Göttinger Forscher entdecken zwei neue Arten von Mausmakis

(26.03.2013) Wissenschaftler des Deutschen Primatenzentrums (DPZ) in Göttingen um Peter Kappeler, des Duke Lemur Centers, der University of Kentucky in den USA und der Université d’Antananarivo auf Madagaskar beschreiben im „International Journal of Primatology“ zwei neue Arten von Mausmakis

Die neuen Arten heißen „Microcebus tanosi“ und „Microcebus marohita“ und leben wie alle Lemurenarten ausschließlich auf Madagaskar. Damit steigt die Anzahl der bekannten Mausmaki-Arten auf 20. Microcebus marohita wurde auf Betreiben des Göttinger Verhaltensforschers Peter Kappeler bereits auf die Rote Liste der bedrohten Tierarten gesetzt.


Microcebus marohita in den Wäldern Madagaskars

Die neuen Arten beschreiben die Forscher erstmals in einem Beitrag des Fachmagazins „International Journal of Primatology“, der am 26. März vorab online erscheint. Die kleinen Primaten wurden bereits 2003 und 2007 bei Feldforschungen in den Wäldern Madagaskars entdeckt, aber erst jetzt als jeweils neue Arten beschrieben.

Microcebus tanosi ist im Vergleich zu den anderen, bekannten Mausmaki-Arten relativ groß und hat einen roten Kopf. Sein Fell ist auf dem Rücken dunkelbraun gemustert, mit einem dunklen Streifen auf der Mitte des Rückens. In der Bauchregion ist das Fell beige und grau gefärbt. Die Artbezeichnung leitet sich von der Region Anosy im Südosten Madagaskars ab, in der das Tier entdeckt wurde.

Microcebus marohita hat einen langen, buschigen Schwanz und große Hinterfüße. Der Primat mit braunem Fell zeichnet sich durch kleine Ohren aus und ist der größte aller Mausmakis. Microcebus marohita haben die Entdecker nach dem Wald benannt, in dem die Art lebt. Der Begriff „marohita“ bedeutet auf Madagassisch „viele Blicke“.

Mausmakis sind Lemuren, die nur auf Madagaskar vorkommen. Zu ihnen gehört auch der kleinste Primat der Welt. Bereits 2010 fanden dieselben Wissenschaftler mit Hilfe von Erbgut-Analysen heraus, dass es mehr Mausmaki-Arten geben muss, als die Lehrbücher beschreiben. Die Forscher hatten Gewebeproben von Mausmakis auf ihre mütterlichen Erbinformationen (mtDNA) und das Erbgut des Zellkerns (nDNA) hin untersucht.

Dabei entdeckten sie mehrere neue Arten, die bis zur Veröffentlichung des aktuellen Beitrags im „International Journal of Primatology“ jedoch nur genetisch bekannt waren. Das Team um Peter Kappeler konnte zwei dieser „Phantom-Arten“ nun zuordnen.

DNA-Vergleiche zwischen den neu beschriebenen Arten und den Daten aus 2010 haben bestätigt, dass Microcebus tanosi und Microcebus marohita zu den neuen Mausmaki-Arten gehören.

Bei Feldforschungen im Jahr 2012 entdeckte die Forschergruppe um Peter Kappeler vom Deutschen Primatenzentrum, dass der Forêt de Marohita, in dem eine der beiden neuen Arten entdeckt wurde, stark beschädigt und zerstört wurde.

Da Microcebus marohita bisher nur in diesem Gebiet bekannt ist, empfahl Peter Kappeler der International Union for Conservation of Nature Species Survival Commission (IUCN/SSC) die Aufnahme in die Rote Liste. Microcebus marohita wurde daher auf Anraten des Göttinger Verhaltensbiologen bereits vor seiner offiziellen Erstbeschreibung als eine der 100 am stärksten bedrohten Tierarten klassifiziert.

Laut IUCN sind madagassische Lemuren inzwischen die am stärksten vom Aussterben bedrohten Säugetiere. Brandrodung und Bejagung sind die Hauptursachen für die Bedrohung der Lemuren in einem der ärmsten Länder der Welt.

Originalpublikation

Rodin M. Rasoloarison, David W. Weisrock, Anne D. Yoder, Daniel Rakotondravony & Peter M. Kappeler (2013): Two New Species of Mouse Lemurs (Cheirogaleidae: Microcebus) from Eastern Madagascar. International Journal of Primatology. Epub ahead of print. DOI: 10.1007/s10764-013-9672-1.



Weitere Meldungen

Retroviren in Madagaskar-Mausmakis sind vielfältig und überraschend ähnlich zu denen in Eisbären oder Hausschafen

Madagaskar beherbergt eine einzigartige Artenvielfalt mit einer großen Anzahl nur dort vorkommender (endemischer) Arten, darunter zahlreiche Lemurenarten wie Mausmakis
Weiterlesen

Der Graurote Mausmaki (Microcebus griserufus) gehört zu den madagassischen Lemuren; Bildquelle: Jacques Rakotondranary

Das Mikrobiom als Schlüssel zur besseren Therapie von Durchfallerkrankungen

Ein Forscherteam mit der Ulmer Biologin Professorin Simone Sommer hat untersucht, wie sich Durchfall-Erreger wie der Adeno-Virus auf das Darm-Mikrobiom auswirkt
Weiterlesen

Ein Grauer Mausmaki (Microcebus murinus). Die nachtaktiven Tiere gehören mit durchschnittlich 60 Gramm Körpergewicht zu den kleinsten Vertretern unter den Primaten.; Bildquelle: Anni M. Hämäläinen

Gestresste Mausmakis sterben früher

Wissenschaftler am Deutschen Primatenzentrum untersuchen den Zusammenhang zwischen Stress und Überlebenschancen bei Lemuren
Weiterlesen

Microcebus ganzhorni ist zu Ehren des Hamburger Ökologen Prof. Jörg Ganzhorn benannt, der seit mehr als dreißig Jahren Ökologie und Naturschutz in Madagaskar betreibt.; Bildquelle: G. Donati

Drei neue Affenarten auf Madagaskar entdeckt

Wissenschaftler des Deutschen Primatenzentrums (DPZ), der University of Kentucky, des amerikanischen Duke Lemur Centers und der Université d'Antananarivo auf Madagaskar haben drei neue Arten von Mausmakis beschrieben
Weiterlesen

Graue Mausmakis (Microcebus murinus) exprimieren die Gene für beide Rezeptoren im Vomeronasalorgan; Bildquelle: P. Hohenbrink

Neue Geruchsrezeptoren bei Primaten entdeckt

TiHo-Forscher weisen im Vomeronasalorgan von Primaten Typ2-Rezeptoren nach
Weiterlesen

Graue Mausmakis sind nachtaktiv und kommen ausschließlich auf Madagaskar vor, wo sie im dichten Gebüsch des Tropenwaldes zu Hause sind; Bildquelle: S. Kessler

Mausmakis: Väterliche Laute schützen vor Inzucht

Werberufe verraten Mausmaki-Weibchen, ob das Männchen mit ihnen verwandt ist
Weiterlesen

Gerp´s Mausmaki Microcebus gerpi; Bildquelle: Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

Neue Primatenart auf Madagaskar entdeckt

TiHo-Wissenschaftler stellen „Gerp’s Mausmaki“ vor
Weiterlesen

Mittlerer Fettschwanzmaki (Cheirogaleus medius)

Evolution: Parasiten formen die Immunabwehr von Lemuren

Erstmals konnten Wissenschaftler belegen, dass Parasiten bei verschiedenen Säugetierarten gleiche Anpassungsprozesse auslösen
Weiterlesen


Wissenschaft


Universitäten


Neuerscheinungen