VET-MAGAZIN logo
Studie widerspricht umstrittener These zur Lebensraumfragmentierung
Wolkenkratzer via Wikimedia Commons
Strategische Partnerwahl bei Guinea-Pavianen
Tessa Frank/Deutsches Primatenzentrum GmbH
Strategische Partnerwahl bei Guinea-Pavianen
Wie Zebrafische Herzmuskelzellen regenerieren
Elvira Eberhardt/Uni Ulm
Lebensräume für Fischnachwuchs am Niederrhein
Michel Roggo
Komplexe Evolution: Fortgeschrittene kognitive Fähigkeiten bei Vögeln
Kolossos via Wikimedia Commons
Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf Tiere viel tiefgreifender als angenommen
Stefan Meyer
Illegale Tötung ist größte Bedrohung für Luchse
Thomas Hulik - stock.adobe.com
Fledermäuse spielen in Südostasien Schlüsselrolle bei der Bekämpfung von Reisschädlingen
Fledermäuse spielen in Südostasien
Der Eurasische Braunbär (Ursus arctos arctos) bildet laut genomischer Analysen trotz seines riesigen Verbreitungsgebietes, zu dem auch die Gebirgskette der Karpaten zählt, eine gemeinsame Unterart der Braunbären
Gregoire Dubois, flickr, Lizenz CC BY-NC-SA 2.0
Allgemein

Studie zeigt die Vielfalt der weltweit verbreiteten Braunbären

Braunbären zählen zu den größten an Land lebenden Raubtieren der Welt. Die etwa zehn derzeit identifizierten Unterarten sind in Nordamerika, Europa, Russland und Asien verbreitet.

. . .

Ein internationales Team von Forschenden untersuchte in einer in der Nature-Fachzeitschrift „Communications Biology“ veröffentlichten Studie, wie und wann ihre genetische Vielfalt entstanden ist.

Damit stellen sie die erste umfassende populationsgenomische Studie am Braunbären (Ursus arctos) vor und zeigen an seinem Beispiel die Auswirkungen der letzten Eiszeit auf die heutige Vielfalt innerhalb der Art.

Braunbären zählen zu den größten an Land lebenden Raubtieren der Welt. Charakteristisch ist ihr muskulöser Buckel über den Schultern, der den Vorderbeinen zusätzliche Kraft verleiht. Die etwa zehn derzeit identifizierten Braunbären-Unterarten sind in Nordamerika, Europa, Russland und Asien verbreitet.

Dabei weisen sie große Unterschiede hinsichtlich ihrer Gestalt, ihrer Lebensräume und ihres Verhaltens auf.

Ein internationales Team von Forschenden, darunter vier Wissenschaftler aus Frankfurt am Main, untersuchte in einer in der Nature-Fachzeitschrift „Communications Biology“ veröffentlichten Studie, wie und wann ihre genetische Vielfalt entstanden ist.

Damit stellen sie die erste umfassende populationsgenomische Studie am Braunbären (Ursus arctos) vor und zeigen an seinem Beispiel die Auswirkungen der letzten Eiszeit auf die heutige Vielfalt innerhalb der Art.

Der nordamerikanische Grizzly ist wohl die bekannteste Unterart – doch Braunbären sind auch auf dem eurasischen Kontinent heimisch, wo sie als Lebensraum (Berg-)Wälder bevorzugen. I

hr Bestand wird weltweit auf etwa 200.000 Tiere geschätzt, von denen vermutlich mehr als die Hälfte in Russland beheimatet ist. Nachdem Braunbären im Mittelalter noch auf dem gesamten europäischen Festland verbreitet waren, beläuft sich ihre Zahl hier auf noch etwa 17.000 Tiere.

Die Zerstörung ihres Lebensraums, Wilderei und fehlende Akzeptanz trugen zu dieser Dezimierung bei. Während sie in Deutschland als ausgestorben gelten – abgesehen von einzelnen zugewanderten Tieren wie „Bruno“ im Jahr 2006 –, sind sie weltweit von der Weltnaturschutzunion IUCN (International Union for Conservation of Nature and Natural Resources) als nicht gefährdet eingestuft.

Für den Vergleich der Braunbären-Unterarten untersuchten die Wissenschaftler die Genome von 128 Braunbären aus dem gesamten Verbreitungsgebiet. 95 dieser Genome wurden dabei extra für diese Studie entschlüsselt. Ziel war es, mit neuen genomischen Analysemethoden frühere Erkenntnisse zu Ähnlichkeiten und Unterschieden der verschiedenen Populationen zu überprüfen und offene Fragen zu beantworten. Dazu zählt auch, welche erdgeschichtlichen Entwicklungen zur heutigen Verbreitung und den jeweiligen genomischen Merkmalen geführt haben.

„Um einen umfassenden Überblick über die Populationsstruktur und genetische Vielfalt von Braunbären zu erhalten, haben wir Bereiche der Genome mit verschiedenen Vererbungseigenschaften untersucht und verglichen, darunter X- oder Y-Chromosomen von weiblichen und männlichen Individuen.

Dies ermöglicht uns neue, differenziertere Einblicke als die Analyse des gesamten Genoms als einer Einheit. Wir fanden heraus, dass die Populationsstruktur, die sich aus unseren genetischen Daten ergibt, zwar weitgehend mit der derzeitigen Einteilung der Unterarten übereinstimmt – jedoch nicht vollständig“, erklärt Dr. Menno de Jong, Erstautor der Studie und Wissenschaftler am Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum.

So werden beispielsweise Braunbären in ganz Europa und Westrussland, einschließlich der Bären im Uralgebirge und sogar in Westsibirien, derzeit als eine Unterart betrachtet, die als Eurasischer Braunbär (Ursus arctos arctos) bekannt ist.

Die genetischen Analysen stützen diese Unterteilung und bestätigen, dass trotz der großen geografischen Ausdehnung alle Bären dieser Regionen tatsächlich zu demselben genetischen Cluster gehören.

Bei den nordamerikanischen Braunbären stießen die Forschenden jedoch auf eine Besonderheit, die nicht der aktuellen Zuordnung entspricht.

Abgesehen vom riesigen Kodiakbären (Ursus arctos middendorffi), der auf der Insel Kodiak vor der Küste Südwestalaskas heimisch ist, werden derzeit alle anderen Bären Nordamerikas zur Unterart des Grizzlybären (Ursus arctos horribilis) gezählt.

Der im Südwesten Alaskas beheimatete Alaska-Halbinsel-Braunbär, der schon einmal als eigene Unterart (Ursus arctos gyas) anerkannt war, unterscheidet sich laut der neuen Analyse jedoch deutlich von anderen Grizzlybären und ähnelt eher dem Kodiakbären.

„Eine mögliche Interpretation ist, dass die Unterart der Alaska-Halbinsel-Braunbären wieder berücksichtigt werden muss. Eine andere Deutung ist, dass die Braunbären der Alaska-Halbinsel und die Kodiakbären eine Festland- und eine Inselpopulation derselben Unterart darstellen“, so de Jong.

Die Forschenden konnten auch feststellen, dass die Alaska-Halbinsel-Braunbären vom gleichen Vorfahren wie der Kamtschatka-Bär (Ursus arctos beringianus) abstammen, was auf die geografischen Bedingungen während der letzten Eiszeit zurückzuführen ist: Die russische Fernost-Halbinsel Kamtschatka und Alaska waren bis vor etwa 11.000 Jahren, als der globale Meeresspiegel viel niedriger lag als heute, durch die Landbrücke der damals trocken liegenden Beringstraße verbunden.

Zur gleichen Zeit war Alaska vom amerikanischen Kontinent durch riesige Eisschilde getrennt, die das gesamte heutige Kanada bedeckten.

Mit dem Anstieg der globalen Temperaturen und der Trennung durch die Beringstraße änderten sich die Möglichkeiten zur Vermischung oder Isolation der Arten wieder.

„Es mutet utopisch an, dass wir diese uralten Wanderbewegungen aus den genomischen Daten herauslesen können, um zu verstehen, wie sich die letzte Eiszeit auf Arten ausgewirkt hat. Bisherige Methoden und Interpretationen müssen aufgrund der neuen Erkenntnisse überdacht werden“, führt Studienleiter Axel Janke aus, Professor für Vergleichende Genomik bei Senckenberg und an der Frankfurter Goethe-Universität sowie am hessischen LOEWE-Zentrum für Translationale Biodiversitätsgenomik (LOEWE-TBG).

„Genomische Analysen von Lebewesen, wie wir sie bei LOEWE-TBG vornehmen, geben unglaublich detaillierte, neue Einblicke in die Biodiversität unseres Planeten und ihrer Entstehungsgeschichte preis. Die Genomik steht erst am Anfang, zeigt sich jedoch bereits heute als Zukunftstechnologie, um das Leben vollständig zu verstehen“, so Janke weiter.

Der Ansatz der Studie, die demografische Entwicklung der Braunbären zu entschlüsseln, kann als Vorlage für die Untersuchung und das bessere Verständnis der Geschichte vieler weiterer Arten dienen.

Publikation

Publikation in Communications Biology:
Menno J. de Jong, Aidin Niamir, Magnus Wolf, Andrew C. Kitchener, Nicolas Lecomte, Ivan V. Seryodkin, Steven R. Fain, Snorre B. Hagen, Urmas Saarma, Axel Janke
Range-wide whole-genome resequencing of the brown bear reveals drivers of intraspecies divergence

. . .

Weitere Meldungen

Neuigkeiten aus der Wissenschaft

Hautplatte des Alligators aus Hernals
NHM Wien, Alice Schumacher

Die Alligatoren von Hernals – das jüngste Krokodil-Fossil Mitteleuropas

Die Sammlungen des Naturhistorischen Museums sind großartige Archive der Natur. Allein die Geologisch-Paläontologische Abteilung bewahrt mehr als 5,6 Millionen Objekte

Melkroboter bereits in 2.000 Betrieben in Österreich im Einsatz
Rinderdatenverbund RDV, Grafik: RINDERZUCHT AUSTRIA/Kalcher

Melkroboter bereits in 2.000 Betrieben in Österreich im Einsatz

Der Trend zur Automatisierung in der Milchwirtschaft setzt sich ungebremst fort. Immer mehr Betriebe in Österreich setzen auf Automatische Melksysteme (AMS), um Effizienz und Tierkomfort zu steigern

13 Frauen. Aus der Geschichte des NHM Wien

13 Frauen. Aus der Geschichte des NHM Wien

Dieses Buch macht die Geschichten von Frauen sichtbar, die das Naturhistorische Museums Wien mitgestaltet haben - herausgegeben von Stefanie Jovanovic-Kruspel, Brigitta Schmid und Andrea Krapf

Luchsdame Elli
Alpenzoo

Luchsdame Elli übersiedelte aus dem Alpenzoo Innsbruck in den Wildnispark Zürich

Die Luchsdame Elli hat Innsbruck am 4. März 2025 im Zuge des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms (EEP) verlassen und ist nach Zürich gezogen

HUNDERUNDEN #34: Tiermedizin print & online

HUNDERUNDEN #34: Tiermedizin print & online

Die 34. Ausgabe der HUNDERUNDEN, dem Fachmagazin für Tierärzt:innen, ist am Aschermittwoch 2025 erschienen.

Tierpfleger Niklas Hörper mit den Mähnenrobben
Daniel Zupanc

Inventur im Tiergarten Schönbrunn: 6.043 Tiere aus 518 Arten und Haustierrassen

Von den wendigen Mähnenrobben bis zu den gemächlichen Afrikanischen Schnabelbrustschildkröten - im Tiergarten Schönbrunn wurde wieder gezählt.

Deutsche Wildtier Stiftung

Backstagetour bei Cavalluna Grand Moments: Einblicke in Tierwohl und Tierschutz

Die europaweit tourende Pferdeshow Cavalluna fasziniert mit beeindruckenden Darbietungen, präziser Freiheitsdressur und kunstvollen Reitvorführungen. Doch was geschieht hinter den Kulissen?

Tiertraining im Alpenzoo Innsbruck
Alpenzoo

Gezieltes Tiertraining für mehr Abwechslung und bessere Betreuung der Tiere

Im Alpenzoo Innsbruck steht ab 2025 regelmäßiges Tiertraining auf dem Programm

Aqua-Forschungsstation im Tiergarten Schönbrunn
Daniel Zupanc

Fisch-Umzug XXL: Tiergarten Schönbrunn übersiedelt hunderte Fische, Garnelen und Co.

Seit Dezember übersiedeln im Tiergarten Schönbrunn Fische, Garnelen, Pflanzen und Co. aus dem Backstage-Bereich des bestehenden alten Aquarienhauses in die neu errichtete Aqua-Forschungsstation unweit des Zoos

Teile diesen Bericht auf:

Werbung via Google
Werbung via Google

Buchtipps Buchtipps Buchtipps

Queer: Sex und Geschlecht in der Welt der Tiere und Pflanzen
Queer: Sex und Geschlecht in der…
(13. Mär 2025) Josh L. Davis ist ist Mitarbeiter des Natural…
13 Frauen. Aus der Geschichte des…
(07. Mär 2025) Dieses Buch macht die Geschichten von Frauen sichtbar…
Wildtierfindlinge in der Tierarztpraxis
(28. Feb 2025) Grundlagen der Wildtierhilfe, praktische Anwendung, tierärztliche Versorgung -…
Der Erfindergeist der Tiere
(17. Feb 2025) Werkzeuge, Ideen und Innovationen. Faszinierende Einblicke in tierische…
Meine Patienten laufen Trab
(11. Feb 2025) Unterwegs als Pferdeärztin auf dem Land - von…
Die Rückkehr der großen Pflanzenfresser
(07. Feb 2025) Konfliktfeld oder Chance für den Artenschutz? - herausgegeben…

Internationale Veranstaltungen Int. Veranstaltungen Internationale Veranstaltungen

EVECC-Kongress 2025
EVECC-Kongress 2025
(01. Mär 2025) Der 22. European Veterinary Emergency and Critical Care…
FECAVA EuroCongress 2025 in Antwerpen
(17. Feb 2025) FECAVA lädt Sie vom 3. bis 6. September…
Yaboumba Weltkongress 2025
(17. Feb 2025) Der XV. Internationale Kongress für Medizin und Chirurgie…
Webinar zum World Veterinary Dermatology Day…
(13. Jan 2025) Die World Association for Veterinary Dermatology lädt am…
Hill's Global Symposium 2024
(20. Okt 2024) Hosted by Hill's Pet Nutrition on Oct. 24-25…
7. Kroatischer Veterinärkongress 2024
(22. Jul 2024) Der diesjährige Kroatische Veterinärkongress wird vom 24. bis…

Preise und Stipendien Preise und Stipendien Preise und Stipendien

Bewerbungsfrist für den IGN-Forschungspreis für artgemäße Nutztierhaltung endet am 1. April 2025
Thomas Zimmel/VET-MAGAZIN
Bewerbungsfrist für den IGN-Forschungspreis für artgemäße…
(13. Mär 2025) Der Forschungspreis der Internationalen Gesellschaft für Nutztierhaltung (IGN)…
Felix Wankel Tierschutz-Forschungspreis geht an Studienteam…
(10. Mär 2025) Alle zwei Jahre zeichnet die Tierärztliche Fakultät der…
Ausschreibung des Herbert-Stiller-Förderpreis für tierfreie Forschung
(06. Mär 2025) Ärzte gegen Tierversuche fördert tierversuchsfreie Forschungsvorhaben mit 20.000…
Raubtiere vs. Bauern: Ceva Wildlife Research…
(03. Mär 2025) Der Ceva Wildlife Research Fund unterstützt ein Projekt…
MSD und die FVE fördern 34…
(07. Feb 2025) MSD Tiergesundheit und der Europäische Tierärzteverband (FVE) zeichnen…
ABCD & Boehringer Ingelheim laden zur…
(20. Jan 2025) Das European Advisory Board on Cat Diseases (ABCD)…