Windenergieanlagen verschlechtern den Zugang von Fledermäusen zu Gewässern in der Agrarlandschaft
Fledermäuse sind auf offene Gewässer wie kleine Teiche und Seen für die Jagd und als Trinkstellen angewiesen.
Insbesondere in den durch den Klimawandel zunehmend heißen und trockenen Sommern – während der Trächtigkeit und Jungenaufzucht – ist der Zugang zu Wasser überlebenswichtig.
Ein Forschungsteam des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) wies nun nach, dass der Zugang zu Trinkstellen durch Windenergieanlagen in der Agrarlandschaft eingeschränkt wird: Viele Fledermausarten meiden die Anlagen und die nahe bei den Anlagen verorteten Gewässer über mehrere Kilometer. Die Forschungsergebnisse sind in der Fachzeitschrift „Biological Conservation“ erschienen.
Als Maßnahme gegen den Klimawandel investieren viele Länder in den Ausbau der Windenergienutzung, um Treibhausgase wie CO2 durch eine erneuerbare Stromproduktion zu reduzieren. Der Ausbau der Windenergienutzung hat jedoch auch negative Auswirkungen auf Wildtiere und deren Lebensräume.
Dies kann mitunter dazu führen, dass einige Wildtierarten potenziell schlechter mit der Klimaerwärmung zurechtkommen. Prof. Dr. Christian Voigt und Dr. Carolin Scholz vom Leibniz-IZW sowie Hannah Klein von der Universität Potsdam konnten in einer Untersuchung der akustischen Aktivität von Fledermäusen an Wasserstellen in der Agrarlandschaft zeigen, dass viele Fledermausarten durch Windenergieanlagen in der Nähe von Gewässern verdrängt werden.
Die Forschenden analysierten das räumliche Verhalten von Fledermäusen aus drei funktionalen Gilden, den Offenraumjägern, den an die Jagd in geschlossener Vegetation angepassten Jägern und den auf die Jagd in der Vegetation spezialisierten Fledermäusen: „Wir konnten klar erkennen, dass jene Fledermäuse, die im offenen Luftraum nach Insekten jagen, sowie jene, die an Jagd in dichter Vegetation angepasst sind, die Gewässer mieden, wenn sich in deren Nähe Windenergieanlagen befanden“, sagt Voigt.
„Lediglich Vertreter aus der Gilde der Fledermäuse, die an Vegetationsrändern jagen, werden offenbar nicht durch die Windenergieanlagen von den Trinkstellen vergrämt“.
Die Forschenden platzierten akustische Detektoren an insgesamt 59 dauerhaft wasserführenden kleinen Teichen in Entfernungen von etwa 50 bis 5.000 Metern von Windenergieanlagen im nördlichen Brandenburg.
Der Untersuchungsraum weist – durch seine eiszeitliche Entstehungsgeschichte bedingt – mehr als tausend dieser feuchten Senken, Tümpeln und Teichen auf, die in der intensiv genutzten Agrarlandschaft wichtige ökologische Funktionen erfüllen.
„Wir haben während der Fortpflanzungszeit im Juli die akustische Aktivität von Fledermäusen an Gewässern in unterschiedlicher Entfernung zu Windenergieanlagen gemessen. Dabei achteten wir auf ähnliche Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel keinen Niederschlag und wenig Wind“, erklärt Scholz.
„Im Juli geht die Stillzeit der Fledermausweibchen langsam zu Ende und die Jungtiere werden aus den Wochenstuben entwöhnt, das ist also eine energetisch anstrengende Phase für die Fledermausweibchen. Zudem trocknen viele Wasserstellen im Hochsommer aus, weshalb die Fledermäuse stärker abhängig von den ganzjährig wasserführenden Kleingewässern sind.“
Das Team identifizierte insgesamt knapp 8.400 Rufe unterschiedlicher Fledermausarten in den drei genannten Fledermausgilden.
„Mit zunehmender Nähe zu Windenergieanlagen sank die Aktivität der Offenraumjäger an den Wasserstellen um 53 Prozent und die Aktivität der an die Jagd in geschlossener Vegetation angepassten Fledermausarten um 63 Prozent“, fassen die Autorinnen und Autoren zusammen.
Das gleiche Bild ergibt sich bei der Analyse des Jagdverhaltens, welches von den akustischen Detektoren erkannt werden kann: Es verringerte sich um 87 respektive 76 Prozent bei abnehmender Distanz zu einer Windenergieanlage.
„Diesen Ergebnissen wohnt eine gewisse Tragik inne, denn eine Maßnahme zur Eindämmung des Klimawandels hat leider die Nebenwirkung, dass bestimmte Fledermäuse schlechter mit heißen und trockenen Sommern zurechtkommen, wenn sie von den Windenergieanlagen aus ihren Lebensräumen verdrängt werden“, sagt Voigt.
„Dies unterstreicht einmal mehr, wie wichtig eine durchdachte Standortwahl für die Anlagen ist, um verschiedene Ziele nicht gegeneinander auszuspielen. Für den Artenschutz sehr sensible Lebensräume sollten nur nachrangig oder gar nicht als Standorte für die Windenergienutzung vorgesehen werden.“
Zu den untersuchten Fledermausarten zählen unter anderem die Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus), die Mückenfledermaus (Pipistrellus pygmaeus) und die Mopsfledermaus (Barbastella barbastellus) als Vertreterinnen der Fledermäuse, die an Vegetationsrändern auf Jagd gehen, Arten der Gattungen Abendsegler (Nyctalus), Breitflügelfledermaus (Eptesicus) und Zweifarbfledermäuse (Vespertilio) als Vertreterinnen der Offenraumjäger, sowie Arten der Gattung der Mausohren (Myotis) und Langohrfledermäuse (Plecotus) als Vertreterinnen der in dichter Vegetation jagenden Fledermäuse.
Fledermäuse sind nach deutschem Naturschutzrecht sowie nach EU-Recht geschützte Arten und sollten zudem als ziehende Arten besonders geschützt werden. Dieser Schutz steht mit dem Ausbau der Windkraft in einem Spannungsverhältnis, da zum Einen direkte Schlagopfer in nennenswerter Zahl an den Anlagen zu beklagen sind und zum Anderen die Lebensräume der Fledermäuse in vielfältiger Weise beeinträchtigt werden.
Das Team um Voigt am IZW führte zu diesem „grün-grünen Konflikt“ zwischen Windkraftausbau und Fledermausschutz seit vielen Jahren Forschungen durch.
Publikation
Scholz C, Klein H, Voigt CC (2025): Wind turbines displace bats from drinking sites . Biological Conservation 302 (2025) 110968. DOI: 10.1016/j.biocon.2025.110968
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