Jung gepaart? Dann klappt’s auch mit dem Geparden-Nachwuchs
Raubkatzenexperten in vielen Zoos der Welt sind ratlos. Mit dem Geparden-Nachwuchs will es trotz aller Bemühungen oft nicht funktionieren.
ForscherInnen vom Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) fanden nun gemeinsam mit KollegInnen des Allwetterzoos Münster heraus, woran es hapert: Das Alter der Muttertiere bei der ersten Trächtigkeit ist der entscheidende Faktor, denn im Gegensatz zur freien Wildbahn werden Raubkatzen in Zoos erst deutlich nach der Erlangung der Geschlechtsreife verpaart.
Aus den Studienresultaten leiten die ForscherInnen Empfehlungen für die Haltung von Geparden in Zoologischen Gärten ab. Die Studie ist in der Fachzeitschrift „Journal of Zoo and Aquarium Research“ erschienen.
Am Stress liegt es nicht.
Das konnte das Wissenschaftsteam in einer Studie an 12 Gepardinnen aus Zoos in Dänemark, Deutschland, Portugal, Österreich und der Schweiz zeigen, deren ganzes Leben es verfolgte. Die Konzentration ihrer „Stress“-Hormone – über mehrere Wochen an Metaboliten im Kot gemessen – war bei Muttertieren genauso hoch wie bei Gepardinnen, die keinen Nachwuchs hatten.
Stattdessen ist das Alter der Muttertiere der entscheidende Faktor. „Wir konnten an den Zuchtbüchern sehen: Mit dem Nachwuchs hat es nicht funktioniert, wenn die Weibchen schon sechs Jahre oder älter waren, als sie erstmals mit einem Männchen zusammengebracht wurden“, sagt Bettina Wachter vom Leibniz-IZW, Leiterin der Studie.
Dass es in Zoologischen Gärten oft erst spät an die „Familienplanung“ geht, hat überwiegend logistische Gründe. Um den Genpool möglichst vielfältig zu halten, werden Raubkatzen meist nicht innerhalb einer Einrichtung verpaart. „Dazu werden Männchen auch schon mal aus anderen Ländern hin und her transportiert“, sagt Carsten Ludwig vom Allwetterzoo Münster, Erstautor der Studie und Doktorand am Leibniz-IZW.
„Doch bis die Zuchtgenehmigung des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms (EPP) und alle offiziellen Dokumente für die Ein- und Ausfuhr vorhanden sind, können schon mal ein bis zwei Jahre vergehen.“
Gepardenweibchen werden mit etwa zwei Jahren geschlechtsreif. Sie haben einen dreiwöchigen Zyklus und sind im Östrus zwei bis vier Tage empfängnisbereit. „Wir wissen, dass sich diese Katzenart in freier Wildbahn verpaart, sobald die Weibchen geschlechtsreif werden“, sagt Bettina Wachter.
Drei Monate später bringen die Gepardinnen ihre Jungen zur Welt und säugen sie etwa vier Monate. „Danach setzt ihr Zyklus wieder ein. Erneut decken lassen sie sich in der Regel aber erst, wenn die Jungen etwa eineinhalb Jahre alt sind.“ Die Zoo-Studie zeigte auch, dass Weibchen, die das erste Mal sehr jung Nachwuchs bekommen, auch in höherem Alter noch trächtig geworden sind.
Späte Erstgebärende sind die Ausnahme – ähnlich wie beim Menschen. Die frühe Trächtigkeit bringe das Reproduktionssystem in Schwung, was es in fortgeschrittenen Jahren einfacher macht, erneut trächtig zu werden, meint Bettina Wachter.
„Man kann also die besten Bedingungen im Zoo für sie schaffen: Kommt die Gepardin erst mit sechs Jahren oder noch älter zum ersten Mal mit einem Männchen zusammen, ist es meist zu spät“, schlussfolgert Carsten Ludwig. Bei Sektionen verstorbener Gepardinnen ohne Nachwuchs erkannten ForscherInnen des Leibniz-IZW bereits, dass die über Jahre ununterbrochenen zyklusbedingten Östrogenschwankungen die inneren Fortpflanzungsorgane schädigen und beispielsweise Zysten entstehen können.
„Es gibt Tierarten, die auf solche lang anhaltende Östrogenschwankungen sehr sensibel reagieren. Elefanten und Nashörner gehören dazu. Und eben auch die Geparde“, betont Wachter, die 2011 gemeinsam mit Thomas Hildebrandt und Robert Hermes vom Leibniz-IZW eine Studie zu diesem Thema bei Geparden publiziert hatte.
Welche Empfehlungen leiten sich aus den Studienresultaten ab? „Sobald die Weibchen geschlechtsreif sind, gibt es ein ideales Zeitfester von zweieinhalb bis drei Jahren, sie decken zu lassen. Wenn Zoos das zeitlich und logistisch organisieren können, sollten sie höhere Zuchterfolge haben“, erklärt Carsten Ludwig. Ein regelmäßiges Austauschprogramm männlicher Geparde zwischen den Einrichtungen könnte da hilfreich sein.
„Zudem haben wir gezeigt, dass es zu einer reproduktiven Unterdrückung kommen kann, wenn Gepardenweibchen in einem Gehege zusammengehalten werden: Das dominante Weibchen kann den Zyklus der anderen unterdrücken“, so Ludwig. „Wie genau diese Unterdrückung, die bereits von amerikanischen KollegInnen beobachtet wurde, vonstattengeht, ist noch nicht bekannt, vermutlich über hormonelle Mechanismen.“
Gepardinnen sollten deshalb nicht mit anderen erwachsenen Weibchen zusammen gehalten werden. Weibliche Geparde sind ohnehin Einzelgänger. Bevor ein Weibchen gedeckt werden soll, sollte es für einige Zeit auch nicht mit männlichen Artgenossen zusammen leben. „Denn andernfalls scheint die sexuelle Stimulierung zu fehlen“, sagt Bettina Wachter.
Für eine erfolgreiche Gepardenzucht gibt es also einiges zu beachten. „Zoos, bei denen es mit dem Nachwuchs funktioniert hat, hatten offenbar einen oder mehrere dieser Aspekte in ihrer Gepardenhaltung erfolgreich berücksichtigt.“
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