lebensraumfragmentierung
Neue Forschungsergebnisse widersprechen der These, die Zerschneidung von Lebensräumen fördere die Artenvielfalt.
Damit unterstreichen sie die Bedeutung großflächiger, miteinander verbundener Lebensräume. Die Ergebnisse wurden in der Zeitschrift Nature veröffentlicht.
Große, ungestörte Landschaften sind für die biologische Vielfalt besser geeignet als fragmentierte Landschaften. Dies ist das Ergebnis einer neuen Studie unter Leitung der University of Michigan (U-M), des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU).
Die in der Zeitschrift Nature veröffentlichten Ergebnisse treffen den Kern einer jahrzehntelangen Debatte: Ökologen sind sich einig, dass der Lebensraumverlust und die Fragmentierung von Wäldern die Artenvielfalt innerhalb der verbleibenden Fragmente verringern.
Allerdings sind sich die Ökologen uneins, ob es besser ist, viele kleinere, fragmentierte Flächen zu schützen oder größere, zusammenhängende Landschaften.
„Wir stellen fest, dass viele kleine Lebensräume in fragmentierten Landschaften insgesamt weniger Arten beherbergen als größere, zusammenhängende Landschaften“, sagt Co-Autor Prof. Jonathan Chase, Forschungsgruppenleiter bei iDiv und der MLU.
„Nicht nur finden sich in jedem einzelnen kleinen Lebensraum weniger Arten als in einem großen, sondern auch in der Summe finden sich weniger Arten, wenn man die einzelnen Lebensräume die gesamte Landschaft hinweg betrachtet. Es ist diese letztere Frage – was auf Landschaftsebene passiert – die in den letzten Jahren ein großes Diskussionsthema war.“
„Wir haben klare Belege aus vielen verschiedenen bewaldeten Landschaften, dass Fragmentierung tatsächlich schädlich ist für die Biodiversität, von kleineren bis größeren Maßstäben“, ergänzt Chase.
Kontroversen Standpunkt rigoros testen
Die Forscherinnen und Forscher untersuchten 4.006 Arten von Tieren und Pflanzen an 37 Standorten auf der ganzen Welt. Mit den Daten verglichen sie die Unterschiede in der Artenvielfalt zwischen zusammenhängenden und fragmentierten Landschaften. Die Ergebnisse zeigen, dass fragmentierte Landschaften im Durchschnitt 13,6 % weniger Arten auf der kleinen Lebensraum-Ebene und 12,1 % weniger Arten auf der Landschaftsebene hatten.
Darüber hinaus legen die Ergebnisse nahe, dass hauptsächlich Generalisten in fragmentierten Gebieten leben – also solche Arten, die gut in verschiedenen Umgebungen überleben können.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchten, was als Alpha-, Beta- und Gamma-Diversität bezeichnet wird. Alpha-Diversität bezieht sich auf die Anzahl der Arten in einem kleinen Lebensraum, während Beta-Diversität beschreibt, wie sich die Artenzusammensetzung zwischen zwei Gebieten unterscheidet. Gamma-Diversität bezieht sich auf die Artenvielfalt ingrößeren Landschaften.
Stellen Sie sich vor, Sie fahren entlang landwirtschaftlicher Felder und Waldstücke zwischen den Feldern. Jedes Waldstück könnte eine Handvoll Vogelarten enthalten (Alpha-Diversität), aber jedes Waldstück hat im Vergleich zum vorherigen unterschiedliche Vogelarten (Beta-Diversität). Die Artenvielfalt der gesamten Landschaft, die alle fragmentierten Waldstücke enthält, ist die Gamma-Diversität der Region.
„Der Kern der Debatte ist, dass Menschen, die argumentieren, dass Fragmentierung nicht so schlimm sei, behaupten, dass man aufgrund isolierter Lebensräume unterschiedliche Artenzusammensetzungen hat, was bedeute, dass auf Landschaftsebene die Artenvielfalt höher ist“, sagt Thiago Gonçalves-Souza, Erstautor und Wissenschaftler an der U-M.
„Sie behauptendas Gegenteil für große Lebensräume: Da dies ein zusammenhängender und homogener Lebensraum ist, ist die Artenzusammensetzung zu ähnlich.“
Frühere Forschung habe jedoch fragmentierte Landschaften mit großen, zusammenhängenden Wäldern nicht ordentlich verglichen, erklärt Gonçalves-Souza. Beispielsweise hätten frühere Forschungen möglicherweise nur eine Komponente der Vielfalt betrachtet oder einige zusammenhängende Wälder mit Dutzenden fragmentierter Lebensräume verglichen.
Im Gegensatz dazu berücksichtigten die Ökologinnen und Ökologen nun in ihrer Analyse die Unterschiede in der Probenahme über verschiedene Landschaften hinweg. Die Ergebnisse zeigen, dass Fragmentierung die Anzahl der Arten über alle Tier- und Pflanzen-Gruppen hinweg verringerte, und dass der Anstieg der Beta-Diversität in fragmentierten Landschaften den Verlust der Artenvielfalt auf Landschaftsebene nicht ausglich.
Was bedeutet das für die Minimierung des Verlusts der Artenvielfalt?
Gonçalves-Souza hofft, dass die Studie die Naturschutzgemeinschaft dazu bringt, die Debatte über Lebensraumfragmentierung hinter sich zu lassen und sich auf die Wiederherstellung von Wäldern zu konzentrieren.
„Ich weiß nicht, ob es sinnvoll ist, über kontinuierliche versus fragmentierte Landschaften nachzudenken. Wir müssen die Biodiversität schützen, und ich denke, diese Debatte trägt nicht wirklich dazu bei, den Naturschutz zu stärken“, sagt er. „In vielen, vielen Ländern gibt es nicht mehr viele große, intakte Wälder.
Daher sollte unser Fokus darauf liegen, neue Wälder zu pflanzen und zunehmend degradierte Lebensräume wiederherzustellen. Wiederherstellung ist für die Zukunft entscheidend, mehr noch als die Debatte darüber, ob es besser ist, einen großen Wald oder viele kleinere Waldfragmente zu haben.“
Publikation
Gonçalves-Souza, T., Chase, J. M., Haddad, N. M., Vancine, M. H., Didham, R. K., Melo, F. L. P., Aizen, M. A., Bernard, E., Chiarello, A. G., Faria, D., Gibb, H., de Lima, M. G., Magnago, L. F. S., Mariano-Neto, E., Nogueira, A. A., Nemésio, A., Passamani, M., Pinho, B. X., Rocha-Santos, L., Rodrigues, R. C., Safar, N. V. H., Santos, B. A., Soto-Werschitz, A., Tabarelli, M., Uehara-Prado, M., Vasconcelos, H. L., Vieira, S. & Sanders, N. J. (2025). Species turnover does not rescue biodiversity in fragmented landscapes . Nature. DOI: 10.1038/s41586-025-08688-7
Weitere Meldungen
Neuigkeiten aus der Wissenschaft
Neue Verordnung zu MKS: Importverbot für tierische Produkte aus Ungarn gezielt angepasst
Importverbot gilt ab 14. April 2025 nur mehr für Regionen mit Schutz- oder Sperrzonen - Maßnahmen zum Schutz der Tiergesundheit bleiben aufrecht
Hardenberg Institute vermittelt Veterinär-Studienplätze
Das Hardenberg Institute vermittelt Studieninteressierte aus Österreich und Deutschland an akkreditierte Veterinär-Fakultäten im EU-Ausland
Neues Artenschutzhaus für geschmuggelte Tiere im Tiergarten Schönbrunn eröffnet
Im Tiergarten Schönbrunn wurde am 11. April 2025 das neue Artenschutzhaus eröffnet
ÖTT-Tagung 2025: 20 Jahre Tierschutzgesetz – wo stehen wir?
Die 15. Tagung der Plattform Österreichische Tierärztinnen und Tierärzte für Tierschutz (ÖTT) findet am 8. Mai 2025 online statt.
Maßnahmen gegen Maul- und Klauenseuche: Grenzübergänge vorübergehend geschlossen
Erhöhte Biosicherheitsmaßnahmen für Betriebe, Importstopp für pflanzliche Futtermittel aus betroffenen Regionen, Abstimmung zwischen Behörden läuft gut
KATZENMEDIZIN #23
Die aktuelle Ausgabe des Fachmagazins für Tierärzt:innen, KATZENMEDIZIN #23, ist soeben erscheinen
Vetmeduni Vienna verschiebt den Tag der offenen Tür
Als Vorsichtsmaßnahme wegen der in der Slowakei und in Ungarn ausgebrochenen Maul- und Klauenseuche (MKS) wird der Tag der offenen Tür in den September 2025 verschoben
Tierärztekammer fordert dringende Maßnahmen zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche (MKS)
MKS-Ausbrüche in der Slowakei und Ungarn weiterhin nicht unter Kontrolle
Fünf Erfolge der Präparator*innen für das NHM Wien
Im Februar 2025 fand zum 14. Mal die "European Taxidermy Championships", die Europameisterschaft der Präparator*innen, in Salzburg statt
Teile diesen Bericht auf:
Buchtipps Buchtipps Buchtipps

Das stille Sterben der Natur
(17. Apr 2025) Wie wir die Artenvielfalt und uns selbst retten…Es war einmal das Huhn
(9. Apr 2025) Eine Forschungsreise durch die bewegte Geschichte von Mensch…Das Pferd und sein Wert –…
(1. Apr 2025) Das Buch Das Pferd und sein Wert richtet…Bewegungsapparat Hund
(26. Mär 2025) Funktionelle Anatomie, Biomechanik und Pathophysiologie - von Mima…Röntgen Hund und Katze: Thorax und…
(21. Mär 2025) Röntgenbilder sicher befunden Gebundene Ausgabe - herausgegeben von…Queer: Sex und Geschlecht in der…
(13. Mär 2025) Josh L. Davis ist ist Mitarbeiter des Natural…Internationale Veranstaltungen Int. Veranstaltungen Internationale Veranstaltungen

SIVEMAP 2025
(31. Mär 2025) Die SASAP (Serbian Association of Small Animal Practitioners)…EVECC-Kongress 2025
(1. Mär 2025) Der 22. European Veterinary Emergency and Critical Care…FECAVA EuroCongress 2025 in Antwerpen
(17. Feb 2025) FECAVA lädt Sie vom 3. bis 6. September…Yaboumba Weltkongress 2025
(17. Feb 2025) Der XV. Internationale Kongress für Medizin und Chirurgie…Webinar zum World Veterinary Dermatology Day…
(13. Jan 2025) Die World Association for Veterinary Dermatology lädt am…Hill's Global Symposium 2024
(20. Okt 2024) Hosted by Hill's Pet Nutrition on Oct. 24-25…Preise und Stipendien Preise und Stipendien Preise und Stipendien
